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recht wie in Leipzig, Grimma und Oschatz, ließ aber die „Kirchen- und Stifftsherr- lichkeiten, Dienste, Freiheiten und Gerechtigkeiten“ unangetastet (Schöttgen 1717, S. 20 f). Damit liefert die Urkunde den indirekten Beweis, daß die Wurzener Alt stadt auch vor 1413 ohne Abgaben an die Burg war bzw. nie welche hatte. Sonst wären diese wahrscheinlich erhalten geblieben wie in anderen Stadtteilen auch. Als die Altstadt 1509 das Braurecht erhielt, wurde der rechtliche Unterschied zur Grün dungsstadt völlig aufgehoben. 2.3. Die weitere Ausprägung des Burg-Stadt-Verhältnisses in Wurzen 2.3.1. Ium Zusammenhang von bischöflicher Landesherrschaft und der Stadtherr schaft des Bischofs in und um Wurzen In keinem anderen Gebiet seines Bistums besaß der Bischof von Meißen so umfang reichen Grundbesitz und so vollkommene Rechte wie im Wurzener Land. Die Ein heit von weltlicher und geistlicher Macht sowie der Besitz der im 12./13. Jh. nicht un bedeutenden Stadt Wurzen waren gute Voraussetzungen, die errungene Landesherr schaft zu festigen und auszubauen. Das bedeutete für den Bischof, den geschlossenen Grundbesitz um Wurzen und Püchau mindestens im Umfang von 1040 zu erhalten, Landesausbau und Siedeltätig keit zu betreiben, eine Burg- und Dienstmannschaft zur Sicherung des Territoriums nach innen und außen einzusetzen, kirchliche Einrichtungen zu schaffen, die städtische Entwicklung in Wurzen voranzutreiben, vor allem aber die Gerichtsherrschaft über das Gebiet zu sichern. Der im 11. Jh. erworbene Besitz umfaßte Dörfer, die dem Bischof unmittelbar unterstanden, und solche, über die er die Lehnsherrschaft ausübte. Die Zahl der Dör fer, über die er direkt verfügte, scheint nicht klein gewesen zu sein, denn immer hin konnte er das Kollegiatsstift 1114 mit Besitz in und um Wurzen ausstatten. Außerdem überließ er dem Stift wahrscheinlich schon bis 1154 weitere Güter, denn im Kührener Ansiedlungsvertrag (CDS II, 1, 50) erscheinen fünf Kanoniker als Zeugen, für deren Unterhalt der Bischof zu sorgen hatte (Bönhoff 1916, S. 14 f.). So gehören neben Pouch und dem Wurzener „teloneum" auch Lüptitz und Bennewitz zu den ältesten Präbenden des Stiftskapitels, ihre Inhaber waren die „antiquores canonici“ (ebenda). Daß aber der Bischof im Sinne des Eigenkirchenrechts und sei ner Landesherrschaft nicht gänzlich auf sein Recht an diesem Besitz verzichtete, zeigt, daß die Besetzung dieser Präbenden zwischen dem Bischof und dem Stiftskapitel wechselte (ebenda). Schon vor der eigentlichen Kolonisationsbewegung Landesausbau betreibend (s. u.), nutzte der Bischof wie andere nach Landesherrschaft strebende Feudalgewal ten die sich nach 1150 durch die Siedcltätigkeit ergebenden Möglichkeiten voll aus. So war sein kolonisatorisches Wirken eng mit dem Ausbau einer eigenen Ministeriali- tät im Wurzener Gebiet verknüpft. Naumann kommt zu der Einschätzung, daß er