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252, 28, Oktober 1912. Nichtamtlicher Teil. osrseuvlLU i. ». Ltlchu. «llchhau-rl. 13283 guten Willen angewiesen bin. Sie werden das ja nicht tun, aber man weiß nicht, wer nach Ihnen kommt, und wir wollen doch hier keine Sachen machen, die uns später ruinieren können. Wenn Sie also nicht die Absicht haben, uns zu rui nieren, dann können Sie uns ruhig die Garantie geben, und wenn Sie das tun, dann kann ich Ihnen Mitteilen, daß das letzte Wort in der Adreßbuchfrage noch nicht gesprochen ist. Wir verhandeln ja noch, wozu also ein Ultimatum! Ich weiß ja nicht, ob ich, selbst wenn ich mit Engclszungcn redete, durchdringcn würde. Es wird immer vermutet, daß ich ge rüstet und gewappnet in die Versammlung komme, um alles nach meinem Kops zu drehen, um die Sache zum Scheitern zu bringen. Ich habe aber bis jetzt den Eindruck gehabt, daß, wenn die Sache scheitert, das nicht auf meine Bemühungen zu rückzuführen ist. (Fortsetzung folgt.) Die moderne Buchkunst in Deutschland. Vor- trag von vr. Johannes Schinnerer. Beilage zu den Publikationen der Gutenberg - Gesellschaft zu Mainz: 11. Jahresbericht. Gr. 8". 12 S. m. 12 Ta feln Abbildungen. Die moderne Buchkunst in Deutschland war das Thema eines Bortrages, den Johannes Schinnerer vor der Guten- berg-Gesellschaft gehalten hat und der, mit einigen Jllu- strationsbeispielen versehen, jetzt als Beilage zum 11. Jahresbericht der Gesellschaft gedruckt vorliegt. Ten Einwand, datz dieses Thema eigentlich nur in loser Beziehung zu dem Aufgabenkreis der Gesell schaft stehe, weiß er geschickt zu parieren durch den Hinweis, daß wir einen guten Teil unserer neuen Buchkunst denen zu verdanken haben, die die alte Druckkunst sich und uns zu erschließen suchten. Eine Vorbemerkung, die nur allzu begründet ist, denn letzten Endes sind doch alle neuen Ansätze illusorisch gemacht worden durch diejenigen, die mit einem gewiß großen und oft auch künstlerischen Verständnis Altbewährtes aufzunehmen wußten. Nach einer kurzen Schilderung der Versuche eines Eckmann oder der Leute, die dem »Pan« oder der »Insel« Gepräge zu geben versucht haben, gruppiert Schinnerer jene Geister, die das Heil in der alten Handwerkstechnik erblickten. In England war es Morris, der fruchtbare Anreger der ganzen Bewegung, in Deutschland Otto Hupp und der Münchener Kreis der neudeutschen Renaissancebewegung, als deren Abkömmlinge er den retrospektiv gerichteten Sattler und den ob seiner dekorativen »deutschen Schrift« viel gerühmten Nnd. Koch schildert. Dieser altdeutschen Richtung folgte in Heinrich Vogeler die Gefolgschaft des englischen Präraphaelitismus, die Schinnerer mehr aus dem moder nen Leben zu schöpfen glaubt. Als Reaktion gegen diese Zärteleien sehen wir eine strengere, architektonische Richtung mehr und mehr Fuß fassen. Lechter, für den, wie man weiß, es allerdings keine Entwicklungsmöglichkeiten gegeben hat, wird als Vorläufer hinge stellt, dem ein Behrens, schließlich Klenkens und Ehmcke folgten. Ob die »Vorzüge dieser so durchaus sachlichen anerkennenswerten Ver zierungskunst« eines Ehmcke nicht doch ein paar wärmere Worte verdienten?! Mir will es scheinen, als ob hinter dieser ans Monu mentale grenzenden Sachlichkeit ein künstlerischer Wille und künst lerische Impulse schlummerten, die in jeder Hinsicht größer, zukunfts reicher, edler sind, als die neueste klassizistische Richtung, die in Weiß und Walser etwa verkörpert wäre. Diese Schilderung des Entwickelungsverlanfes, den Schinnerer in gesteigerte Bemühungen um die intimeren Wirkungen und feineren Nuancierungen des bibliophilen Buches ausmiinben sieht, schließt er mit dem Wunsch, die eigentliche Renaissance in der Buchkunst in den Bestrebungen zu erblicken, die auf das schöue Buch als normalen Typus, als regu läre Erscheinung gerichtet sind. I*. Kleine Mitteilungen. Wahlen der Vertrauensmänner zur Angestellten-Vcrsichernng in Leipzig. — In Leipzig waren die ersten Wahlen für die Ange stellten auf den 24. Oktober 1912 und für die Arbeitgeber auf den 28. Oktober 1912 angefetzt. Da für die Arbeitgeber nur eine Vorschlagsliste in Frage kam, konnte man von einer Wahl handlung Abstand nehmen; die eingereichte Liste mit 7 Vertrauens männern und 14 Ersatzmännern gilt somit als einmütig ge wählt. Es hatten daher lediglich die Angestellten zu wäh len. Aufgestellt waren von diesen insgesamt 7 Listen; 6 davon waren als verbundene Listen derjenigen Verbände eingereicht worden, die sich dem »H a u p t a u s s ch u ß für die Prwatbeamten- Versicherung« angeschlossen haben, während eine 7. Liste (0), bas ist die der »Freien Vereinigung für die soziale Versiche rung der Angestellten«, sich in der Hauptsache aus Anhängern der Sozialdemokratie und Demokratie zusammensetzt. Die Wahlen sind als Verhältniswahlen aufzufassen, die Wahlsiege ver teilen sich also je nach der Stimmenzahl auf die einzelnen Listen. Abgegeben wurden von den Angestellten insgesamt 11490 gültige Stimmen, davon entfallen auf die Listen des »Hauptausschusses« 8621 Stimmen (— 15 Gewählte: 5 Vertrauens- und 10 Ersatz männer) und auf die »Freie Vereinigung« 2869 Stimmen (—6 Ge wählte: 2 Vertrauens- und 4 Ersatzmänner). Wie bei den Kaufmannsgerichtsbeisitzerwahlen ist auch bei diesen Wahlen zur Angestelltenversichcrung dem Buchhandel eine seiner Bedeutung für Leipzig angemessene Vertretung zuteil geworden. Aus den Reihen der Prinzipale vom Buchhandel und den verwandten Zweigen wurden aufgestellt und gewählt als Vertrauensmänner niemand; als Ersatzmänner die Herren Wolfgang Koehler (i. Fa. K. K. Koehler), Felix Hübel (i. Fa. Hübel L Denk) und Hans Lmil Reclam (i. Fa. Phil. Reclam jun.). Aus den Reihen der Angestellten vom Buchhandel und den verwandten Zweigen wurden gewählt von Liste ^ (2693 Stimmen — 2 Vertrauens- und 3 Ersatzmänner), aufgestellt vom D. H. V. in Gemeinschaft mit der Deutschnationalen Buchhandlungs gehilfenschaft, als Vertrauensmänner die Herren Martin Vorholz (Verlag der Kaufmännischen Sozialreform) und Otto Krüger (Buch handlung Kaufmännische Sozialreform), als Ersatzmann Herr Max Nitzsche (Buchhandlung des Ärzte-Verbandes). Die übrigen Angestelltenlisten haben entweder überhaupt keine Buchhandlungsgehilfen in Vorschlag gebracht oder, wie auf Liste 0 (an 10. Stelle — Allgemeine Vereinigung deutscher Buchhandlungs gehilfen) und auf Liste O (an 8. und 21. Stelle — Allgemeiner deut scher Buchhandlungsgehilfen-Verband), nur an solchen Stellen, daß deren Wahl von vornherein aussichtslos war. Immerhin kann nach diesem Wahlergebnis wohl behauptet werden, daß der Leipziger Buchhandel im Verhältnis zu den anderen Berufen eine mehr als hinreichende Berücksichtigung bei den Wahlen der Vertrauens- und Ersatzmänner zur Angestellten- Versicherung gesunde» hat. 1^. Aus den Erinnerungen eines alten Buchhändlers. — In der »B. Z. am Mittag« lesen wir: Herr Achille H e y m a n n ist einer der ältesten und liebenswürdigsten Pariser Buchhändler. Lange Jahre hatte er seinen Laden in der Rue Lafitte, ganz nahe an den großen Boulevards. Dieser Laden mar der Treffpunkt meh rerer Generationen von französischen Literaten und Bibliophilen. Man plauderte dort, tauschte Neuigkeiten und Bosheiten aus und wühlte in den Schätzen des guten Buchhändlers, den seine Freunde einfach »Achille« nannten. Herr Achille hat alle Bücher, die er ver kauft, selbst gelesen; er ist ein gelehrter, feiner, erfahrener Kopf, philosophisch und skeptisch, wie die Abbes in den Romanen von Ana- tole France. Da er jetzt, wegen der immer höher steigenden Mieten, seinen Laden gegen einen anderen — im westlichen Teile der Stadt — vertauscht, hat ein Journalist ihn besucht, und Herr Achille hat ihm einiges aus seinen Erinnerungen erzählt. »Vor 51 Jahren«, plauderte er, »wurde ich als blutjunger Lehrling in der berühmten Verlagsbuchhandlung Michel-Levy ange stellt, aus der sich später der noch berühmtere Verlag von Calmann- L6vy entwickelte. Ich mußte Herrn Lamartine, dessen Werke bet uns erschienen, die Korrekturbogen in seine Wohnung bringen. Eines Tages bot mir Lamartine eine Zigarre an. Es war meine erste. Ich habe schrecklich unter dieser Zigarre gelitten; aber sie war immerhin von Lamartine ... Ich habe auch Alfred de Müsset ausgesucht, in dem Hause, wo er gestorben ist; aber ich habe ihn wenig kennen gelernt. Dagegen stand ich mich sehr gut mit dem armen Heinrich Heine. Er wohnte an der Ecke der Avenue Matig- 1728*