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252, 28. Oktober 1912. Fertige Bücher. Otto Hendel - Verlag - Halle a/Saale T> Ein höchst interessanter Boman von: Hans Ludwig Aosegger In vornehmem Geschenkband 3 Mark nach jenem Zeitpunkte, der dem Augenblick folgt, da das Kind den ersten Schrei in die Welt tat, beginnt der Dichter die Beschreibung von Gottlieb Alcibiades' Leben. Das Kind ln der Wiege, jo klein und zart, so gebrechlich und hilflos, scheint ihm nämlich schon der ganze, volle, fertige Mensch zu sein, der sein Schicksal lenkt — oder vom Schicksal gelenkt wird. Dieser Gedanke liegt dem vorliegenden Roman zugrunde, ln dem das Leben eines seltsamen Menschen von seiner Kindheit an geschildert wird. Freilich: was ist Schicksal? Hier wird es als das von den Ahnen vererbte Wesen hingestellt. „Gottlisb wollten sie, das) ich werde — Nicibiades bin ich geworden." Mit diesem eigenen Ausspruch wird der Held eingeführt, den seine Resignation am Schlüsse sprechen läßt: „Nie erreichte ich, was ich wollte, nie kam ich zum Ziel, das ich mir steckte, immer erschlafften meine Kräfte auf halbem Wegs. Was in mir gut und stark war, das zerrieb der Kamps in meinem Innern; was aber schlecht und häßlich war in mir, wuchs riesengroß und übermächtig — wurde mein Ich. Drei Rassen vegetieren in mir, drei Rassen bekämpfen einander, keine ist Sieger geblieben, alle drei unterlagen." And als Lebens weisheit empfiehlt Gottlieb Alcibiades den Ausspruch eines Anbekanntsn: „Süß ist der Schaum aus dem Decher des Lebens, netze die Lippen — trinke nicht tief!" Ghns Selbsttäuschung erkennt Alcibiades schließlich sein ganzes Leben, das saitsnios vor ihm ausgebrsitet liegt, so glatt wie die gelbe Wüste, in der die Karawane schon längst verdurstet ist. — Der Dichter hat hier einen selten schönen Roman geschrieben, in dem mit seinem Verständnis soziale und religiöse Dünkte berührt werden. Es ist sin Roman, der zum Nachdenken zwingt und verdient, von jedem Gebildeten gelesen zu werden. Wir liefern nur bar zu dem hohen Babatt von 46^ (Freiexemplars 13/12) und ausnahmsweise, aber nur wenn auf dem beiliegenden besonderen Zettel blS 1. De zember d. I. verlangt 2 Probeexemplare mit Bestellen Kis, bitte, sofort; dis Nachfrage nach dem interessanten Buchs wird be sonders auch zur bevorstehenden Weihnachtszeit eins lsbhaste sein. Hochachtungsvoll Halle a/S., Ende Oktober 1912 Otto Hendel Verlag 1730*