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rorreM richterstl «nerkan Krankhafte Ermüdung. Von Dr. med. G. Zick graf. (Nachdruck verboten.) Die Leistungsfähigkeit des Menschen steht im umge- i kehrten Verhältnis zu seiner Fähigkeit, müde zu-werden, i Menschen im Vollbesitz geistiger und körperlicher Gesund- I heil kennen das Gefühl der Ermüdung eigentlich über- ! Haupt nicht und werden erst am Ende eines arbeitsreichen ! und nicht zu kurzen Tages müde, um im Schlaf neue i Kräfte für den nächsten zu sammeln. Anders verhält es I sich bei vielen modernen Menschen, die über leichte Er- I müdbarkeit schon während des Tages klagen und, vor- I zeitig ermüdet, ihre Arbeit einstellen müssen. Derartige I Erscheinungen werden dann als Nervosität oder als Blut- I armut bezeichnet, während sie in Wirklichkeit meist nur i die Anzeichen einer verkehrten Lebens- und Ernährungs- i weise sind und mit Leichtigkeit vermieden werden können, i Es soll hier nicht von jener Müdigkeit gesprochen werden, l die man so häufig bei erwerbstätigen Personen findet, ; und die nichts weiter als der Ausdruck einer ungenügen- ; den Nachtruhe ist. Wenn die halbe Nacht durchtanzt oder i durchzecht wird, so zeigt sich natürlich am nächsten Tag I eine -große Müdigkeit. Je öfter dies vorkommt, desto ; größer ist die Restschuld des geraubten Schlafes und da- ; mit. die Fähigkeit zu ermüden. Aber auch Leute, die sich in dieser Hinsicht nichts vor- I zuwerfen haben, leiden häufig schon am Morgen an einer > Müdigkeit, die sie zu jeder intensiven Arbeit unfähig « macht. Sie stehen eigentlich schon müde auf. Ihre I Müdigkeit macht sie verdrossen, noch bevor das Tagewerk I begonnen hat. Bei manchen bessert sich der Zustand im ; Laufe des Vor- oder Nachmittags, so daß sie häufig so- » gar am Abend ganz frisch und leistungssähig erscheinen. I Besonders dann wird dieser Müdigkeitszustand besser I werden, wenn sie — wie man das leicht seststellen kann — » Reizmittel zu sich nehmen. Kaffee, Tee, Schokolade, Niko- ! tin, Alkohol- sind die gebräuchlichsten und bekanntesten I Stimulantien, zu denen aber auch Fleischbrühe, kräftige f Fleischgerichte und manche Gewürze gehören. Gerade » diese zuletzt genannten Reizmittel sind als solche unbe- ! kannt, sie gelten nicht dafür und werden deshalb harmlos > genossen. Ihre Wirkung im Körper ist aber eine ganz j ähnliche wie die Wirkung der erstgenannten Reizstoffe und » Genußmittel. Sie erregen zuerst die Nerven und hinter- ! lassen nach Abklingen der Erregung ein Müdigkeitsgefühl. I Es handelt sich dabei um Eiweißprodukte, die im Körper f nicht ganz abgebaut werden und die im Blute als Gifte » wirken. So ist z. B. bei der Migräne neuerdings wäh- ! rend des Anfalls Histamin im Blute gefunden worden, I ein Eiweißabbauprodukr höchst giftiger Art, das aus der I Eiweiß- und Fleischvcrdauun'g stammt. ! Wenn man die nervösen Beschwerden, die sich bei ! leichter 'Ermüdbarkeit einstellen und die sich in Kopfweh, I Migräne, Magenstörungcn usw. äußern, näher prüft, so I ähneln sie den durch Abbauprodukte des Fleisches her- i vorgerufenen Zuständen wie ein Ei dem anderen. Es be- ! steht auch schon längst kein Zweifel mehr, daß derartige I Menschen mit leichter Ermüdbarkeit beim Fehlen sonstiger I Krankheitssymptome nur unter den Einwirkungen einer ! zu reichen Fleischkost leiden. Die Empfindlichkeit ' gegen allzureichliche Fleischkost ist eben ganz individuell und was der eine Organismus noch mit Leichtigkeit ver- I arbeiten lanM, bereitet dem anderen schon schwere Unan- ! nehmlichkeiten. Solche Menschen können nichts Besseres ' tun, als ihre Ernährung etwas zu reformieren. Die I Fleischtöpfe Ägyptens müssen ihnen entzogen werden, das I Fleisch muß aus dem Mittelpunkt der Mahlzeit verschwin- I den. Gänzlich verkehrt ist es, wenn sich solche empfind- » lichen Menschen künstlich mit Hilfe der eigentlichen Reiz- I mittel: Kaffee, Alkohol und Nikotin, in einen Zustand der I Frische und Leistungsfähigkeit steigern wollen. Sie ; machen das Übel damit nur größer, denn auf die Dauer ' müssen auch diese aufpeitschenden Gcnußmittcl versagen. I Hier hilft nur eines: Abkehr von der gewöhnlichen Er- I nährungswcise, Bevorzugung von Gemüse und Obst bei ; der Nahrung, vor allem auch Ordnung in der zeitlichen « Aufeinanderfolge der Mahlzeiten. Dann muß es aber auch i vermieden werden, daß noch am späten Abend größere Mahlzeiten eingenommen werden. Dann wird der Schlaf j erquickend sein; ein Ermüdungsgefühl am darauffolgen« » den Morgen wird ausbleiben und kein künstliches Reiz- ! mittel, wie starker Kaffee, braucht den Schlaf aus den i Augen zu treiben und die quälenden Shmptome der j Nervosität zu unterdrücken. Unternehmungslust, Arbeits- . trieb und Leistungsfähigkeit stellen sich dann von selbst ! wieder ein. Oie letzte Nacht. Skizze von Karlheinz Runeck. (Nachdruck verboten.) » Vier Stunden nur noch trennten ihn von dem Ende i seines Lebens, viermal sechzig fliegende, rasende Minu- I ten. Die Sekunde hatte aufgehört, zu bestehen; an ihre ' Stelle war die Minute getreten; die Stunde aber stand für ; die Minute und ihr Glockenschlag hing sich in entsetzlicher > Eile an den verwehenden Klang der vorangegangenen. Schon wieder schlug die Gefängnisuhr.- ! Schon wieder war eine Stunde vorbei! Und gerade ; erst waren's noch vier gewesen bis zur Hinrichtung! Jetzt i drei noch, nur noch drei! Er sprang auf und raste in der engen Zelle auf und , ab. Lautlos brüllte in ihm die Verzweiflung. Draußen lag die Nacht, eine dunkle, drohende Nacht, I die letzte seines Lebens, lag und grinste mit hohlen Augen j in das flackernde Licht der einsamen Kerze, die auf der » Pritsche stand, grinste hohnlachend und in erbarmungs- ! losem Spott. „Drei Stunden noch!* höhnte sie. „Dann ist's vorbei! j Drei Stunden noch, nur noch winzige drei-Stunden!" Mit heißen Fäusten griff er sich nach dem Hals. Wie das sein mochte?! Wie nur? Die furchtbare Spanne, da er, festgeschnallt, vor den I Augen die pressende Binde, abgeschnitten bereits von allem I Licht der Lebenden, nicht wußte, was hinter, neben, über ? ihm geschah, warten mußte auf das, was kommen würde, I — jetzt — gleich — im nächsten, zu einer grauenerfüllten I Ewigkeit sich dehnenden Augenblick! — Furchtbar war ; diese Marter der rastlos enteilenden Stunden. Warum nur ließ man ihm diese Nacht, diese entsetz- I liche, unmenschliche Nacht, die schlimmer war als Block und I Beil! Warum diese nutzlose Zeit, in der die letzten Augen- ! blicke zu tausend Einzelheiten sich auseinanderrollten, in ' der das Grauen Zeit fand, sich einzunisten, mit einer sata- I Nischen Wollust sich zu spreizen und jede Kleinigkeit des I bevorstehenden Endes mit bunten, grellen Farben dem ! fiebernden Auge vorzuspiegeln! Diese Stunden Vernich- ! tender Jnhaltlosigkeit, in deren endloser Weite der kaum I minutenlange Gang von der Zelle bis zum Richtplatz sich I zu einem ganzen Menschenleben voller Grauen und Ent- ; setzen dehnte, in denen die Stufen zum Gerüst hinauf zu » Bergen wurden, himmelhoch ragend und von der blutigen I Fratze zerfressender Angst gekrönt! I Schon wieder schlug die Uhr, als noch der Klang der I entflohenen Stunde in seinem Ohr haftete. Und draußen ! hob sich die Nacht, enteilte auf flüchtigen Fittichen und gab I der Morgenhelle Raum, hinter deren Schwelle das I Ende lag. ; In wahnwitzigem Kreislauf jagten sich die Gedanken, : umspannten verzweifelt die haltlos entrinnende Zeit — I sechs volle Schläge dröhnten mitten hinein in die wilde I Jagd des Grauens — die Tür öffnete sich rasselnd — der ! Schließer stand da, hinter ihm zwei finster blickende, er- ! barmungslose Gesellen. Mit einem verzweifelten Sprung versuchte er das > Letzte — wurde gefaßt — rang mit Titanenkräften gegen ! die Übermacht — fühlte sich, während ein Schrei der Wut ! und Verzweiflung sich seiner Brust entrang, von brutalen I Fäusten zu Boden geschmettert und — erwachte. Rund um ihn lagen die Trümmer seines Bettes; ! durchs Fenster lachte die Sonne eines herrlichen Mai- ! morgens und spielte auf den Zeilen des auf dem Tisch I liegenden Kriminalromans. -- > » I