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Unterhaltungsbeilage ü zum z Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger Das Zamilienküken Nomcm von Irmgarck Spangenberg. (2. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) da, .Was machst du da, Kind? Es war ja nicht erfreulich, daß Doktor Fromm von und sein, aber der ihr Als sie eines Treppe hörte und huschte sie wie so »Mach' es ihm nicht so schwer," sagte sie leise, Dorli nahm sich vor, von nun an freundlicher zu Nicht gerade zuvorkommend oder gar herzlich — doch wenigstens wohlerzogen und gesittet. ruhigt um. Da stand Schwager dicht hinter und sah sie an. »Was machst du Kind?" Tages wieder die Schritte auf der wußte, daß das Brautpaar ausging, oft aus ihrem weißen Zimmerchen durchs Treppenhaus an ihr Fenster. Aber nur Johanna stand draußen. Dorli wun derte sich, wo wohl Doktor Fromm geblieben sein könnte, er war doch mit Johanna zusammen die Treppen hin untergegangen. Sie sah sich etwas beun- stellte, und so kam es, daß sich im Eßzimmer eine kleine Ge meinde bildete, die sich köstlich amüsierte und die anderen vergaß. Bis Johanna etwas ho len wollte und sie sah. »Ach so," sagte sie leise und wurde langsam rot. »Hier seid ihr alle." »Wir legen das Silber weg," sagte Seppl, und sie tat ihm leid. Er hatte den bitteren Zug um ihren Mund gesehen. »Jetzt kommen wir aber," fügte Dorli schnell hinzu und hakte bei der Schwester ein. »Du bist doch nicht böse?" Johanna lächelte schon wieder und zog Dorlis Arm fester an sich. gründen. Aber es war so. Er ging immer etwas vorn- übergeneigt, ganz im Gegensatz zu Johanna, die sich auf- recht wie ein Zinnsoldat hielt. Er hatte etwas von einem Rennreiter und doch lag ihm wohl nichts ferner als der grüne Rasen und die Pferdewelt. nun an so oft ins Haus kam, aber Dorli fand sich damit ab und ging ihm aus dem Wege, so gut es möglich war. Sie kannte seine Zeiten, wußte, wann er zu Johanna ins kleine Laboratorium ging und wann er mit ihr das Haus verließ. Es ließ sich einrichten, daß man so weit wie möglich vom Schuß war und niemand sah, den man nicht zu sehen wünschte. Aber wenn dann Johanna mit ihm aus der Haus tür war, konnte Dorli es doch nicht überwinden, nichts von ihm gesehen zu haben. Wie ein Pfeil schoß sie ans bunte Flurfenster. Sie mußte auf die geschnitzte Truhe springen, weil sie sonst das hohe, runde Fensterchen nicht erreichen konnte. Von da aus sah sie den beiden nach. Johanna sah zierlich neben Doktor Fromm aus, der doch eigentlich gar nicht so ein Athlet war. Aber er wirkte wie ein Athlet. Woran das lag, konnte Dorli nicht er- »Seppl —" rief es von nebenan. Alberta konnte ja Wohl keine Minute ohne ihn sein. Er wollte antworten, aber Dorli winkte ab. „Laß sie! Rufen ist nach dem Essen ganz bekömmlich. Kleine Babys müssen sogar brüllen, sagt Johanna!" Da kam Alberta. »Immerzu mag man auch nicht von Tuberkeln hören," lachte sie und begann ohne weiteres ebenfalls, die Messer und Gabeln zu ordnen. Es machte sich auch ganz von selbst, daß Paul ein paar Gläser hin- Dorli wurde dunkelrot vor Ärger. »Nichts, mein Kind," gab sie prompt zurück, »ich kann doch aus unseren eigenen Fenstern gucken —" Doktor Fromm blieb peinlich gelassen. »Es scheint, du fängst Fliegen?" »Für Ihre Frösche, denken Sie wohl?" Fromm lächelte. »Sieh einer! Daß ich Frösche habe, weißt du also doch? Es scheint ja, als ob das Laboratorium dich imrperhin etwas interessiert?" Dorli sprang von der Truhe. »Nur insofern, als eS jeden Menschen interessiert, wenn solche abscheulichen Tier- quälereien —" »Davon verstehst du nichts," sagte der Schwager kurz und wandte sich ab. Johanna hatte schon ein paarmal in die Haustür gerufen. Dorli blieb tief verstimmt zurück. Was maßte sich dieser Doktor eigentlich an? Darum, weil er zufällig Johannas Verlobter war, hatte er doch nicht das Recht, sie hier wie ein dummes Schulmädel zu behandeln? Ab« noch mehr beunruhigte es sie, daß er etwa hätte denken können, sie hätte ihm nachsehen wollen! Am Abend fragte Johanna plötzlich, ob Dorli nicht einmal ins Laboratorium kommen wolle. Dorli sah er- schrocken auf. »Hat er das gesagt?