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38 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Nr. 9 u. 10 scheinen diese Früchte dann nicht mehr auf der Richtpreisliste, so treibt der Handel sie auf ungemessene Höhe. So werden gegen wärtig für Walnüsse 2,50 M., für Haselnüsse 4 M. für das Pfund im Kleinhandel gefordert. Wenn in den vorhergegangenen beiden Kriegsjahren die Obst preise auf sehr mäßiger Höhe blieben, so ist der diesjährige bedeu- , tende Preisaufschlag einesteils auf verunglückte Eingriffe in den freien Handel und die Selbstversorgung, andererseits auf den unge mein angewachsenen Bedarf für Marmeladebereitung für Heer und Industriebevölkerung, wie auch die vermehrte Einlagerung von fri schem und konserviertem Obst in den Haushalten, ferner auf das vollständige Fehlen der Einfuhr von Mostobst vom Ausland zurück zuführen. Der Handel ist nicht durchweg genügend kontrolliert ' worden; statt weniger Händler sind mehr aufgetaucht, sehr oft solche, die keinen Erlaubnisschein hatten. Gerade der reelle an sässige Handel, der sich streng nach den leider nicht immer mit wün schenswerter Deutlichkeit ergangenen Vorschriften richtete, war der benachteiligte; das „Geschäft" hat der wilde Handel gemacht. So wenig erfreulich das Bild. des Obstabsatzes sich gezeigt hat, ; so zufriedenstellend war das Gesamtergebnis der Ernte, wenigstens i was die Hauptobstart, die Aepfel, betrifft. Die Witterung zeigte sich schon Ende Januar und anfangs Februar frühlingsmäßig, so daß um diese Zeit die ersten Aprikosen und Pfirsische aufblühten. Auf eine gute Ernte in diesen Obstarten konnte nicht gerechnet werden, tatsächlich war auch in Aprikosen vollständige Mißernte, in Pfir sichen nur eine geringe; die späten Wseinbergpfirsiche hielten sich : besser. Ende Februar, anfangs März blühten Kirschen und Pflaumen und zwar während 1‘—2 Monaten, weil kurz darauf ein Witterungs rückschlag kam, der zwar keinen direkten Frost, aber anhaltend kal tes, nasses Wetter mit wenig Sonnenschein brachte. Die Kirschen- 1 ernte war fast gänzlich verloren, Pflaumen und Zwetschen hielten ■ sich besser, ergaben aber nur an bevorzugten Plätzen eine nennens werte Ernte. Die Birnenblüte kam in sehr ungünstige Witterung, die Ernte war dementsprechend gering. Die Apfelblüte begann schon anfangs März und verlief, wenn auch etwas zu langsam, doch im allge meinen günstig, bei feuchtkühler Witterung, bewegter Luft und teilweise recht warmen Fagen. Das Ungeziefer entwickelte sich, früh geweckt, ausnahmsweise stark; besonders traten auf: Apfelblütenstecher, Blatt läuse, Blutläuse, Raupen und Käfer. Ein abwechselnd heißer und naßkalter Sommer und Herbst begünstigten die Entwicklung 'der Pilzkrankheiten, und das Fehlen der Materialien für die Bekämvfvng, Hand in Hand mit dem Mangel an den nötigen Arbeitskräften, ließen besonders das Fusikladium in einer Weise aufkommen, daß empfind liche Apfelsorten wie Goldparmäne, Baumanns-Renette. Kanada Renette schwer geschädigt wurden. Beim Beerenobst hatte sich der Amerikanische Stachelbeermehltau in besorgniserregender Weise ausgebreitet. Im allgemeinen gab die Beerenernte, besonders die der Erdbeeren, recht gut aus. Der Stand der Obstbäume war am Jahresschluß nicht ungünstig, reicher Blütenknospenansatz macht sich allenthalben bemerkbar. Die Nachwehen des Aprilfrcstes 1913 haben zwar im Berichtsjahr noch einzelne Opfer gefordert, sind aber jetzt wohl endgültig vor bei. Dringend wünschenswert wäre im Interesse der Sicherung der kommenden Ernte die Bereitstellung der nötigen Düngemittel und Materialien zur Schädlingsbekämpfung, ebenso aber auch die Beur laubung der Gärtner und Raumwarte für die Zeit der Frühjahrs arbeiten: Baumschnitt, Umpfropfen. Spritzen usw.: die hierfür noch vorhandenen Kräfte sind außerordentlich spärlich. Die Tätigkeit der Zentralvermittlungsstelle wurde im Berichts jahr teilweise auf neue Bahnen gelenkt. Während bis zur Einfüh rung der „Richtpreise" noch in gewohnter Weise gearbeitet wurde, bekam die Vermittlungsstelle nunmehr die Aufgabe, für entsprechende Verbreitung dieser Richtpreise und der Berichte über die Marktlage zu sorgen. Der Vereinssekretär wurde als Sachverständiger in die städtische Richtpreiskommission berufen und mit der Kontrolle der Einhaltung der Richtpreise auf den Märkten und in den Kleinver- kaufsgeschäfter. betraut. Wenn, auch die letztgenannte Betätigung durchaus nicht zu den Annehmlichkeiten gezählt werden konnte, so darf doch mit Genugtuung festgestellt werden, daß die in der Landes hauptstadt getroffene Ueberwachung des Obstabsatzes und die straffe Durchführung der Richtpreise wie auch der übrigen Maßnahmen von allen von auswärts gekommenen Obstbauinteressenten als muster gültig anerkannt wurden. Leider fand diese Tätigkeit im eigenen Lande wenig Nachahmung: vielfach wurde derselben durch zu hohe Preiszulassung und mangelhafte Ueberwachung des Obsthandels ge radezu entgegengearbeitet. Das Interesse der konsumierenden Be völkerung für das Obst und,»die daraus hergestellten Produkte war ein derartig reges, daß darauf weitgehende Hoffnungen für die Zu kunft aufgebaut werden dürfen. Durch großzügige Trocknungsver- suche und die Konstruktion und Verbreitung einer vorzüglichen und dabei billigen Herddörre hat der Württ. Obstbauverein die Obst verwertung wesentlich unterstützt. In gleicher Weise entwickelte sich auch das Interesse der Obstzüchter, was sich schon durch die massenhaften Einsendungen von Früchten zur Namensbestimmung bekundete. Wesentlich abgekühlt wurde der Eifer allerdings durch die verfügte Höchstpreisfestsetzung und Beschlagnahme der Zwet schen und des Wirtschäftsobstes. Während die erstere die Wirkung' auslöste, daß die Zwetschen einfach vom Markt verschwanden und vielfach zu Schnaps gebrannt wurden, kam die Beschlagnahme der Aepfel für Württemberg einer Katastrophe gleich. Von. der Not wendigkeit der Bereitstellung von großen Marmeladevorräten für das Heer und die Industriebevölkerung war man ohne weiteres, über zeugt. Die benötigten Mengen Obst hätten aber zweifellos durch bestimmte Auflagen an obstreiche Oberämter beschafft und dadurch die so einschneidenden Störungen im Obstabsatz vermieden werden können. Es hat sich hier wieder gezeigt, daß Reichsmaßnahmen den besonderen Verhältnissen der einzelnen Gebiete unmöglich gerecht werden können. Von dem Augenblick der glücklicherweise bald wieder aufgehobenen Beschlagnahme an war die bis dahin einwand frei durchgeführte Regelung des Obstverkehrs durchbrochen. Der schriftliche Verkehr auf der Geschäftsstelle der Zentralver mittlungsstelle war ein sehr reger. Es gingen ab: 466 Briefe und Telegramme, 5100 Rundschreiben, Marktberichte, Angebots- und Nachfragelisten; insgesamt 5566. Der Verkehr mit den übrigen deutschen Obstvermittlungsstellen war nur ein sehr loser. Die einzelnen Bundesstaaten und Provinzen hatten teilweise ihre Grenzen gesperrt, so daß ein Zusammenar beiten in der früher gewohnten Weise nicht möglich war. Die Zahl der Angebots- und Nachfragelisten ging erheblich zurück. Die An bieter hielten nach erfolgter Beschlagnahme mit ihren Angeboten zurück, nur der kleinste 'Fiel der außerordentlich zahlreichen Nach fragen konnte befriedigt werden. Dagegen erfuhr die Bericht erstattung über Marktlage und Preise eine wesentliche Vermehrung. Die Marktberichte des Kriegsjahres 1916 bilden noch für spätere Zeiten wertvolle und interessante Dokumente im Archiv des W. 0. V. Mit besonderem Dank sei hierbei erwähnt, daß die Tageszeitungen diese Berichte stets vollinhaltlich und kostenlos in ihre Spalten auf nehmen. Der Tafelobstversand ließ, wie unter den obwaltenden Verhält- nissen nicht anders zu erwarten war, sehr viel zu wünschen übrig. Die Zentralvermittlungsstelle hatte zwar ihr Möglichstes zur Bereit stellung von Verpackungsmaterial und durch Belehrung in Wort und Schrift getan. Auch die Generaldirektion der Staatseisenbahnen hat wiederholt die gute Behandlung und schnelle Beförderung der Obstsendungen eingeschärft. Der Leutemangel an allen Enden hat aber bei den Ernten und beim Versand manche unliebsame Ueber- ra.schung gezeitigt. Vor allon haben sich viele ungeschulte Kräfte und leider auch unreelle Elemente mit dem Tafelobstversand be faßt und unsere 6eschulten und zuverlässigen Züchter mit in Verruf gebracht. Die. Zentralvermittlungsstelle hatte erheblich mehr An stände zu schlichten gegenüber früheren Jahren. Der Mostobsthandel Württembergs, sonst der größte der Welt, war im Jahr 1916 völlig unterbunden, das erstemal seit seinem Be stehen. Die Ursachen sind zu bekannt und werden schmerzlich ge nug empfunden, als daß hier nochmals daran gerührt zu werden braucht. Nur soviel sei hier festgelegt, daß der amtliche Höchst- preis 7,50 M. für den Zentner Mostäpfel vorschrieb; in Wirklich keit wurde aber dieser Preis erheblich überschritten. Zum Schluß konnte man Abschlüsse bis zu 18 M. per Zentner in Erfahrung brin gen. der sprechendste Beweis, wie hoch der Schwabe sein National- getränk einschätzt. Die Kriegsfürsorgetätigkeit konnte durch persönliche Mitwir kung des Vereinssekretärs infolge seiner anderweitigen vielseitigen Inanspruchnahme und wegen Mangels an Ueberweisung von Obst aus hiesigen Gärten wenig unterstützt werden, dagegen wurde auf schrift lichem Wege durch Aufrufe in den Tageszeitungen und durch per sönliche Anschreiben an die Orts- und Bezirksvereine erfreulicher weise erreicht, daß von vielen Seiten Obstsendungen zur Verar beitung für Lazarettzwecke zur Verfügung gestellt wurden. Herz lichen Dank allen freundlichen Spendern Wir leben im Krieg, im Weltkrieg. Das Schicksal des einzel nen, ja ganzer Gebiete wiet nicht mehr allzuschwer Umwälzungen schwerwiegendster Art sind an der Tagesordnung. Was wollen da gegen die im einzelnen Interessenbereich in Erscheinung tretenden Uebelstände sagen. Die Hauptsache, unsere herrlichen — mitunter auch weniger lobenswerten Obstgärten sind dank der unver gleichlichen Leistung unserer tapferen Krieger an der Front von der Verwüstung verschont geblieben. Deshalb ist auch am Jahresschluß das Gefühl des Dankes für den Obstzüchter das vorherrschende. Ein hoffentlich in nicht allzuweiter Sicht stehender Friede wird ihm Gelegenheit geben, mit neuem Mut und neuer Hoffnung an die Ar beit und kommendem Erntesegen entgegen zu gehen. Württembergischer Obstbauverein. Vorstand: Oek.-Rat Warth. Sekretär: Schaal. Etwas vom Obst- und Gemüsebau im Königreich Polen. Im Gemüsebau leistet Polen in Ansehung seines nicht gerade günstigen Klimas recht Anerkennenswertes, denn es konnte jährlich noch fast 25 000 Zentner grünes Gemüse ausführen, ferner etwa 14 000 Zentner Zwiebeln und besonders große Mengen Kohl. Der Zwiebelverbrauch ist jedoch im eigenen Land so groß, daß im Winter noch erheblich größere Mengen aus Ungarn eingeführt werden, als die Sommeraus fuhr zu betragen pflegt. Begreiflich ist, daß Polen nicht viel Obst gewinnt, obgleich sich der Obstbau wahrscheinlich noch wesentlich heben ließe. Vor dem Krieg bezog Pplen aus den Nachbarländern, vornehmlich aus Rußland, noch 125 000 Doppelzentner Aepfel und Birnen, dazu aus Rußland mehrere Tausend Doppelzentner Pflaumen, Aprikosen und Pfirsiche. Das Obst zu trocknen, ist in Polen bisher nicht üblich gewesen, obwohl darin durchaus eia Bedarf herrscht,