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sondern trug die ungetauft gestorbenen Kinder in Klippen und Berge und be grub sie dort auf einer schwer zugänglichen Felsterrasse. Nach dem schwedi schen Kirchengesetz von 1571 durften ermordete Kinder überhaupt nicht be erdigt werden 38 ). Von den meisten Stämmen und Völkern ist bekannt, daß ein Teil der Kinder getötet oder ausgesetzt wurde 39 ). Hierbei handelt es sich um mißgestaltete und uneheliche Kinder, Mischlinge, Zwillinge und solche, bei denen man den Unwillen der Gottheiten an bestimmten Zeichen zu erkennen glaubt (z. B. bei einigen afrikanischen Stämmen, wenn die oberen Schneide zähne zuerst durchbrechen) 40 ). Dazu kommt noch die Tötung bzw. Aussetzung aus Gründen der Bevölkerungsregulierung, wobei häufig schon das dritte Kind dieses Schicksal erleiden muß 41 ). Solche Kinder werden in der Regel nicht wie die Erwachsenen bestattet und erscheinen somit nicht in der Gräber statistik. Wie die Völkerkunde zeigt, war es bei zahlreichen Stämmen üblich, Kinder leichen prinzipiell anders zu behandeln als die von Erwachsenen. Dafür sollen einige Beispiele angeführt werden. In Indonesien werden auf den Kaj-Inseln die Säuglinge am Kreuzweg, Totgeborene im Walde begraben 42 ). Auf Celebes legte man im Gebiet Südtoradja kleine Kinder im Baum nieder 43 ), im Gebiet Osttoradja in einem Baumloch oder in der Dachrinne 44 ). Bei manchen australi schen Stämmen wurden kleine Kinder nicht beerdigt, sondern in Bäume ge legt oder gleich verbrannt. Bei einem Stamm in der Encounter Bay wurden sie erst ein Jahr lang herumgetragen, dann in einen Baum getan und erst später die Knochen begraben 45 ). Dagegen ist es bei einigen indischen Stämmen üb lich, Kinder unter einem gewissen, lokal unterschiedlich angesetzten Alter zu begraben, während die anderen verbrannt werden 46 ). Ähnliches wird von den 38) B. Mörner, Tinara, die Vorstellungen der Naturvölker vom Jenseits. Jena 1924, S. 89. 39 ) H. Ploss, Das Kind in Brauch und Sitte der Völker, Bd. 2. Berlin 1882, S. 245ff.; R. Thurnwald, Die menschliche Gesellschaft, Bd. 2. Berlin 1932, S. 21811. 40 ) Als Erklärung wird beispielsweise hei den Bantu-Stämmen angegeben, das Leben der Gemeinschaft mässe so gereinigt werden, da sonst Lebensverminderung eintritt, vgl. P. Tempels, Bantu- Philosophie. Heidelberg 1956, S. 111. ) II. Ploss, a. a. 0., S. 2450'.; die Wildbeuter Tschamakoko im nordöstlichen Chaco lassen z. B. nur alle drei Jahre ein Kind am Leben, vgl. I. Schwidelzky, Grundzüge der Völkerbiologie. Stuttgart 1950, S. 275. ") I. Körner, Totenkult und Lebensglaube bei den Völkern Ostindonesiens. Leipzig 1936, S. 17. 48 ) C. van Wylick, Bestattungsbrauch und Jenseitsglaube auf Celebes, ’s Gravenhage 1941, S. 83. H ) C. van Wylick, a. a. 0., S. 106. 4Ö ) E. Bendann, Death Customs. An Analytical Study of Burial Ritus. London 1930, S. 202 f.; nach E. Doerr, Bestaltungsformen in Ozeanien, in: Anthropos 30, 1935, S. 731, wurden Totgeborene und Kinder unter 4 Jahren verbrannt, Kinder im Alter von 4—7 Jahren erst in einem hohlen Baum getrocknet und dann verbrannt. Auf Neuguinea bestattete man Kinder unter 2 Jahren im Baum (E. Doerr, a. a. O., S. 742). 4S ) E. Bendann, a. a. O., S. 203f.; auf Bali wurden nach P. Wirz, Der Totenkult auf Bali. Stuttgart 1928, S. 10 f., Kinder bis zu 8—10 Jahren nicht verbrannt, sondern wie unbemittelte Personen 31