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sie für ihre Investitionen Sicherungen, wie beim Kaufhausbau 1295 das Mono pol des Gewandschnitts. Nicht nur von dem machtlosen Friedrich Klemm, sondern auch von Markgraf Heinrich, dem ernergischen und erfolgreichen Politiker, erwarben sie im Zug von Leistung und Gegenleistung ihre Führer stellung. Wie groß die Zahl der Geschworenen war, ist aus den Urkunden nicht ersicht lich. Da der Rat, der sich aus dem Kollegium der jurati entwickelte, zwölf Mann umfaßte, nehmen wir nach dem Beispiel anderer Städte ebenso viele Mitglieder an. Die Zwölf waren Kaufleute, die ihre obrigkeitlichen Funktionen ehrenamtlich ausübten. Mit ihren Familien und einem kleinen Kreis Gleich gestellter bildeten sie die herrschende Klasse Dresdens. Ihr Amtsname weist nicht nur auf ihren Treueschwur gegenüber dem Markgrafen hin, sondern wohl auch auf die enge Gemeinschaft, die sie untereinander bildeten. Noch im 14. und 15. .Jahrhundert bezeichnen sich die Ratsmitglieder gelegentlich als Eidgenossen 11 ). Eine Urkunde von 1345 nennt sie die „vorzüglichen Bürger“, cives potiores. In den meisten mittelalterlichen Städten gab es eine solche Schicht unter ähnlichen Namen: meliores, maiores, optimi, honora- biliores, sapientiores, dives 12 ). Sie wurden auch außerhalb ihrer Heimatstadt als Leute von Stand angesehen und z. B. in den Deutschen Ritterorden auf genommen. So wird in den Altenburger Urkunden 1286 ein Ordensbruder Arnold von Dresden als Zeuge aufgeführt 13 ). Die Potiores waren — wenn auch unter der Oberhoheit des Markgrafen — die wirklichen Herren Dresdens. Die Geschworenen waren das Organ dieser Oberschicht, wenn sie auch als Vertreter der Stadt auftraten. Was wir an Einrichtungen, Maßnahmen und öffentlichen Gebäuden als städtisch anzu sehen geneigt sind, war alles von ihnen und für sie bestimmt. Erst mit der Bildung des Rates beginnt die Stadt — wenigstens in der Idee — ein Gemein wesen zu werden. Das Streben des Geschworenenkollegiums ging dahin, von dem markgräf lichen Villicus ganz unabhängig zu werden. Dies führte nach dem 1288 erfolg ten Tode des Markgrafen Heinrich 1292 zur Einsetzung eines Bürgermeisters (magister civium, 1301 magister consulum), wie auch in anderen sächsischen Städten: Freiberg 1291, Leipzig und Pirna 1292. Die Mitglieder des Kolle giums nannten sich weiterhin Geschworene, Bürger, später Ratmannen oder Ratsleute, daneben auch consules (1301) nach dem Vorbild der italienischen Stadtrepubliken, die sich der altrömischen Tradition erinnerten. Die Zu- ”) Codex diplomaticus Saxoniae regiac, Bd. 11, 5, Nr. 105 (1395); E. Boer, Das älteste Stadtbuch von Dresden 1404. Dresden 1963, Bl. 3b (1408), Stadtbuch 1437, Bl. 31 (1446). 12) II. Planitz, a. a. O., S. 256. 13) II. Putze, Altenburger Urkundenbuch 976—1350. Jena 1955, Nr. 232. 288, 293.