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XIII. Jahrgang. Freitag, den 1. Dezember 1911. Nr. 4 er Bandeisgärtner Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Begründet von Otto Thalacker. — Verlag: Thalacker & Schwarz, Leipzig, Weststr. 58. Abonnementspreis ar Deutschland, Oesterreich nd Luxemburg M. 5.— jährl., ir das Ausland M. 8.— jährl. Ausgabe jeden Freitag. Bestellungen nimmt jede Postanstalt entgegen. Inserate BO Pfennige für die vier gespaltene Nonpareille - Zeile, auf dem Umschlag 40 Pfennige, im Reklameteil M. 1.— für die zweigespaltene 105 mm breite Petit-Zeile. JasAbonnement gilt fortlaufend u. kann nur durch Abbestellung 14 Tage vor Jahresschluß aufgehoben werden. ime den hei fg. pen nen an usw., tc., ' [387 hulen. ere! •is Frost, entabel. 11) eiben 3,50 Mj as, sehr, anzzeit. Itur, yen t in tmen. erei, [378 iinfluß des Tabakrauches auf die Pflanze. Von Prof. Dr. Hans Molisch. I. Der Tabakrauch ist ein so häufiger Bestandteil der Räume, ie wir bewohnen und in denen wir arbeiten, er kommt so äufig in Laboratorien und in Wohnungen vorübergehend oder ingere Zeit mit Pflanzen in Berührung, daß es mir der Mühe rert erschien, einmal zu prüfen, welchen Einfluß der Tabak- auch auf höhere und niedere Pflanzen hat. In der Gärtnerei wird der Tabakrauch heute noch vielfach ir Vertilgung der Blattläuse mit Vorliebe verwendet: ein (einer eiserner Ofen wird mit ordinärem gedrehten Rauchtabak eschickt und der Tabak dann in einem geschlossenen Ge- ächshause unter möglichst starker Rauchentwicklung ver rannt, so daß der ganze Raum des Gewächshauses ganz dicht it Tabakqualm erfüllt wird. Ich erinnere mich noch lebhaft, ie ich als Knabe in der Gärtnerei meines Vaters dieser äucherung aus Neugierde beiwohnte und wie ich bei dieser relegenheit die Symptome einer Tabakvergiftung, ohne zu einer erbotenen Zigarre gegriffen zn haben, an mir gründlich kennen ernte. Nach einer solchen Räucherung des Gewächshauses terben die Blattläuse, während die Pflanzen selbst anscheinend einerlei Schaden ei leiden. Daher hat man in gärtnerischen [reisen die Ansicht, daß der Tabakrauch den Pflanzen nicht hade, ja ich habe sogar die Meinung ausspreche gehört, daß r — wahrscheinlich denkt man dabei an die Vertilgung der lattläuse — nützlich sei. Versuche mit Keimlingen. I. Keimlinge der Wicke wurden im Finstern bei Zimmer- emperatur auf Keimschalen herangezogen. Sobald das Epi- 1 otyl eine Länge von etwa 1/4 cm erreicht hatte, wurden die | leimlinge auf ein Tüllnetz, das über ein mit Wiener Leitungs- rasser gefülltes Einsiedeglas gespannt war, so gebracht, daß ie Würzelchen größtenteils ins Wasser tauchten, die Stengel- hen mit den Kotyledonen aber über das Tüllnetz emporragten, iwei so montierte Gläser wurden auf je eine Keimschale ebracht, mit je einem großen Becherglas von 4,3 1 Inhalt iedeckt und mit Wasser unten abgesperrt. Das Bedecken fit den Bechergläsern geschah vor einem Fenster in freier auft, um das Gefäß mit reiner Luft zu füllen. Sodann wurden n den Raum des einen Becherglases drei Züge Tabakranch iner Zigarette (»Sport«) oder irgendeiner Zigarre aus dem Tunde durch ein gebogenes Glasrohr hineingeblasen. Das andere 3echerglas erhielt keinen Rauch, war also bloß mit reiner Luft gefüllt und diente als Kontrolle. Beide Bechergläser wurden nit Zinkstüfzen, um das Licht vollständig abzuhalten, bedeckt ind das Ganze dann im warmen Gewächshause bei einer Tem- eratur von etwa 16 bis 19 0 C aufgestellt. Beginn des Versuches am 8. Februar 1910. Beachtenswerte Artikel in vorliegender Nummer: W des Tabakrouches auf die Pflanze. I. merlkanische Nelken für Schnittblumen-Kulturen. Ul. 'er Hamburger GemüS' markt. II. er deutsche Ga'trnbauhandel im Oktober, dndelskammerbericht (Dresden und Lahr). Wswlnsctiuft — Rechtspflege — Handel und Verkehr — Ausstellungen — Vereine und Versammlungen — Personalien — Kultur — Fragekasten etc. Z Y 19 - 1 -10 cm, ämme s und [381 ver. Schon nach 24 Stunden war der Unterschied höchst auf fallend. Die Rauchpflanzen waren sozusagen nicht weiter ge wachsen, die Stengel in normaler Luft hingegen hatten sich auf 1 1/2 cm verlängert. In den folgenden Tagen wurde die hemmende Wirkung des Tabakrauches auf das Wachstum noch auffallender, weil die Wurzeln und Stengel der Rauchpflanzen sich nur äußerst wenig verlängerten, die der normalen aber fortwährend stark in die Länge wuchsen. Am 14. Februar, also nach 6 Tagen, wurde der Versuch beendet. Er bot einen wirklich überraschenden Anblick. Die Längen der Stengel betrugen bei den normalen Pflanzen 13,9 cm (Mittelwert aus 24 Messungen), hingegen bei den Rauchpflanzen durchschnittlich nur 0,75 cm. Abgesehen von den enormen Längendifferenzen zeigten sich noch folgende Unter schiede: In reiner Luft Stengel vertikal aufrecht Stengel dünn Wurzeln lang (8 bis 12 cm), mehr oder minder gerade Knospenblätter von Anthokyan stark gerötet In Rauchluft Stengel horizontal oder schief Stengel dick Wurzeln kurz (1 bis 3 cm), am Ende winkelig, oft 'rechtwinkelig gebogen Knospenblätter bleich gelb, nur Spuren von Anthokyan II. Ganz derselbe Versuch wie vorher, nur waren die Keim linge in Blumentöpfe gepflanzt. Um die Erde vor zu großer Nässe zu schützen, wurden die Töpfe nicht direkt auf den Boden der Keimschale gestellt, sondern auf einen kleinen um gekehrten Glasnapf (Vogelglas). Der Erfolg war im wesent lichen derselbe, besonders in den ersten Tagen. Nach 3 Tagen waren die Stengel der Pflanzen in reiner Luft 4 bis 5 cm lang, die in der unreinen Luft nur 1/2 cm. Später zeigte sich im Vergleiche zu dem Versuche mit den im Wasser gezogenen Keimlingen ein Unterschied. Am vierten Tage fingen die Rauchpflanzen an, relativ stark in die Länge zu wachsen und gewannen, wie der aufrechte Wuchs, die Schlankeit der S engel und die Anthokyanbildung dartat, das Aussehen der normalen Pflanzen. Sicherlich werden durch die große, poröse Oberfläche des Blumentopfes und der Erde gewisse Stoffe des Rauches absorbiert und hierdurch wenigstens für die Stengel unschädlich gemacht. Die Luft wird allmählich gereinigt. Am 14. Februar wurde der Versuch beendet, photographiert und die Stengellänge gemessen. Stengellänge in reiner Luft bei 25 Keimlingen zusammen 352,1 cm, d. i. im Mittel 14,08 cm Stengellänge in Rauchluft bei 25 Keimlingen zusammen 113,8 cm, d. i. im Mittel 4,5 cm Es kann also nach dem Gesagten keinem Zweifel unterliegen daß der Tabakrauch auf das Wachstum der Wickenkeimlinge einen ganz auffallenden Einfluß ausübt. Daß Längenwachstum des Stengels wird hochgradig gehemmt, sein Dickenwachstum gefördert. Aehnliches gilt auch von der Wurzel. Gleichzeitig wachsen die Stengel und Wurzeln nicht vertikal geotropisch, sondern mehr minder schief horizontal oder sogar abwärts. Ihr geotropisches Richtungsvermögen hat nachgelassen und andere Mutationen kommen zur Herrschaft. Wenn man die Versuche I und II unter sonst gleichen Verhältnissen im Licht anstellt, so gibt sich auch hier der große Einfluß des Tabakrauches zu erkennen. Der Unterschied i zwischen den Rauchpflanzen und Reinluftpflanzen ist auch hier I bei den am Tüllnetz gezogenen Pflanzen viel auffallender als