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Nr. 34. Freitag, den 25. August 1911. XIII. Jahrgang. Der Handelsgärtner Abonnementspreis Für Deutschland, Oesterreich ind Luxemburg M. 5.— jährl., iir das Ausland M. 8.— jährl. Ausgabe jeden Freitag. Bestellungen nimmt jede Postanstalt entgegen. Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Begründet von Otto Thalacker, Leipzig-Gohlis. Inserate 30 Pfennige für die vier gespaltene Nonpareille - Zeile, auf dem Umschlag 40 Pfennige, im Reklameteil M, 1.— für die zweigespaltene 105 mm breite Petit-Zeile. Beachtenswerte Artikel in vo) liegender Nummer: Von der Arbeitnehmerversicherung in der neuen Reichsversicherungsordnung. V. 3. Die Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung. Die XX.Jahresversammlung der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft zu Danzig. I. Doppelschrift der Reblaus-Atteste zur Vermeidung von Verzögerung im Verlustfalle. Ausgewählte Schmuckstauden für Garten uud Park. Einiges über Erdbeeren sowie neuere und empfehlenswerte Sorten. Volkswirtschaft — Rechtspflege — Handel und Verkehr — Ausstellungen — Vereine und Versammlungen — Personalien — Kultur — Fragekasten für Pflanzen schutz usw. Von der Arbeitnehmerversicherung in der neuen Reichsversicherungsordnung. v. 3. Die Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung. Wesentliche Veränderungen sind in der Invalidenversicherung vorgenommen worden, zu welcher neu die Hinterbliebenen Ver sicherung hinzugekommen ist. Was die Versicherungspflicht an langt, so sind wesentliche Veränderungen, die uns berührten, allerdingsEnicht vorhanden. Voraussetzung der Versicherung ist die Beschäftigung gegen Entgelt geblieben. Wer nur seinen Unterhalt erhält, ist von der Versicherungspflicht befreit. Des gleichen wer über 2000 M. Jahresarbeitsverdienst hat. Der Bundesrat ist ermächtigt, die Versicherungspflicht in bestimmten Berufszweigen auch auf die Arbeitgeber zu er strecken, wenn sie regelmäßig höchstens einen Versicherungs pflichtigen beschäftigen oder als Hausgewerbetreibende tätig sind. Auch sonst ist es dem Bundesrat überlassen, die Ver sicherungspflicht auf Hausgewerbetreibende auszudehnen. i ENeben d§rVersicherungspflicht bestehtdieVersicherungs berechtigung. Bis zum vollendeten 40. Lebensjahre sind zum freiwilligen Eintritt in die Versicherung (Selbstversicherung) Angestellte, welche mehr als 3000 M. beziehen, selbständige Ge werbetreibende, die höchstens zwei Versicherungspflichtige regelmäßig in ihrem Betrieb beschäftigen, und solche Personen, die nur freien Unterhalt bekommen, oder nur vorübergehende Dienste leisten und deshalb versicherungsfrei sind Wer aus einem versicherungspflichtigem Verhältnis ausscheidet, kann die Versicherung wie bisher fortsetzen (Weiterversicherung). An den 5 Lohnklassen, welche nach der Höhe des Jahresarbeits verdienstes für die Versicherten geleistet werden (bis 350, 550, 850, 1150, über 1150 M.) ist nichts geändert. Gegenstand der Versicherung sind Invaliden- oder Alters renten, sowie Renten, Witwengeld und Waisenaussteuer für Hinterbliebene. Die neue Hinterbliebenenfürsorge wird nach § 1252 gewährt, wenn der Verstorbene zur Zeit seines Todes die Wartezeit für die Invalidenrente erfüllt und die An wartschaft darauf aufrecht erhalten hat, Witwengeld und Waisen aussteuer nur, wenn außerdem die Witwe zur Zeit der Fälligkeit der Bezüge selbst die Wartezeit für die Invalidenrente erfüllt und die Anwartschaft aufrecht erhalten hat. Länger als ein Jahr rückwärts wird keine Rente gezahlt, wenn der Berechtigte nicht durch außerhalb seines Willens liegende Umstände verhindert wurde, rechtzeitig den Antrag zu stellen. Invalidenrente erhält ohne Rücksicht auf das Lebens alter, wer infolge von Krankheit oder Gebrechen dauernd invalid, also nicht mehr als 1/3 erwerbsfähig ist. Wer nach Wegfall des Krankengeldes in der Krankenversicherung noch invalid ist, oder 26 Wochen schon invalid war, erhält für die weitere Dauer der Invalidität Krankenrente. Altersrente erhält, wer 70 Jahre alt geworden ist. Eine Herabsetzung der Altersgrenze ist nicht durchgegangen. Witwenrente erhält die dauernd invalide Witwe nach dem Tode ihres versicherten Mannes. Welche Witwe gilt als invalid? Diejenige, die nicht imstande ist, durch eine Tätigkeit, die ihren Kräften und Fähigkeiten entspricht, und ihr unter billiger Berücksichtigung ihre Ausbildung und bisherigen Lebens stellung zugemutet werden kann, 1/3 dessen zu erwerben, was körperlich und geistig gesunde Frauen derselben Art mit ähn licher Ausbildung in derselben Gegend durch Arbeit zu ver dienen pflegen. Auch für die Witwe ist eine Witwenkranken rente vorgesehen. Waisenrente erhalten nach dem Tode des. versicherten Vaters seine ehelichen Kinder unter 15 Jahren, und nach dem Tode einer Versicherten ihre vaterlosen Kinder unter 15 Jahren, wofür auch die unehelichen angesehen werden. Hinterläßt eine versicherte Ehefrau bei ihrem Tode einen erwerbsunfähigen Mann, und hat sie aus ihrem Verdienst den Unterhalt ganz oder überwiegend bestritten, so wird eine Witwer- und Waisenrente gezahlt. Die Waisenrente er- halten auch Kinder, deren Vater sich der Unterhaltspfiicht entzogen hat, nach dem Tode der Mutter, desgleichen elternlose Enkel, deren Unterhalt der Versicherte bestritten hat. Witwengeld wird beim Tode des Ehemannes gezahlt. Waisenaussteuer wird für die Kinder bei (Vollendung des 15. Jahres gezahlt. Das Heilverfahren ist beibehalten. Bei Unterbringung in ein Krankenhaus wird an die Angehörigen ein Hausgeld gezahlt (1/4 des Ortslohns), sofern nicht Lohn oder Gehalt auf Grund eines Rechtsanspruchs fortgezahlt wird. Sachleistungen statt Renten können mit Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde durch Statut bis zu 2/3 der Rente eingeführt werden. Die Rentenempfänger müssen aber einverstanden sein. Die Wartezeit ist dieselbe. Bei der Invalidenrente, wenn auf Grund der Versicherungspflicht 100 Beiträge geleistet worden sind 200, andernfalls 500, bei der Altersrente 1200 Beitragswo eben. Ein Erlöschen der Anwartschaft tritt ein, wenn während zweier Jahre nach dem auf der Quittungskarte ver zeichneten Ausstellungstag weniger als 20 Wochenbeiträge auf Grund der Versicherungspflicht oder der Weiterversicherung entrichtet worden sind. Bei der Selbstversicherung müssen in dieser Frist mindestens 40 Beiträge entrichtet sein, es sei denn, daß auf Grund der Versicherungspflicht schon mehr als 60 Bei träge geleistet wurden. Ein Wiederaufleben der Anwartschaft tritt ein, wenn der Versicherte wieder eine versicherungspflichtige Beschäfti gung aufnimmt oder durch freiwillige Beitragsleistung das Ver sicherungsverhältnis erneuert und danach eine Wartezeit von 200 Beitragswochen zurücklegt. Hat er bereits das 60. Lebens jahr vollendet, so lebt die Anwartschaft nur auf, wenn er vor dem Erlöschen der Anwartschaft mindestens 1000 Beitrags marken verwendet hatte. Hat er das 40. Lebensjahr vollendet, so muß er 500 Beitragsmarken verwendet uud eine Wartezeit von 500 Beitragswochen zurückgelegt haben. Was wird geleistet? Die Versicherungsleistungen be stehen aus einem festen Reichszuschuß und einem Anteil der Versicherungsanstalt.