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Begründet von Karl Andree. In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von vr. Richard Kiepert. Ehrlich 2 Bände ü 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstaltcn zum Preise von 12 Mark xro Band zu beziehen. 1882. V. Largeau^s Wanderungen in der algerischen Sahara. Am Abend desselben Tages empfing Largeau die Besuche der Notabelen der Stadt, der Mitglieder des Gemeinderaths und des Medschlis, des Gouverneurs Si Mohammed bu Atscha^ des Befehlshabers der türkischen Garnison und des Si el-Hadsch Atija; letzterem und dem Gouverneur übergab er die für sie bestimmten Empfehlungsbriefe, in welchen als sein einziger Zweck angegeben war, Handelsverbindungen zwischen Algerien und Ghadames anzubahnen. Schon am nächsten Morgen erschien der Gouverneur abermals und nahm die für ihn bestimmten Geschenke in Empfang, ein Halt aus Tnggurt, eine Jagdflinte mit Zündhütchen und Pulver, ein vergoldetes Notizbuch mit sechs Stiften, ein halbes Ries Papier, einen silbernen cisclirtcn Becher, Schmuck- gegenstände sür seine Frau und Spielsachen für seinen Knaben, während Si el-Hadsch Atija einen Hack, eine doppelläufige Pistole, einen silbernen Becher, zwei große Geschäftsbücher, ein magisches Tintenfaß, eine Spieldose und verschiedenes Spielzeng für seinen Sohn erhielt. Ghadames, heute ein Haupthandelsplatz zwischen dem Mittelländischen Meere und dem Sudan, soll der Sage nach von Leuten aus der Oase Siwa gegründet worden sein. Wie Largean meint, deuten auch Kapitelle, Süulen- trommeln und Basreliefs, welche jetzt in einem kleinen Kirchhofe vor den Thoren der Stadt vereinigt sind, auf eine Ägyptische Kolonie. Unbekannt ist der Zeitpunkt, wann der Ort aus den Händen der Schwarzen, welche noch heute den Grundstock der Bevölkerung bilden, in die der Berbern über- gcgangen ist. (Largeau's haltlose Spekulationen, welche die Berbern von Ghadames mit den makedonischen Briges und kleinasiatischen Phrygiern in Zusammenhang bringen möch- Globus XU. Nr. 4. ten, können wir hier füglich übergehen.) 19 v. Ehr. wurde dann Ghadames, dessen inschriftlich bezeugter antiker Name Cidamus lautete, vom Consul Cornelius Balbus erobert und blieb wahrscheinlich mehrere Jahrhunderte lang beim römischen Reiche. Wenigstens gehörte sie unter dem, aus dem nahen Leptis stammenden Kaiser Alexander Severus zur Provinz Numidia. 646 wurde sie von den Arabern erobert; türkisch ist sie erst in neuester Zeit geworden. Es ist heute eine Stadt von etwa 7000 Einwohnern, welche in einer Oase von 24 000 Palmenbäumen liegt; eine theils aus Lehm, theils aus Steinen errichtete Mauer umgiebt sie. Ihre Straßen, eng, aber reinlich, sind von den oberen Stockwerken der Häuser überdeckt und erhalten Licht und Luft nur durch hier und da angebrachte Luftlöcher, so daß in ihnen theilweise die vollständigste Dunkelheit herrscht. Die solide aus Luftziegeln crbantcn Häuser bestehen meist aus einem Erdgeschoß, welches als Magazin dient, und einem obern Stockwerke, wo der Besitzer wohnt; doch haben sie keine andere Oeffnung als die Eingangsthür und erhalten Licht nur durch eine Oeffnung in der Terrasse. Jedes Stockwerk enthält ein großes Zimmer in der Mitte, um welches sich Duäras, kleine Räume, gruppiren, welche man auf den ersten Blick für Wandschränke zu halte» geneigt ist. Gekocht wird gewöhnlich auf deu Terrassen, welche alle mit einander in Verbindung stehen und ausschließlich für die Frauen rescrvirt sind. Die Stadt umfaßt zwei Hauptquartiere, Beni-Oaüt—l- und Teskut^ welche durch eine Mauer von einander getrennt sind nnd sich früher feindlich einander gegenüber standen; dieselben zerfallen wieder in Schusras^ deren Zahl sechs 7