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durch einen Besenhieb oder durch Glockengeläute erzielt worden sind, wie unvergleichlich größer der Lärm bei Besetzung mit zwölf als mit acht Hörnern ist. Von ganzem Herzen ist man dem Komponisten dankbar, daß er durch seine Orchestermätzchen, durch all seine Partitur vergrößerungen so billigen Gesprächsstoff geliefert hat. Darüber läßt sich leichter plaudern, leichter zanken, leichter ein Urteil fällen, als wenn man sich über den Inhalt der Komposition erst den Kopf zerbrechen soll. Unumwunden muß ja erkannt werden, daß die Technik in der Musik innerhalb der letzten Jahrzehnte in staunenswerter Weise ge wachsen ist. Erinnern wir uns, was jetzt von Vortragskünstlern aller Art, von Sängern, Geigenvirtuosen, Pianisten geleistet, ja was direkt von ihnen verlangt wird. Die Ansprüche, welche man an die Finger fertigkeit, an die körperliche wie geistige Ausdauer stellt und zu stellen berechtigt ist, sind enorm. Wir sind wohl der Zeit nicht mehr fern, in der ein Pianist sämtliche Etüden von Chopin, Liszt und Alkan oder ein Sänger alle Lieder von Schubert, Schumann und Brahms, natür lich ohne Zuhilfenahme der Noten, zum Vortrag bringt. Auch in der Komposition hat die Technik große Fortschritte gemacht. Eine stattliche Zahl von Musikern weiß trefflich zu instrumentieren, Gedanken, über deren Wert sich streiten läßt, vorzüglich einzukleiden. Einer durchgefallenen Oper, einer abgelehnten symphonischen Dichtung vermag man schließlich immer noch ein Lob zu spenden, indem man sagt: Die Musik ist wohl schlecht, aber die Partitur ist schön. Mit andern Worten: es ist Musik schlecht zum Hören, bezaubernd zum Sehen. Wie erhebend ist es, wenn man den Blick über die 30 bis 40 Partiturzeilen schweifen läßt, wie beglückend, wenn man daran denkt, daß in die hundert Mann alarmiert werden müssen, um den Sturm zu entfesseln und die moderne Musikschlacht zu schlagen. Was sich uns in den Weg stellt, blasen wir nieder! Mit diesem Motto geht es zum Kampf. Doch leider wie selten zum Sieg! Ist der Sturm vorübergerauscht das wilde Heer der Dissonanzen verschwunden, so faltet der erschaudernd zusammengesunkene Hörer die Hände, nicht um dem Himmel für das große Ereignis zu danken, sondern mit der Bitte auf den Lippen, daß er künftighin vor derartigem Ungemach gnädiglich behütet werde. Und kläglich ist es auch, wie hohl und armselig so oft die musika lischen Riesengebilde sind. Mit großer Virtuosität werden da Kleinig keiten vorgeführt. Nichtigkeiten sind in ekelhafter Art aufgebauscht, un-