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Unfälle auf Eisenbahnen. *) Oktober 1844. Belgien. 2. Okl. Auf der Eisenbahn von Brüssel nach Lüt tich ereignete sich deS AbendS ein Unfall, welcher sehr schlimme Folgen hätte haben können. Als der Train V» Lieue hinter Waremme eine Wegübersetzung er reichte, wurde ein sehr starker Stoß verspürt und Lo komotive sammt Tender sprangen aus dem Geleise, zum Glück auf eine Weise, daß die Wagen nicht an dieselben stoßen konnten. Bei näherer Untersuchung fand man unter den Rädern der Wagen ein Pferd zermalmt und ein anderes in geringer Entfernung ebenfalls tödtlich verletzt. Der Train hatte sich ver spätet. Ein Fuhrmann, der die Barriere offen sand, fuhr quer über die Bahn, als der Train ankam und die Pferde erreichte. Frankreich. 2. Okt. Auf der Paris-Rouen Eisenbahn geriethen zwischen den Stazionen St. Pierre und Gaillon meh rere mit Baumwolle und Cafö beladene Güterwagen in Brand. Die Entzündung ward den aus dem Schorn stein der Locomotive herausgeworsenen glühenden Kohlen (von Coaks) zugeschrieben. 15. Okt. Abends 9 Uhr verspürte der Maschinen- sührer bei der Fahrt auf der Bahn nach Rouen einen Stoß, den er einem aus die Schienen geworfenen Ge genstände zuschrieb. Aufder nächsten Smzion macht er hievon Anzeige. Der Stazivns-Jnspeklor begab sich an den bezeichneten Ort und fand zu seinem Schrecken den verstümmelten Leichnam eines Bahnwärters quer über die Schienen ausgestreckt. Der Unglückliche Halle kaum vor einer Stunde die Stazion verlassen, um seinen Posten zu beziehen. Da der Maschinen führer an der Stelle kein Signal bemerkt hatte, so vermuthel man, daß der Verunglückte in der Finster- uiß die Bahn in dem Augenblicke zu passiren versucht habe, in welchem der Zug vorbeifuhr. England. 5. Okt. Samstag Morgens um halb 1 Uhr ereig nete sich aus der Croydon Eisenbahn folgender be- klagenswerther UnglückSsall. Der starkbesetzte Pcrso- nenzug von Croydon nach London wollte eben die Sta zion Anerly verlassen, als er von einem andern Train eingeholc wurde, der in dieselbe Stazion fuhr. Ob schon langsam fahrend, bewirkte doch der letzte Zug einen solchen Stoß, daß eine Locomotive außer Gang gebracht und mehrere Wagen beschädigt wurden. Von den Passagieren erhielten 15 mehr oder weniger starke Comusionen, doch konnten, bis auf zwei Damen, alle ihren Weg bis zu ihren Bestimmungsorten in beson ders hiesür herbcigeschafflen Wagen fortsetzen. >— Die Ursache des Accidents wird dem Umstand zuge schrieben , daß die am vordem Train rückwärts an gebrachte rothe Lampe auslöschte, als der Zug sich in Bewegung setzte. ') Wir beabsichtigen, unter dieser Rubrik fortlaufend kurzgefaßte Nachrichten über die auf Eisenbahnen in ver schiedenen Ländern vorfallenden Unfälle mitzuthcücn, und zwar hauptsächlich im Interesse der Bahnverwaltungen, für welche jedes Ereigniß dieser Art etwas Belehrendes enthalten dürfte. Es ist für die Vervollkommnung des Eisenbahnbetriebs in den letzten Jahren viel geschehen; dennoch bleibt noch Manches zu verbessern übrig, wor über die Erfahrung Belehrung verschaffen muß. D. R. LSI 7. Okt. Ein anderer Unfall auf derselben Bahn hatte zwei Tage später statt. Der Train nach Dover streifte, als er die Stazion an der London-bridge ver ließ, an den so eben angekommenen Zug von Croy don und beschädigte sehr stark den untern Theil der Wagen, wobei ein Conducteur, der auf dem Tritt stand und mit dem Abnehmen der Billete beschäftigt war, nur dadurch dem Tode entging, daß er sich schnell in den Wagen stürzte. 7. Okt. Auf der Swanington Eisenbahn, zu nächst der schiefen Ebene von Bagworih, ereignete sich ein Unfall, welcher einem Arbeiter das Leben kostete. Er wurde als Bremsenmann verwendet, und als er beim Herabfahren auf der schiefen Ebene den Bremshebel andrückie, brach dieser, wobei der Arbeiter unter die Wagen siel, deren mehrere über ihn hinweggingen. Er starb um e i n Uhr des nächsten Morgens. 8. Okt. Als um 5 Uhr Morgens der Metzger-Train (so genannt, weil er blos der Metzger wegen, die den Viehmarkt in Newcastle besuchen, eingeführt wurde,) von Shielvs nach Gateshead fuhr, kam er bei den Kohlenwerken von New-Harton in Collifion mit ei ner Locomotive, welche von Gateshead auf demselben Geleise herankam und die Bestimmung hatte, den Metzger-Train von Shields abzuholen. Der Maschi- nensührer des letztem, als er die entgegenkommende Locomotive gewahr wurde, reversirte seine Maschine, sprang aber mit dem Heizer herab, weil er die Un vermeidlichkeit der Kollision erkannte. Durch den Stoß wurde der Tender, welcher der Maschine vor anging, so wie die Platform der Maschine selbst zertrümmert, und es gelang dem Führer nicht, sich wieder auf die Locomotive zu schwingen. Diese ging nun mit erschrecklicher Geschwindigkeit nach Shields zurück, und stieß in dem dortigen Bahnhof auf eine Reihe von Wagen, die gegen eine Wand ge trieben und großemheils zertrümmert wurden. Theils durch das Herausspringen während der Fahrt, theils durch das Zusammenstößen mit den Wagen in Shielvs, verunglückten 17 Personen, von denen zwei geiövlet, die andern mehr oder wenig schwer verwun- vet wurden. — Die Locomotive, durch deren Begeg nen das Unglück herbeigeführt wurde, hatte sich in Gaieshead verspätet und der Maschinenführer fuhr absichtlich auf dem unrechten Geleise, um bei derAn- kunfr in Shields sich gleich vor dem Train zu bestn- ven. Für diesen aber ward, weil die von Gateshead erwartete Maschine nicht zur rechlenZeil ankam, eine anvere bereitstehende, zumKohlentransport bestimmte Locomotive verwendet.— Führer unv Heizer der em- gegensahrenden Maschine waren ebenfalls herabge sprungen, jedoch erst, nachdem sie den Dampf abge sperrt hatten. Nach der Kollision brachten sie ihre Locomotive nach Gateshead zurück. Die Erzählung der einfachen Thalsache reicht hin, um bei Jedermann die Ueberzengung hervorzubrin gen. daß Unordnung unv Nachlässigkeit Ursachen des Unglücks waren. Die eingeleiteten gerichtlichen Un- tersnchungen werden hierüber noch weitere Aufklärung geben. Personal Nachrichten. Württemberg. Seine königl. Majestät haben durch höchste Ent schließung vom 2. d. M. den Kreisbaurath Knoll definitiv zum technischen Mitglied der Eisenbahn- Commission gnädigst ernannt. England. Monument für George Ste phenson. Der Stadtraih in Liverpool hat den Entschluß gefaßt, dem berühmten Erbauer der Liver pool-Manchester Eisenbahn, in Erwägung der Vor- theile, die der Stavt durch diese Kommunikazions- Linie erwachsen sind, ein Monument zu errichten, kailrv. Uzgsr. Frankreich. Der Ingenieur Edmund Teisse- renc ist von dem Minister ver öffentlichen Arbeiten zum Central-Eisenbahnkommissär ernannt worden, eine Stelle, welche sür ihn geschaffen wurde. Seine Aufgabe wird es seyn, die Arbeiten der königlichen Kommissäre zu leiten und in Uebereinstimmung zu bringen, welche für die verschiedenen Eisenbahnlinien, bei deren Ausführung sich der Staat in irgend einer Weise beiheiligt, ernannt wurden. Teisserenc ist auS seinen zahlreichen Schriften als Verächter des Grundsatzes bekannt, daß die Eisenbahnen vom Staate gebaut und betrieben werden sollen. Indessen waren seine dießfälligen Demonstrazionen keineswegs Huldigungen, dem bestehenden Systeme dargebracht, im Gegentheil ging sein Bestreben dahin, den läh menden Einfluß, welchen die pedantische Geschäfts behandlung der Avministrazion des Straßen- und Brückenbauwesens auf die Arbeiten der französischen Ingenieurs ausübt, im grellsten Lichte darzustellen und eine Reform herbeizuführen, zu welcher nun mehr durch T eisseren c's Anstellung einige Aussicht sich eröffnet. Der Ingenieur Chaperon, Direktor der Bau ten an der Straßburg-Basler Eisenbahn wird das Elsaß verlassen, um die Arbeiten der Eisenbahn von Paris nach Dijon, im Departement der Nonne, zu leiten. Der Ingenieur Polonceau d. ä., früher Divi sions-Inspektor beim Straßen- und Brückenbauwe sen, Erbauer der Carousselbrücke in Paris, hat den Auftrag erbalten, eine Eisenbahnlinie von Lons le Saulnier über Lauhan nach TournuS, als Verzwei gung der großen Linie von Paris nach Lyon, zu stu- direu. 1. 6. OK. ä. k. Ungarn. CH. Zimpel, der Erbauer der Dcr- lin-Franksnrier Eisenbahn, ist von seinem Posten als Ober-Ingenieur ter Ungarischen Central-Eisen bahn entlassen unv an seine Stelle der Ingenieur Bey se angestellt worden.