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fernerhin bewahren, fördern und erleuchten zum Heile und Segen für die Stadt. Unterzeichneter (Bürgermeister Meltzer) sprach darnach folgendes: Der stattliche städtische Bau, der nun schon seiner Vollendung entgegengeht, ist am 5. Mai d. I. — am Tage Gotthard — begonnen worden, indem damals der erste Spatenstich von einigen Mit gliedern der städtischen Kollegien in der Stille getan worden sei und werde — nachdem man weiter am 20. Mai den ersten Stein in den Grund gelegt habe — heute, den 21. August, dem Tage Anastasius, bereits gerichtet und gehoben. Für diese unerwartete, überaus schnelle Förderung des Baues sei man der Energie der Baumeister, insbesondere des Baumeisters Koritzky, der Umsicht der Bauführer und Poliere und dem Fleiße der sämtlichen Arbeiter im Interesse der Stadt herzlichen Dank schuldig, welcher den Genannten hier oben auf der Zinne des Baues im Namen der städtischen Vertretung und der ganzen Gemeinde öffentlich ausgesprochen sein solle. Nicht so schnell, wie Baumeister uno Bauleute, hätten diejenigen gearbeitet und zu arbeiten vermocht, welche den Bau vorbereiteten, beschlossen und der Aus führung überwiesen hätten. Diesen hätten sich freilich verschiedene in den Zeitereignissen und in anderen Umständen begründete Hindernisse und Kalamitäten entgegengestellt, die nur nach und nach zu überwinden gewesen seien durch vereinte Kräfte und An strengungen. Ständen aber auch noch weitere Schwierigkeiten entgegen, bevor der Bau der ihm zugedachten Bestimmung überwiesen werden könne — mit Gottes Hilfe und bei treuem Zusammenhalten der Vertreter der Stadtgemeinde, deren Interesse zu verteidigen jeder Bürger berufen sei, werde das gewünschte Ziel erreicht und die nach kommenden Geschlechter, welche weiter sorgen, arbeiten und kämpfen möchten, für die Lebenden und an dem Bau Beteiligten die Genugtuung gewonnen werden, in welcher sie sagen und singen könnten: Wir haben gebauet ein stattliches Haus und darin auf Gott vertrauet trotz Wetter, Sturm und Graus. Weiter trug Zimmermeister Knäbel einen sehr inhaltsvollen, fromme» und wohl klingenden Zimmerspruch vor, ergriff sodann ein ihm gereichtes Glas mit Wein, leerte dasselbe auf das Wohl des Baues und der Stadtgemeinde als Bauherrin und warf es darauf m die Tiefe des Baugrundes hinab'). Mit der Absingung des dritten Verses aus dem Liede: „Nun danket alle Gott" ward die Feierlichkeit geschlossen Unter zeichneter überreichte dem Polier und Bauaufseher Johann Güntner eine Gratifika tion von 25 Thlr. und dem Zimmerpolier Anke eine solche von 12 THIr. Um 6 Uhr nachmittags ordnete sich der Zug der Bauleute vor dem Bauplatz und bewegte sich unter dem Vortritt des städtischen Musikkorps, unter Vortragung der drei Hebesträuße, sowie unter Begleitung von Gästen und Mitgliedern der städtischen Kollegien über den Markt und durch die Chemnitzer Straße in die Benedirsche Schankwirtschaft (Kaisersaal), in deren Saal der Hebeschmaus angerichtet war. Nach Beendigung des durch Toaste belebten Mahles folgte ein Tanzvergnügen für die Arbeiter. Meltzer, Bürgermeister." Ohne Unfall schritt nun der Bau vorwärts, und im neuen Jahre (1870) konnte man an den inneren Ausbau herantreten. Die Fassade der Vorderseite wurde nach den Zeichnungen des Architekten Ehrig ausgcführl. Wer flüchtig an unserer Schule vorübereilt, dem mag sie wohl den Eindruck eines großen Kastenbaues machen. Bei genauer Betrachtung jedoch gewahrt man, besonders an der Vorderfront, eine feine, harmonische Gliederung, und die schöne große Freitreppe ist nicht ohne architektonische Wirkung. An den beiden äußeren Ecken der Treppe standen bis vor kurzem zwei große Easkandelaber. Diese waren von dem Gräflich Einsiedelschen Eisenhüttenwerk in Gröditz bei Großenhain der Stadlgemeinde schenkungsweise geliefert worden. Es mag darum die Entfernung der beiden Laternen, ganz abgesehen davon, daß der Aufgang jetzt kahl erscheint, etwas pietätlos erscheinen. Waren sie auch mit der Zeit gasundicht geworden, so hätten sie wohl für elektrische Beleuchtung umgcbaut werden können. Zwischen die Haupteingänge hatte man eine Nische eingebaut, in welcher, wie die Bauakten berichten, später eine „Statuette" Aufstellung finden sollte. Aber erst im Jahre 1904 wurde dieser Plan verwirklicht, als Robert Schramm das Luther standbild für die Schule stiftete. Auch die zwischen den mittleren Fenstern des 1. Obergeschosses eingesetzte unbehauene Sandsteinplatte sollte erst nach einem Viertel- >) Das Weinglas wurde, wie das Frankenberger Nachrichtenblatt berichtet, am^rttirieten Gegenwart liebliche Erfüllung."