Volltext Seite (XML)
12 Ehrig in Chemnitz und Bauinspektor Schmidt, hier. Der Preis des Couverts für die zahlenden Teilnehmer am Festmahl soll auf 20 Ngr. gestellt werden. Hätte mit der Einweihung des neuen Schulgebäudes, wenn diese zu besserer Jahreszeit und unter friedlicheren Verhältnissen hätte stattfinden können, gern ein allgemeines, für alle Schulkinder bestimmtes Schulfest verbunden werden mögen, so fand man doch, daß sich einem solchen Unternehmen jetzt so viele Schwierigkeiten und Bedenken entgegenstellen, bah man davon abzusehen sich entschließen mußte. Es soll daher den einzelnen Schulklassen zur solenneren Abhaltung von Schulfesten im nächstfolgenden Sommer ein angemessener Beitrag aus der Schulkasse oder aus der Stadtkasse verwilligt werden. Da jedoch hieran die zu Ostern künftigen Jahres aus der Schule tretenden Kinder nicht beteiligt sein können, soll diesen am 11. Oktober d. I. von 1 Uhr nachmittags ab ein Fest bereitet werden und zwar sollen die Knaben in die sogenannte Hammerwirtschaft ^), die Mädchen in die Benedirsche Wirtschaft 2) ausziehen, wo sie mit Spielen unterhalten und mit Kaffee und Kuchen, Bier, Semmel und Wurst bewirtet werden sollen. Hierzu werden die Kinder Fest schleifen erhalten." Dieses vom Bürgermeister aufgestellte Festprogramm ist auch in der Hauptsache so ausgeführt worden, nur mußte durch die Ungunst der Witterung (schon während der Feier auf dem Marktplatze und vor der Schule waren leichte Regenschauer nieder gegangen, zur Zeit des Umzuges aber hatte starker Regen eingesetzt) der Festzug ab gekürzt werden. Eine ältere Dame berichtete dem Verfasser, daß sie als Schülerin des 1. Schuljahres in arg durchnäßtem Festkleidchen, aber mit strahlenden Augen das Festbrot in den Händen von ihrem Vater nach Hause getragen worden sei. Für die Stadt war die Schulweihe ein berechtigtes Fest. Mit Stolz blickte die gesamte Bürgerschaft auf die neue Schule, und von anderen Städten wurde Franken berg wegen dieses schönen Baues beneidet. Auch die oberste Schulbehörde bezeichnete unsere Schule als einen Musterbau. Am 5. Nov. 1372 erhielt die Stadtverwaltung folgendes Schreiben: Das Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts beabsichtigt, das sächsische Schulwesen aus der im Mai 1873 zu eröffnenden allgemeinen Ausstellung in Wien durch Einsendung von Ausstellungsgegenständen vertreten zu lassen. Kommt nun hierbei die Bürgerschule in Frankenberg mit seinen Einrichtungen als ein Musterbau in Frage, so ergeht an den Stadtrat hiermit die Veranlassung, den Plan und den Riß dieses Hauses, sowie auch, wenn möglich, ein Bild der äußeren Ansicht desselben einzusenden. — Entschieden war unsere Schule in damaligen Zeiten ein Musterbau; und wenn man bedenkt, in welch ärmlichen, beschränkten Räumen Lehrer und Kinder sich bisher hatten aufhalten müssen, so versteht man den Jubel von alt und jung bei der Einweihung der neuen Schule, man versteht auch den Stolz der Bürgerschaft ob dieses neuen Gebäudes. Das Haus selbst erschien allen als riesig, die Zimmer als überaus geräumig, die Korridore als sehr breit und luftig. Hätte man geahnt, wie in heutiger Zeit über das Gebäude geurteilt wird, die damalige Bewohnerschaft Frankenbergs würde sicher mit Entrüstung über die undankbare Nachwelt geeifert haben. Am stolzesten war man seinerzeit auf die Zentralheizung, die zugleich auch die Ventilation für Zimmer und Aborte war. Die Einrichtung der Aborte mit ihrer Lüftung war folgende: In den Gruben standen eine Anzahl Latrinenfässer, die auf Kufen nach vorn bewegt und dann hochgezogen werden konnten. Die Gruben standen mit der Ventilation in Verbindung, so daß die in den Lustschächten erwärmte Luft absaugend wirken sollte. Aus diesem Grunde waren in den Aborten die Sitze ohne jegliche Deckel. Auch in den wärmeren Sommermonaten hätte man deswegen die Heizung in schwachen Betrieb setzen müssen. Nus Sparsamkeitsrücksichten unterblieb es jedoch. Kein Wunder, daß die Aborte nicht frei von üblen Gerüchen waren. Als König Johann am 10. August 1871 das Schulgebäude eingehend besichtigte und man ihn auf die Vorzüge der Ventilation aufmerksam machte, soll er bei Be sichtigung der Aborte doch ungläubig mit dem Haupte geschüttelt und die Nase etwas gerümpft haben. —