Volltext Seite (XML)
— 2 entbehren und sogar um den Erwerb des täglichen Brotes sich absorgen mußte; zu ungerecht. Die Stunden verrannen, es schlug Mitternacht, da verrieth endlich ein quiekendes Knarren das Oeffnen des Pförtchens am Vorgarten; leichte Männerschritle wurden vernehmbar, und Egon trat herein. Mit zitternden Händen hatte Frau von Werthen eiligst die Lampe angezündet, ihr Schein fiel auf eine jugendlich-vornehme Gestalt nicht ohne männliche Anmuth, in deren blonden, angenehmen Zügen sich augenblicklich Mißmuth und die Erschlaffung abermals getäuschter Hoffnungen spiegelte. „Es war nichts? Tröste Dich, mein guter Junge, es wird schon kommen — einmal muß ja doch die Wuth des Schicksals Nachlassen und Dir gewähren, wozu Du berechtigt bist; verliere nur den Muth nicht." Egon hatte sich auf einen Stuhl geworfen und starrte düster ins Leere, während seine Mutter bemüht war, dem Sohn das Abendbrot vorzusetzen, das aus einem vor den Schwestern versteckten Bratenrest und einer Flasche Bier bestand. „Wie war es denn, erzähle doch, Kind." Egon rückte dem Tische näher, stützte das Haupt in die Hand und begann nun den leeren Teller vor sich anzustarren. „Wie sollte es gewesen sein, Mama. — Pech, wie immer. Ich lese da eine großartige Annonce in der Zeitung, gehe die zwei Meilen zu Fuß und stelle mich vor; was verlangt der Kerl? Einen Inspektor, ja, aber einen, der sich verpflichtet, den ganzen Tag über mit den Negern auf dem Felde zusammen zu schuften, ein Mittelding zwischen Sklavenauffeher und Sklave — wie es früher gewesen sein mag, pfui Teufel! So ein unverschämter deutscher Hund, ein Emporkömmling der letzten Sorte, dem es Spaß zu bereiten schien, mich herunter zu reißen, weil er in mir den vornehmen Herrn mit an ständiger Gesinnung zu erkennen glaubte; lieber eine Kugel als zu dem." „Du hast dem frechen Menschen doch Deine Meinung gesagt? Aber iß nur erst, mein Junge, Du mußt ja halb verhungert sein." Doch Egon überhörte die Mahnung. „Weißt Du, Mama, offen gestanden, dieses Leben wird mir nachgerade unerträglich; habe ich nicht bis zum nächsten Ersten eine menschenwürdige Existenz gesunden, dann lasse ich mich entweder als gemeiner Soldat unter den Negern anwerben, oder Dir und den Schwestern in dieser Weise länger zur Last zu liegen — nein, es müßte kein Funken Ehrgefühl mehr in mir sein, wollte ich das noch weiter annehmen. Entweder — oder. Dieser vergebliche Kampf mit dem Zufall ist eines Menschen, der ehrlich vorwärts strebt, unwürdig." „Sprich nicht so, Egon, es zerreißt mir das Herz; alles kann ich ertragen, nur nicht das Eine, Dich in solcher Ver zweiflung zu sehen; habe doch Geduld, es wird und muß ja besser werden." Er küßte seine Mutter liebevoll, sah den feuchten Schimmer an ihren Wimpern und äußerte ein leises, bittendes „Verzeih!" Nach erfrischendem Regen während der Nacht war zwei Tage später der Morgen in sonnigem Glanze angebrochen, und früh schon benutzte Gabriele auf Carlas Rath den Zug, der, von Rio abfahrend, die etwa zwanzig Minuten entfernt liegende Station Travesso berührte, von wo man sie nach der Besitzung Santa Anna, die in einstündigem Ritte zu erreichen war, abholen würde; da sie zu den wenigen Fahrgästen gehörte, welche den Zug an dem unbedeutenden Dorfe verließen, und sich fast Niemand in der mehr einem Schuppen gleichenden Bahnhofshalle befand, hatte ihr forschender Blick bald den Baron von Strachwiz, der sie erwartete, bemerkt. Don Ruy Gonzaga verrieth in seiner äußeren Erscheinung ganz den vornehmen Südländer, das Erbtheil seiner Mutter, Donna Hortensia, die einst dem nach Rio gekommenen deutschen Augenarzt Hugo von Strachwiz die Hand gereicht und aus schwärmerischer Liebe für den Gatten viel von seiner Lebens weise und deutscher Sitte angenommen hatte. Eine schlanke, biegsame Männergestalt mit lässigen Bewegungen, ein gelblich blasses, regelmäßiges Antlitz, das die nachtschwarzen Augen auf bläulichem Grunde und der herabhängende dunkle Schnurr bart weniger noch als ein ernster, an Schwermuth streifender Ausdruck ungemein anziehend erscheinen läßt. Neben diesem Ernste sprach aus seinem Wesen etwas Weiches, Träumerisches dieser n ^nhcit. ! K Imker em °n der N Kn Lai Dtcnsch Winkeln des Herzens erwachte und zum Lichte' h i mächligte sich ihrer; es war, als ob die VcrgS L dunklen Nebel versinke und es gradeswegs eines lichtvolleren Zukunft entgegengehe, die sie für g . l allem, was gewesen, trennte. Ihre Augen M ' >r, den >°rt, do ! und Werthen?" fragte er Julien Schöne, sagte ich mir, daß wir ist es ige >^erui 'N! hat, si unccmüd! zarte Antlitz belebte sich zu wärmerer Röthe, und umschwebte ein heiteres Lächeln. „Was ist es, das Sie so glücklich stimmt, N wunderbar belebte. Morgens im Urwald? Nicht wahr, jetzt können weshalb mich die Erfüllung Ihres Versprechens, froh bewegte, denn da Sie so empfänglich Ihre Bewunderung erregen würde." „Und Sie hatten vollkommen Recht, Herr bin Ihnen Allen von Herzen dankbar. Was mich . stimmt? Ja, wenn sich das so schnell erklären i, Worte fassen! Mir scheint es fast, als ob man y denken vermöchte," fuhr sie nach kurzem UeberW Freude diu srol Augen t Pandsch ^zur Bk .Rüs dal Kiner, ( „de Rdir woh ein n von oer ocuiur verneyenen yoyeren wenn sie abgenutzt in dem Ringen um das durch Pflege und Kultur gehoben werden- ^jjS „Gewiß giebt es etwas, nicht allein ü' i Hangs, sondern auch in uns selbst," emSÄ M' „das den besseren Gebrauch unserer und das ist vor allem die ins Bewußtste ° „Was ist es, das Sie so glücklich stimmt, ch —m mit seinem einnehmenden - dem ein Hauch von Frische und Reinheit lag, ' Ich iE, cs ist di- Nicht wahr, jetzt können A l- " . Hk l s - -^erspm Hohen fort, in dem Bestreben, ihm, dem sie vertraute § - Zweiten, einen tiefen Blick in die verborgene acr Innern werfen zu lassen. „Es kamen mir vorh^ u oft in einsamen Stunden, recht sonderbare Dinge ich fragte mich: liegt wirklich der ganze Zweck un u Ziel dieses Erdenlebens in dem dumpfen, M,- Dahinleben geisteserschlaffender Alltäglichkeit m> , i kleinlichen Sorgen um des Leibes Nahrung >1 ist die ganze Aufgabe mit der Befriedigung giebt es nichts jenseits des Vorhangs, der u . sr giebt es nichts jenseits des Vorhangs, verhüllt, was einen ausgiebigeren Gebrauch und Verstandskräfte erforderte? Müssen nicht d von der Natur verliehenen höheren ebens na und jene äußere Ruhe, die zuweilen das Ergev» seelischer Kämpfe ist. Ganz nur der BegeisteriM Lumen u Kunst, die Musik, lebend, vernachläffigte er voll Verwaltung der Besitzungen, so daß Donna Hortck aus den Gedanken verfallen war, die größte unter Santa Anna — zu verkaufen, wenn nicht wiederum tzelu gegen das Andenken des verstorbenen Gatten, de Vorliebe geweilt, sie davon abgchalten hätte. Gabriele erglühte bis in dre Schläfen, als W die Begrüßung in der seinen lag, doch gab seine kühle sowie die herzliche, aber ein wenig gemessene He' üx sogleich die Fassung zurück. Draußen vor der off - Aj standen, von einem Schwarzen gehalten, zwei gesB w bei deren Anblick sie wieder etwas zaghafter muck doch heute nach Verabredung unter Ruy Gonzag^ der erste Versuch im Reiten unternommen werden, diesen Sport mit Vorliebe betrieb und wünscht, möge das herrlichste aller Vergnügungen ausgic^ theilen. Schnell war demzufolge der mitgebraalstc, übergeworfcn, und bald saß sie viel sicherer und kt auf dem Rücken des zahmen Thieres, als sie sich st hatte. , Schon nach wenigen Minuten ritten^ sie durch Thor des Waldes, der sie mit seiner düster-crhabe umfing; unter dem gigantischen Laubdach, über de^ hier und dort ein zweiter Wald von Himmels Palmen ragte, zog sich der breite Sandweg in Furch- Lichtfunkel schlängelnd hin; nur hin und wieder S seltsame Thierstimmen die tiese Ruhe, oder eine S-k Tauben flog vor ihnen auf, um seitwärts zmisaM^ R o testen Formen der von den Baumziveigen hängentHch, , . gewächse zu verschwinden. A . „Wie köstlich!" Gabrielens Brust dehnte gewürzigen, frischen Morgenluft, ein wohliges/ kg " Freiheit und tief empfundener Lebensfreude, die,