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Die Stellung der Gntsunterthancn in der Oberlcmsitz zu ihren Gutsherrschaften. 105 hatten die Stände allerdings erreicht, daß von keinem Koncipienten unter zeichnete Klag- oder Bittschriften künftig von dem Oberamte gar nicht mehr sollten angenommen werden. Voit den Herrschaften aber erwartete der Kur fürst milde und billige Behandlung der „ihnen von Gott anvertrauten Unter- thanen." Durch diese kurfürstliche Verordnung hatten somit die Beschwerden der Bauern und die Veranlassungen dazn keineswegs ihr Ende gefunden; wohl aber war den Bauern auch die bisher festgehaltene Hoffnung benommen worden, daß wenigstens die oberste landesherrliche Regierung ihrer traurigen Lage ein mal abhelfen werde. Zu einer durchgreifenden Reform der Agrarverhältnisse, so nothwendig dieselbe sein mochte, war jene Zeit wahrlich weder geneigt, noch befähigt. Und hätte die sächsische Regierung selbst eine solche in Angriff nehmen wollen, der alsbald darauf ausbrechende allgemeine Krieg hätte dieselbe unmöglich gemacht. — Im Jahre 1623 ging die Oberlausitz zunächst in den Pfandbesitz, 1635 aber in den Erblehnbesitz des Kurfürstenthums Sachsen über. Obgleich nun auch unter der sächsischen Landeshoheit die Ver fassung der Oberlausitz im Ganzen die bisherige verblieb, so ward doch jetzt von Dresden aus eine strengere Aufsicht über die Maßnahmen der bisher fast völlig autonomen oberlausitzischen Stände geübt, als dies bisher von dem fernen Prag aus geschehen war, und die durch den dreißigjährigen Krieg erstarkte Territorialgewalt suchte jetzt überall in einheitlicher Weise zu regeln, was bis dahin besondere Gewohnheit theils der einzelnen Stände, theils der einzelnen Weichbilde, Städte, großen Herrschaften gewesen war. So ist denn gerade auch die Stellung der Bauerschaft unter dem sächsischen Regiment, so viel an ihm lag, keine schlimmere geworden, als unter dem bisherigen böhmischen. VIII. Die theoretisch-praktische Weiterentwicklung der Erblmterthämgkcit von Mitte des 17. bis Mitte des 18. Jahrhunderts. Wie in den allermeisten Ländern Deutschlands, so hatte auch in der Oberlausitz der dreißigjährige Krieg auf Jahrzehnte hinaus allen Wohl stand vernichtet. Infolge von Belagerung und Bombardement waren selbst mehrere der größeren Sechsstädte mehr oder weniger zerstört worden; Handel und Gewerbe lagen in allen völlig darnieder. Die offenen Landstädtchcn und die allermeisten Dörfer waren wiederholt von Freund und Feind aus geplündert, niedergebrannt oder mindestens durch Contributionen aller Art altsgesogen worden. Die Gutsbesitzer waren daher fast durchgängig verarmt; die Landbevölkerung aber hatte von der damaligen rohen Soldateska, von Hunger und Seuchen soviel zu leiden gehabt, daß unzählige gestorben, sehr viele auf und davon gelaufen, gar manche lieber selbst unter die Soldaten gegangen waren. Allenthalben gab es daher jetzt in den Dörfern „wüste Gitter"/) zu denen sich kein Erbe meldete, die auch sonst niemand von den i) Scho» durch dir Hussitenkriege waren viele Ortschaften auch in der Oberlausitz so völlig zerstört worden, das! sie entweder gar nicht wieder aufgcbaut wnrdcn (z. B. Seifers-