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Vorgänge beim Stahlschmelzen. Stahl und Eisen. 777 prozeß. Wenn man z. B. beim sauren Konverter prozeß bis auf 0,4 °/o Kohlenstoff entkohlt und dann den Prozeß unterbricht, erhält man einen Stahl von dichter Beschaffenheit ohne Gasblasen. Es ist dabei Voraussetzung, daß das Roheisen ge nügend Silizium enthält und der Stahl die zum Gießen erforderliche Temperatur besitzt. Ein Stahl mit 0,25 °/o Silizium, einerlei ob nach basi schem oder saurem Verfahren gewonnen, ist frei von Gaseinschliissen. Mit abnehmendem Silizium gehalt nimmt der Gasgehalt im Stahlbade zu. Die größte Gasentwicklung findet deshalb bei dem siliziumfreien basischen Flußeisen statt. Der Stahlwerker hat es in der Hand, die Kohlen säure und Kohlenoxydgase durch nachträglichen Zusatz von Silizium oder Aluminium zu redu zieren, mit anderen Worten, die Gase zu ent- Abbildung 5. Fertigprobe. fernen. Je wärmer und flüssiger ein Stahl, desto schneller geht die Ausscheidung oder nach Zu satz von Silizium oder Aluminium die Zer setzung der Kohlenoxyd- und Kohlensäuregase vor sich. Auffallend ist, daß mit der Reduktion der Kohlenoxydgase auch die Wasserstoffaus scheidung aufhört. Die Wasserstoffgase scheinen vom flüssigen Stahl demnach sehr leicht absorbiert zu werden, während umgekehrt das Vorhanden sein von Kohlenoxydgasen die Ausscheidung des Wasserstoffes befördert. Der Beweis, daß der Stahl die vorerwähnten Gase enthalten kann, ist leicht zu führen; man braucht zu dem Zweck einen Flußeisenblock sofort nach dem Gießen nur mit einem gußeisernen Deckel zu schließen. Das Kopfende des Blockes erstarrt dann sehr bald. Die Gasausscheidung, die bei anderen Blöcken derselben Charge noch länger anhalten wird, hört auf. Der Vorgang ist dann ein ähn licher wie bei einer Flasche mit kohlensaurem Wasser, bei der der Austritt der Kohlensäure durch Schließen des Stopfens verhindert wird. Wenn genügend Gase vorhanden sind, kommt es vor, daß die Gase expandieren und explosions artig austreten. In den ersten Jahren nach Aufnahme des basischen Verfahrens konnte die Erscheinung beobachtet werden, daß flußeiserne Träger oder Winkel beim Abladen durchbrachen. Die Flußeisen blöcke dieser Träger dürften jedenfalls von Chargen herrühren, die aus Roheisen fehlerhafter Zusammen setzung erblasen wurden und die infolgedessen größere Gasmengen mechanisch beigemengt ent hielten. Derartige Fehler konnten früher um so leichter vorkommen, weil im Anfang des Thomas prozesses das Thomasroheisen fast durchweg zu viel Phosphor besaß. Das Nachblasen nahm eine verhältnismäßig lange Zeit in Anspruch und damit war ein Ueberblasen der Chargen häufig ver bunden. Manche Betriebe haben erst gelernt, Thomasstahl zu blasen, als infolge der Abnahme der Puddelschlacke und der damit verbundenen Verteuerung des Phosphors der Phosphorgehalt des Thomasroheisens von den Hochofenwerken heruntergesetzt wurde. Flußeisenblöcke von 1500 bis 2000 kg Ge wicht scheiden während des Erkaltens so viel Gase aus, daß man hinreichend Zeit hat, aus einem Block verschiedene Proben in Mengen von 250 ccm aufzufangen. Die Analysen von solchen Proben haben infolgedessen Anspruch auf Richtig keit. Ob dieses hinsichtlich der quantitativen Analysen bei den aus Stahlblöcken durch An bohren entnommenen Proben immer der Fall ge wesen ist, möchte ich bezweifeln. Je kleiner die Stahlblöcke und je schneller die Abkühlung, desto mehr Gase werden im Stahlblock festgehalten, sofern überhaupt solche vorhanden sind. Um zu zeigen, wie große Mengen von Gasen sich während der Koch periode in einer Martinflußeisencharge befinden, wurden nach dem Loskochen in Zwischenräumen von je 15 Minuten Schöpfproben genommen. Die Proben wurden mit einem Löffel aus dem Ofen geschöpft und in kleine dickwandige Ko killen mit 120 mm Durchmesser gegossen, um eine rasche Abkühlung herbeizuführen und mög lichst viele Gase festzuhalten. Die Querschnitte der beigefügten Proben (Abbild. 1 bis 5) zeigen deutlich, daß mit zunehmender Temperatur und dementsprechend Flüssigerwerden der Charge die Gaseinschlüsse sich zur Mitte konzentrieren und allmählich abnehmen, bis sie in der letzten Fertig probe schließlich ganz ausgeschieden sind. A. Ruhfus.