780 Stahl und Eisen. Ueber den inneren Aufbau des Werkzeugstahls. 26. Jahrg. Nr. 13. geprüft. * Die Belastung der Diamantspitze betrug hierbei 20 g. Die Ritzbreiten wurden bei 580 facher Vergrößerung in Millimetern ge messen. Die Ergebnisse sind im Schaubild Ab bildung 3 dargestellt. Die Abszissen geben hierin die Anlaßhitzen, die Ordinaten von oben her gemessen die Ritzbreiten in Millimetern an. Die letzteren schwanken zwischen den Grenzen 4 mm für den bei 900 0 C. abgeschreck ten, nicht angelassenen Stahl, und 8 mm für den Stahl im geschmiedeten Zustand. Durch das Anlassen wird, wie bereits bekannt, die Härte vermindert, und zwar um so mehr, je höher die Anlaßhitze. Bei 100 0 C. ist die Härteverminde rung sehr gering, kaum merkbar; bei steigenden Anlaßhitzen nimmt die Härte schnell ab und erreicht bei etwa 640 0 C. Anlaßhitze nach 3 Stunden ungefähr den gleichen Grad, den der geschmiedete, nicht gehärtete Stahl besitzt. Zum Vergleich ist in Abbildung 3 noch die Ritz breite für den Ferrit eingetragen, die unter den gleichen Bedingungen wie oben an einer Probe sehr kohlenstoffarmen Flußeisens (K,) er mittelt wurde. Ueber die Bearbeitungsfähigkeit des bei 900 0 C. abgeschreckten Stahls in den ver schiedenen Zuständen des Anlassens gibt folgende Uebersicht Aufschluß: Angelassen 1 bis 3 Stunden bei 0 C. Bearbeitbarkeit mit Werkzeug aus gewöhnlichem Kohlenstoffstahl Verhalten unter dem Handhammer im Stahlmörser Nicht angelassen Bei 100° „ 200° „ 300° „ 400° „ 500° „ 600° Im geschmied. Zustand Nicht angreifbar desgl. desgl. Mit sehr schwachem Span und sehr geringer Schnittgeschwindigkeit hobelbar Hobelbar Gut hobelbar Sehr gut hobelbar desgl. Sehr spröde. Konnte leicht zu grobem Pulver zerschlagen werden. Sehr spröde. Pulvern war bereits weniger leicht. Nur schwer zu pulvern. Nicht mehr zu pulvern. desgl. desgl. desgl. desgl. Während die Aenderung der Ritzhärte vom abgeschreckten, nicht angelassenen Stahl über die verschieden stark angelassenen Proben bis Martensits über Troostit, Sorbit in den Perlit infolge des Anlassens bei gesteigerter Hitze machte, zeigt die Aetzprobe mit alkoho lischer Salzsäure bereits sehr deutliche Ab Abgeschreckt bei 900° C. in Wasser. 3 Stunden angelassen bei t a 0 C. Abbildung 3. Ritzhärten des Werkzeugstahles S744 in verschiedenen Zuständen der Wärme behandlung. Ermittelt mit Ritzhärteprüfer (Bauart A. Martens) bei 20 g Belastung. zum Material im geschmiedeten Zustand ganz stetig verläuft und damit dem Bild entspricht, das man sich bisher von dem Uebergang des * Siehe „Mitteilungen aus den Königlichen Tech nischen Versuchsanstalten“ 1890 Heft 5: A. Martens: Untersuchung dreier Härteprüfer (System Martens). weichung von diesem stetigen Uebergang. Sämt liche Proben, die zu den Ritzhärteversuchen verwendet waren, wurden 10 Minuten lang mit alkoholischer Salzsäure (1 ccm Salzsäure in 100 ccm absol. Alkohol) geätzt. Die geätzten Schliffe sind in etwa natürlicher Größe in Abbil dung 6 S. 783 abgebildet. Da im Bild die Farben verschieden starke Wirkung ausüben, werden einige Abweichungen gegen die Be schreibung der Farbtiefen bemerkbar werden. Man erkennt aber deutlich, daß die Dunkel färbung des Schliffes bei einer Anlaßhitze von 405 0 C. ihren Höchstwert erreicht, und daß von da aus sowohl nach unten wie nach oben Abnahme der Dunkelfärbung eintritt; nach unten ist die Abnahme allmählicher als nach oben; die unteren Endglieder der Reihe sind heller als die oberen. Die folgende Uebersicht (Seite 781) gibt die mit bloßem Auge an den geätzten Schliffen beobachteten Farbtöne wieder. Noch deutlicher als bei der Aetzung mit alkoholischer Salzsäur kommt die Unstetigkeit des Uebergangs von Martensit über die verschie denen Anlaßgrade zum Perlit in dem Grade der Löslichkeit gegenüber 1prozen- tiger Schwefelsäure zum Ausdruck. Diese Löslichkeit erreicht in den bei etwa 400° C. angelassenen Proben einen scharf ausgeprägten