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Eduard Blass +. A m Abend des 29. Mai entschlief sanft das - # langjährige Mitglied des Vorstandes des Vereins deutscher Eisenhüttenleute Ingenieur Eduard Blass. Der Verstorbene wurde am 18. Juli 1837 in Osnabrück geboren. Seine technische Ausbildung erhielt er auf dem Polytechnikum zu Hannover; nach ihrer Vollendung war er zunächst mehrere Jahre auf größeren Werken zum Bau für Schiffs maschinen in England tätig, gründete dann an fangs der 60er Jahre die Baroper Maschinen fabrik und leitete sie, bis er im Jahre 1866 als technischer Direktor der Essener Maschinen fabrik, einem Teil der jetzigen Union in Essen, angestellt wurde. 1869 trat er in die Dienste des bekannten Dr. Strousberg, indem er als Nachfolger von De nis Betz die Leitung der Dortmunder Hütte über nahm. Diese bestand, als Dr. Strousberg sie im Jahre 1867 von Gustav Arndt & Co. kaufte, wesentlich nur aus ziemlich veralteten Puddel- und Walzwer ken für Herstellung von Profil- u. Handelseisen. Sie war von Blass’ Vor gänger ausgedehnt wor den durch Errichtung eines neuen Puddel Werks Er war der Mann, vor keiner Schwierigkeit zu rückzuschrecken und die Kritik der Fachgenossen und Konkurrenten über seine weitausgedehnten Pläne, zu denen man „ungezähltes Geld“ haben müsse, ruhig über sich ergehen zu lassen. Leider wurde die ganze Arbeit durch die Kriegsereignisse des Jahres 1870 sehr gestört. Dr. Strousberg hatte in einer Art und Weise industrielle Verpflichtungen und Arbeiten über nommen, wie sie für einen einzelnen Mann, der ohne große Bankverbindungen arbeitete, wohl einzig dastehen; er hatte den Bau der rumäni schen Eisenbahnen, der Hannover - Altenbeke ner, der Halle - Sorau- Gubener Eisenbahn, der Ungarischen Nordost bahn gleichzeitig in Ar beit, dazu kam die Er werbung der Antwerpe ner Zitadelle, an welche er mit dem Betrage von 11000 000 Fr. heran getreten war, der An kauf der fiskalischen Herrschaften und Indu strialien in Zbirow in Böhmen zum Preise von 11 Millionen Gulden, der Ankauf und die Ausge staltung der Lokomotiv- fabrik in Linden bei Han nover , die Erwerbung der Neustädter Hütte, der Bau der Hochofen werke Othfresen a. Harz und einer Räderfabrik. Blass projektierte nach Ideen seines genialen Auftraggebers eine Anlage von einer Ausdehnung und Mannigfaltigkeit, wie sie in Deutschland, aus einem Guß hergestellt, bisher nicht bekannt war. Die Hütte war zu ergänzen durch ein Hochofenwerk, Bessemerstahl-, Hammer und Walzwerke, Bandagen- und Achsenfabrik, Brückenbau-Anstalt und Konstruktionswerkstätten aller Art. Die Pläne wurden entworfen von Hermann Gmelin und Hans Lüders; die Aus führung der Bauten übernahm für das Hochofen werk E. Holz, für das Stahlwerk Carl Malz. Dabei sollte nach dem Wunsche des Auftrag gebers in keiner Weise in dem Sinne gespart werden, daß nicht die neuesten und besten Ein richtungen gewählt würden. Auf die Ausführung der Arbeiten hatte zwar Strousbergs Bevoll mächtigter, der damalige Regierungsbaumeister Siemsen, Einfluß, in der Hauptsache aber waltete Eduard Blass, ausgerüstet mit größter Vollmacht. und eine Anzahl kleinerer Unternehmungen. Es wurde dem großen Unternehmer unendlich schwer, die Kriegszeit zu überstehen und seinen Verpflich tungen gerecht zu werden und somit die zahl reichen Existenzen zu erhalten, welche von ihm abhängig waren. Den größten Teil seines Ver mögens hat der geniale Mann darüber auch ein gebüßt, denn die Bedingungen, zu welchen er sich bare Mittel verschaffen mußte, waren der Natur der Dinge nach sehr harte. Blass verlor in der schwierigen Finanzlage, in die auch das von ihm geleitete Unternehmen kommen mußte, keinen Augenblick das Vertrauen zu seinem Patron und zu sich selbst; alle Sorgen dieser Zeit hinderten ihn nicht, selbst den tech nischen Einzelheiten alle Aufmerksamkeit zu schenken, mit seinem Hochofendirektor eine Reise nach England zu machen, um die dort neu auf kommenden Regenerativ-Winderhitzungsapparate zu studieren. Man stellte in Dortmund nach reif-