Volltext Seite (XML)
nen? Wie den noch nicht Dreißigjährigen das Gehörleiden überfallt, das ihn zur Flucht aus der Gemeinschaft zwingt, wie es aber auch seine Kunst immer mehr verinnerlicht und ihn zum leuchtendsten Beispiel für den Sieg des Geistes über die Materie, des Willens über die Dumpfheit der Lebensumstände, des Huma nismus über den Egoismus, des Genies über den Alltag macht? Beethovens Leben liegt - wie bei so intensiven Studien und einer so umfangrei chen Literatur über ihn gar nicht anders denk bar ist - ziemlich offen vor dem Betrachter. Und doch gibt es zwei Punkte, über die letzte Klarheit nie erzielt werden konnte. Der erste be trifft des jungen Komponisten angebliche Reise nach Wien, um Mozart vorzuspielen. Trotz einer Reihe von Anekdoten, die sich um dieses Geschehnis ranken, kann niemand mit Sicher heit behaupten, daß Beethoven im Jahre 1787 tatsächlich bis Wien und damit zu Mozart ge langte. Er scheint durch die schwere Erkrankung seiner geliebten Mutter zur schleunigen Um kehr bewogen worden zu sein, ob aus Süd deutschland oder aus Wien, weiß niemand ge nau. Erst einige Jahre später trat er diese Reise mit Sicherheit an; Wien wurde seine zweite Heimat, er ihr Ehrenbürger und einer ihrer ge- achtetsten Söhne. Ungeklärt ist auch die Identität der .unsterbli chen Geliebten“, an die der einzige bekannte Liebesbrief von der Hand des Meisters gerich tet ist. Lange Zeit riet man auf Therese von Brunswick, aber neuere Forschungen (die buch stäblich kein noch so winziges Detail des berühmten Briefes unberücksichtigt ließen) denken weit eher an deren Schwester Jose phine, die Beethoven während längerer Zeit sehr nahestand, aber durch äußere Lebens umstände - Unterschiede im sozialen Niveau vielleicht in erster Linie - an einer dauernden Verbindung mit ihm verhindert wurde. Das Werk, das Beethoven bei seinem Tode hin-