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18. Jahrhundert die musikalische .Wissen schaft* (= Kompositionstechnik) nannte. Nicht umsonst hatte er seine Studien noch zu einem Zeitpunkt fortgeführt, als er selbst schon ein „geborener Meister“ war, wie sein Lehrer Simon Sechter meinte. In der Nachfolge der großen Klassiker ent wickelte Bruckner einen monumentalen Sin fonietypus. Beethovens Erbe schreckte ihn nicht, wie noch Brahms, der einen „Riesen hinter sich marschieren“ hörte. Rein äußerlich dehnte Bruckner die Satzdimensionen gewaltig und legte den Ecksätzen drei umfangreiche Themenkom plexe zugrunde (im Gegen satz zur klassischen Sinfonie mit zwei kontrastierenden Themen). „Seine langsamen Sätze sind an Spannweite, Er habenheit und Großartigkeit von keinem Komponisten Überboten wor den, und seine Schlußsätze sind an Gewicht und Bedeutung den Kopfsätzen durchaus ebenbürtig. Die Modernität und Kühnheit seiner Harmonik erwecken noch heute Be Bruckner und Brahms; Scherenschnitt von Otto Böhler wunderung“ (Constantin Floros). Bruckners Werke gerieten oft romantischer als etwa die seines Zeitgenossen Brahms. Auf alle Fälle aber wirkten in ihnen unge heure emotionale Kräfte. Bruckners Sinfonik ist in hohem Maße Ausdrucksmusik. Einem Kritiker wie Hanslick, der auf vollendete Formgestaltung eingeschworen war, mußte Bruckners gesamte Sinfonik als Ungeheuer lichkeit erscheinen. Dieser Rezensent, dem Wagner in seiner Beckmesser-Figur der „Meistersinger“-Oper ein karikierendes Denk mal setzte, glaubte feststellen zu müssen, daß diese Sinfonien nicht im klassischen