jähriger zog er nach Linz. In dem nahen prachtvollen Kloster von St Florian bildete er sich zu einem der besten Organisten sei ner Zeit aus. Und er war bald vierzig Jahre alt, als er seine monatlichen Fahrten nach Wien aufnahm, um bei Simon Sechter, einer Autorität im Kontrapunkt, zu studieren. Mit vierzig erst begann er, seine erste Sinfonie zu schreiben. Doch Bruckner glaubte nicht an sich, war unsicher, menschenscheu. Das hinderte ihn auch daran, sich jemals in Wien, der großen Kaiser-, vor allem aber Musik stadt wahrhaft einzugewöhnen oder gar wohlzufühlen, obwohl es schließlich an Anerkennung nicht fehlte. Höhere Posten wurden ihm angeboten. Er nahm sie an, eine Orgel- und Kontrapunktprofessur, eine Anstellung als Hofkapellorganist und als Kompositionslehrer. Richard Wagner hat er bewundert, ihn zum Leitstern seines Schaf fens auserkoren. Das bedeutete im wagner feindlichen Wien einen schweren Stand. Ob wohl Brahms ihm persönlich nicht feindlich gesinnt war und Hanslick als Musikrezensent ihn nicht aus purer Bosheit „verriß“, mußte er viele boshafte Angriffe und die natürliche Feindschaft der Brahms-Hanslick-Gruppe er tragen: „Wagnersche Orchestereffekte, wie das Tremolo der geteilten Violinen in höch ster Lage, Harfen-Arpeggien über dumpfen Posaunenakkorden, dazu noch die neueste Errungenschaft der Siegfried-Tuben ...“, schnaubte Hanslick. Und selbst Brahms konnte es nicht lassen, im Freundeskreis hämische Bemerkungen zu machen. Er meinte, daß die Pfaffen von St. Florian den Kollegen auf dem Gewissen hätten und seine Sinfonien nichts als Schwindel seien, der bald vergessen sein würde. Das mag nach einer Fehleinschätzung klingen, oder war da vielleicht doch etwas Neid dahinter? Brahms Eduard Hanslick (1825 - 1904) war über viele Jahre sowohl hoch geschätzter als auch stark gefürchteter Musikkritiker in Wien und Autor des oft mißverstandenen Bu ches „Vom Musikalisch- Schönen“ („Der Inhalt der Musik sind tönend bewegte Formen“). Obwohl er sich dem Wiener Klassizismus und der Romantik ver bunden fühlte, sich da mit auch eher Brahms zuneigen konnte, be gleitete er anfangs durchaus Bruckners Werk mit einiger Aner kennung. Doch schließ lich traf sein Bannstrahl nicht nur seinen ver schworenen Gegner Wagner, sondern auch dessen getreuen Ge folgsmann Bruckner.