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(29. Fortsetzung.) Hcrdilh eilte die Treppen hinunter Gott sei Dank!, jetzt lies sie niemandem in die Arme; lie würde pünMlch draußen sein können Flink schwang >ie sich aus die Elektrische, fuhr bis Potsdamer Platz. Dürt stieg sie aus. Gerade leuchtete »as rote Stopplicht auf. Sic mußte warten - eine Reihe Amos war neben ihr. - „Guten -rag, gnädiges Fräulein", klang plötzlich eine stimme. Lie fuhr herum. Sie war mit ihren Gedanken lchon ganz draußen in Blumenbrügg. Beim Boot. Bei Hobst. Bei den Kameradinnen. Sie sah in ein lächelndes Männcrgcsicht. Herrgott, das war doch der Herr von damals. Und das war ja auch sein Auto, mit dem sie damals vom Bahnhof Babelsberg nach ttlumcnbrügg gefahren war. „Wie geht es Ihnen, gnädiges Fräulein?" „Dante, gut!" „Wohin wollen Sie? Wieder nach Blumenbrügg? Bin ich indiskret?" „Rein, nur ein guter Beobachter. Ich will wirklich rach Blumenbrügg." „Mit der Bahn?" „Ja, da ich kein Auto zur Verfügung habe." Herdith ging auf den lustigen und dabei doch durchaus richt kecken Ton des Unbekannten ein. „Aber Sic haben ja eins zur Verfügung — nämlich »eins. Darf ich Sie hinausfahren?" Vor Herdiths Geist tauchte die Bahn auf: jetzt nach Acschäftsschluß, überfüllt vo» Menschen, heiß und stickig, dagegen eine Fahri in dem schönen Wagen: Luft, Frische, ^nd das Schönste: man war schnell draußen. Schnell bei Zobst. „Gern, wenn Sie mich mitnchmcn?" „Ich wüßte nichts, was ich lieber täte. Bitte schön!" Herdith schlüpfte schnell ins Auto hinein. „Gut so", lobte der junge Mann, als sie mit einem nergischcn Schwung die Tür zuklapptc. „So machl's ein ;clcrnter Autobcsitzcr." „Zeigt der sich an der Art des Türzuschlagens?" lachte perdith. Der junge Mann nickte ernsthaft: „Doch! Wer selten Auto fährt, behandelt die Tür immer mit einer unangebrachten Zartheit. Der Erfolg ist: mitten in der Kurve geht sie auf. und man fliegt raus! kSer mit einem Auto ordentlich umzugchen weiß, der nacht die Tür zu, wie es sich gehört* Sie sausten weiter. Potsdamer Straße — die Schilder Aogcn vorbei. Ein gutes Tempo legte der junge Mann ,or. Da — hoppla! „Herrgott, diese Fußgänger! Alle dösen sie über den Fahrdamm." Der junge Mann zog die Bremse scharf an. Beinahe jätte er einen Herrn überfahren, der gemächlich, trotz des ;rünen Lichts, die Straße überqueren wollte. Herdiths Herz hatte einen erschreckten Schlag getan. Dieser dicke Herr da — du lieber Himmel! Jetzt stand er glücklich aus einer Schutzinsel und starrte halb erschreckt, ,alb begriffsstutzig dem Auto' nach. „Da hätten wir beinahe den Abteilungsleiter aus ncincm Geschäft gerammt", sagte Herdith. Sie atmete lies aus. Der Schreck saß ihr noch in den Gliedern. „So, Sie sind in einem Geschäft, gnädiges Fräulein?" „Ja, Direttionssckrctärin in der Zentrale der Grosch- witzer Zellstofsabrikcn. Ich heiße Aßmussen. Uebrigens 'indc ich", sie sah ihren Begleiter energisch an, „daß Sie ich auch " Der junge Herr lachte übers ganze Gesicht: „Sie finden, daß ich mich auch vorstellen könnte." „Richtig! Wie gut Sie raten können." „Also", er machte eine kleine, höfliche Verbeugung, .gestatten Sie, gnädiges Fräulein: Thomas Frankhoser, Prag." „Prag? Weiß ich schon — Ihr Prag habe ich über haupt gefressen." „Nanu, was hat Ihnen denn meine liebe Vaterstadt ;etan?" „Ach, wir haben da eine Geschäftsverbindung, die irgert mich von früh bis abends." „So?" fragte Herr Thomas Frankhoser. In seinen Augenwinkeln zuckte es. „Was ist denn das für eine Geschäftsverbindung?" „Ach, die werden Sie nicht kennen. Papiergroßhand- lung Eckmann, Prag." „O doch", sagte der junge Mann ernsthaft, „die kenne ich. Eine große Firma — ich muß alle Tage daran vorbei, wenn ich ins Büro fahre," „Ach so, Sie sind auch in einem Büro?" „Ja, ich bin auch in einem Büro." In den Augen winkeln von Thomas Frankhoser zuckte es immer noch belustigt: „Ich habe eine selbständige Stellung, so Druckerei und so." „Aha, dann sind Sie. ja auch aus der Branche!" „Ja, so ungefähr. Aber warum ärgern Sic sich eigent lich über die Firma Eckmann?" „Weil man zu keinem Abschluß kommt. Unser letztes Angebot haben wir schon vor acht Tagen herausgeschickt. Aber glauben Sie, wir haben eine Antwort bekommen? Nicht in die Tüte! Aber das interessiert Sie wohl nicht," Der junge Herr schwieg. Seine ganze Aufmerksamkeit schien der Wegstrecke zu gelten. Und nnn kam freie Fahrt. Wald. Freier Himmel. Die Häuser blieben zurück. Nur einige kleine Villen und Wochenendhäuser belebte» das Grün ringsum. Herdith sog in vollen Zügen die frische Lust ein. Jbre Wangen, von der Ueberarbeitung etwas bleich, rötcicn sich zart.-Sie hatte die Kappe abgenommen. Ihr blondes Haar flatterte im Winde. Wie eine kleine, goldene Wolke wehte es hinter ihr her. Der junge Mann hielt das Steuer sicher zwischen feinen festen, braunbehandschuhten Händen. Aber er hatte zwischendurch immer Zeit, einen Blick auf seine Nachbarin zu werfen. Herrgott, was war das für ein prachtvolles Mädel! Die Schönheit war nicht die Hauptsache. Es war dieses Klare, Einfache. Sie hatte das, was man bei Thomas Frankhofer zu Hause ein „liebes Gschau" nannte. Er hätte gern mehr von ihr gewußt, als daß sie Sekretärin bei den Groschwitzer Werten und offenbar eine begeisterte Ruderin war. Er hätte öfter mit ihr zusammen sein mögen. Sie näher kennenlernen, ihr Vertrauen gewinnen. Vielleicht Hoppla!, machte der Wagen und wäre beinahe auf den Sommerweg geraten. „Achtung!" sagte Herdith mahnend, „Sie kommen aufs falsche Gleis, Herr Frankhofer." „Achtung, Thomas", sagte auch eine unhörbare Stimme zu Thomas Frankhoser, „du kommst aufs falsche Gleis, wirklich und bildlich. Du weißt doch nicht, ob das Mädchen überhaupt noch frei ist." Und als ob Herdith seine Gedanken erraten hätte, sagte sie jetzt bittend: „Nicht wahr, Sie fahren mich nicht wieder vor das Klubhaus? Misten Sie", sie wurde rot, „es sieht so komisch aus. Es wird am Ende darüber geredet." „Aha!" Thomas Frankhoser sagte es leichthin, aber cs war wie ein kleiner, leiser Stich in ihm, empfunden und auch schon wieder vorbei. „Da ist wohl jemand eifer süchtig, mein gnädiges Fräulein?" „Ja", sagte Herdith knapp. Und dann sah sie Thomas Frankhoser offen an. „Es ist zwar ein Geheimnis, aber ich möchte nicht, daß Sie ein falsches Bild von mir haben. Ich bin verlobt, heimlich, Herr Frankhoser. Mein Ver lobter weiß, daß er mir vertrauen darf. Aber gerade weil unsere Verlobung eben noch heimlich ist, sott man auch den Schein wahren. Offen gestanden: ich wäre auch nicht mit Ihnen gefahren, wenn ich nicht hätte so schrecklich gern schneller hcrauskommen wollen." „Vielen Dank, mein gnädiges Fräulein." Herdith erschrak. „Oh, verzeihen Sie bitte, das war nicht höflich. Abe» so hab ich os nicht gemeint. Ich fahre nämlich schrecklich gern mit Ihnen. Bloß Jobst..." „Also Jobst heißt er, der Herrlichste von allen?"