Volltext Seite (XML)
22 2. 4 UNIVERSITATSZEITUN ORGAN DER SED-KREISLEITUNG KARL MARX LNIVERSITAT UNIVERSITÄT Für die Wissenschaft, die dem Soziali^n^'dient! LEIPZIG LEIPZIG 15. 2. 1963 12. JAHRGANG 15 PFENNIG Unser Bild zeigt Genossen Dr. Harry PAWULA, 1. Se kretär der SED-Kreislei tung (Mitte), bei einem Rundgang durch die Kin derklinik zusammen mit dem Direktor der Klinik, Genossen Prof. Dr. LIEBE (links), und Genossen Dr. RICHTER, Sekretär der Ab teilungs-Parteiorganisation an der Kinderklinik. Ge nosse Pawula, der am Mittwoch der vergangenen Woche die Wahlversamm lung der Parteigruppe Ante an der Klinik be suchte, hatte vorher die Gelegenheit zu einem Ge spräch mit ihnen genutzt. Zum Ausgangspunkt und Hauptinhalt des Ge sprächs machte Dr. Pa- wula die Forderungen Walter Ulbrichts nach Weltniveau auch in der wissenschaftlichen For schung und nach rascher Überführung wissenschaft licher Ergebnisse in die gesellschaftliche Praxis, hier als« in die Praxis ge- sundheitlicher Betreuung. Im Gespräch wurde die Notwendigkeit entschie dener Konzentration auf Schwerpunktaufgaben deutlich. Foto: HFBS (Vogel) Verfassungs diskussion - wie? Was sollen wir tun, da wir das Wort haben, um zum Entwurf der sozialistischen Verfassung Stellung zu nehmen, da wir aufgefordert sind, diesen Entwurf auf Herz und Nieren zu prü fen und gegebenenfalls der Verfassungskom mission Vorschläge zu unterbreiten? Geht es darum, ein juristisches Gutachten zu erteilen? Die Aufforderung kann doch nur so ver standen werden, daß wir diesem Entwurf mit unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit, ihren Entwicklungstendenzen und Bedürfnissen kon frontieren. Dabei prüfen wir den Verfassungs text an Hand der Bilanz und der aktuellen Probleme unserer Entwicklung, und wir mes sen umgekehrt die Reife und den Fortschritt unseres gesellschaftlichen Lebens sowie un serer Tätigkeit an den Thesen des Verfas sungsentwurfs. In,vielen Meinungsäußerungen von Univer sitätsangehörigen, die uns bisher erreichten, wird gerade dieser Aspekt sinnfällig zum Aus druck gebracht. So wenn Dr. Apitzsch vom In stitut für maschinelle Rechentechnik schreibt: „Die neue Verfassung wird die staatsrecht liche Grundlage für eine noch umfassendere Mitarbeit der Bürger sein. Das erfordert ein hohes Bildungsniveau aller Werktätigen. Für mich ziehe ich daraus die Schlußfolgerung, durch enge Verbindung mit der Praxis . . . und durch Fachvorträge an der 1 Volkshoch schule, in Betrieben und Institutionen meinen bescheidenen Beitrag zu leisten." So versetzt uns die sozialistische Verfas sung schon in der Phase der Erörterung ihres Entwurfs in die Lage, unsere Grundpositionen, Grundrichtungen und Grundhaltungen in der täglichen Arbeit und im gesamten Leben unserer sozialistischen Gemeinschaft zu über prüfen und entsprechend einzurichten. Es würde ihrem Inhalt zutiefst widersprechen, wollten wir uns darauf beschränken, einzelne Artikel zu begutachten, zu interpretieren oder darüber zu-meditieren. Denn der Hauptinhalt der Verfassung ist der bestmöqliche Gebrauch der Staatsmacht durch die Werktätigen. Wir aber gebrauchen diese Macht, indem wir bei spielsweise den Artikel 16, wonach die Wis senschaft eine wesentliche Grundlage der sozialistischen Gesellschaft ist, oder die Pflicht jedes Bürgers zur Verteidigung zu Maximen unseres Handelns machen. Alle Potenzen für die Stärkung der DDR zu wecken ist auch Hauptziel der Parteiwah len. So ist es nur natürlich, daß die Verfas sungsdiskussion in diesen Wochen im Mittel punkt der ideologischen Arbeit der Partei steht. Sie ist geeignet, Ziel. Sinn und Nor men der sozialistischen Gemeinschaft als har monisches System sichtbar zu machen und er leichtert es jedem einzelnen, seinen Platz darin zu finden. (Günter Lippold) Wir schaffen die neue Verfassungswirklichkeit Meinungen zum Verfassungsentwurf Die Werktätigen tragen ihren eigenen Staat Es ist im Entwurf (unserer soziali stischen Verfassung — die Red.) nichts mehr zu spüren von jenem Aushandeln der Rechte, der „Frei heiten“ des Bürgers gegenüber dem Staat, wie es die bürgerlichen Ver fassungen kennzeichnet, die ja mit diesen Bestrebungen in der Epoche des antifeudalistischen Kampfes durchaus eine positive Funktion er füllt haben. Der sozialistische Staat ist der Staat aller Werktätigen. Sie tragen ihn. können von ihm nichts erwar ten, was sie ihm nicht selbst geben. So konstatiert das „Gesetz der Ge setze“ im. sozialistischen Gesell schaftssystem die Normen des Zu sammenlebens, der Zusammenarbeit aller Werktätigen zum Wohle des Staates, und da es ihr ureigenstes Staatsgebilde ist, letztenendes auch wiederum zum Wohle jedes einzel nen Bürgers. Damit aber jeder dazu befähigt wird,' am Ganzen mitzuarbeiten, das Ganze dabei auch überschauen zu können, rückt die Bildung der Bürger in einem Maße in den Vor dergrund, wie sie die Väter der bürgerlichen Verfassungen gar nicht in den Blick bekamen. Das Recht auf Bildtmg, eine der großen Er rungenschaften unserer ersten Ver fassung von 1949, ist zugleich eine Pflicht zur Bildung geworden. Der Artikel 16 hat eine zentrale Stel lung im neuen Verfassungswerk. Es geht nicht um irgendeine zeitlos gültige Bildung, die es ohnehin nie gegeben hat. ..Mit dem einheit- lichen sozialistischen Bildungs- system sichert die Deutsche Demo kratische Republik allen Bürgern eine den ständig steigenden gesell schaftlichen Erfordernissen entspre chende hohe Bildung. Sie befähigt die Bürger, die sozialistische Ge sellschaft zu gestalten und an der Entwicklung der sozialistischen De mokratie schöpferisch mitzuwirken." Die Rolle des Lehrers in der sozia listischen Menschengemeinschaft wird damit sehr hoch eingeschätzt. Unsere Aufgaben bei der Um setzung der neuen Verfassung in die Wirklichkeit sind deshalb sehr groß, aber auch sehr schön. Als der Skandal der Telefonüber wachung in Westdeutschland vor einigen Jahren durch die Presse ging, war auch jenes Wort des da maligen Innenministers Höcherlbe- kanntgeworden. mit dem er sich vor seine „Verfassungsschützer“ stellen wollte: Man könnte nicht, er warten, daß sie ständig das Grund gesetz in' der Tasche trügen. Wir können ihm heute versichern, daß dagegen wohl fast alle Bürger, der DDR unseren Verfassungsentwurf bei sich haben, weil es ihnen ein Bedürfnis ist, mitzureden und mit zuhandeln . bei. der' großen Volks aussprache. Die Studenten;, die un sere 'künftigen sozialistischen - Lehrer sein werden, stehen dabei gewiß in vorderster Reihe. ” Prof. Dr. R. Große, Prodekan 1 der Philologischen Fakultät Verwirklichung eines Schillerschen Traumes Manchmal meditieren bourgeoise Kultursoziologen darüber, • daß im „technischen Zeitalter“ die letzte Stunde der Künste schlage. In - unse rer Verfassung wird eindeutig die große Rolle der Wissenschaft, aber auch die große Rolle hervorgehoben, die eine humanistische Kunst im Leben der Bürger der. sozialistischen Gesellschaft spielen wird. Der große deutsche Dichter Fried rich Schiller nannte einmal den „Bau einer wahrhaften politischen Freiheit“ das kunstvollste aller Kunstwerke. Da er daran verzwei felte, es zu seiner Zeit zu schaffen, setzte er seine Hoffnung in eine hu manistische Kunst,, die - vorerst in kleinen Zirkeln — neue Menschen als Bürger einer solchen politischen Freiheit formen und so bürgerlich demokratische Umwälzungen vorbe reiten könne. Dieser humanistische Traum erwies sich als utopisch. Unter Führung ihrer marxistisch- leninistischen Partei erweisen sich die Arbeiterklasse, die werktätigen Bauern und alle anderen werktätigen Schichten der DDR als fähig, gestützt auf die Arbeiter-und-Bauern-Macht und das sozialistische Eigentum an Produktionsmitteln, die Realität des sozialistischen Humanismus zu be weisen und. den Bau einer wahrhaf- ten politischen Freiheit im Schiller schen Sinne mit der Pflege und För derung einer humanistischen Kultur zu verbinden, die vom Volk geschaf fen wird und dazu beiträgt, alle pro duktiven Kräfte des Volkes zu ent- . falten. 1 Prof. Dr. Erhard John Direktor des Instituts für Ästhetik und Kulturtheorie Impulse für Kampf um den Ehrentitel Während in Westdeutschland die hinter verschlossenen Türen und in geheimen Absprachen ausgearbeite- ten Notstandsgesetze die Freiheit des Bundesbürgers, die sie ja so oft zu rühmen wissen, in diktatorischer Form gänzlich beschneiden, wird unsere Verfassung in breiter Dis kussion von allen Schichten unse- rer Bevölkerung besprochen. Die sich hieraus ergebenden Anregun gen werden dann in die endgültige Verfassung Eingang finden, die in wirklich demokratischer Weise den Willen des Volkes dokumentiert. Die im Entwurf niedergelegten Gedanken sind alle von weittragen der Bedeutung und bedürfen eines eingehenden Studiums von Seiten jedes Bürgers. Für mich persönlich war von besonderem Interesse, was im Abschnitt II, Artikel 37, über Ehe, Familie und Mutterschaft so wie im Artikel 16 über Wissen schaft und Forschung und im Arti kel 31 über das Recht auf Bildung ausgesagt wird. Für unser Kollek tiv der Ehe- und Sexualberatung, das sich um den Staatstitel bewirbt, wird die neue Verfassung eine be sondere Verpflichtung sein, in unser Aufgabengebiet noch tiefer als bis her einzudringen und durch An wendung der Gemeinschaftsarbeit die wissenschaftlichen Erkenntnisse schnell in die Praxis umzusetzen. Prof. Dr. med. habil. Lykke Aresin, Oberärztin an der Frauenklinik Brauner Terror sanktioniert Studenten kämpfen mutig weiter Mit der Bundestagssitzung am 9. Februar haben sich die führenden Bonner Politiker an die Spitze des Kesseltreibens gegen die demokrati schen Kräfte in Westdeutschland und Westberlin, insbesondere gegen die oppositionellen Studenten, gestellt. Nachdem die Springer-Dresse in den Tagen zuvor in kaum noch zu über bietenden Drohungen und Hetztira den zu Gewaltaktionen gegen die außerparlamentarische Opposition aufgerufen hatte und nachdem mit Polizeiknüppel und Wasserwerfer in diesen Tagen in Bremen, Bonn, Frei berg, München und anderen Orten Demonstrationen von Studenten und Schülern zerschlagen worden waren, ermunterten Kiesinger, Lücke und Barzel die Polizei zu noch brutalerem Vorgehen. Kiesingers Forderung, De monstranten und Kritiker der Bon ner Politik in Zukunft „ohne jede Verzögerung abzuurteilen“, war fak tisch der Aufruf zur Einsetzung von Standgerichten. SP-Bürgermeister Schütz. Westber- / lin hatte bereits zuvor gedroht, daß außer „rechtsstaatlichen Mitteln ge gen Unruhen“ künftig auch „Selbst justiz“ um sich greifen kann. Die Westberliner BZ kündigte in diesem Zusammenhang „heftige Gegenaktio nen rechtsradikaler“ Kräfte an, und „Bild“ hetzte: „Man darf nicht die ganze Dreckarbeit der Polizei und deren Wasserwerfern überlassen.“ Springers „Morgenpost“ ruft offen die Neonazis gegen die außerparla mentarische Opposition auf den Plan, indem sie feststellt, „man könne Hitler vieles vorwerfen, si cher. doch solche Krawalle hätte er bestimmt nicht zugelassen“. Ungeachtet dieses massiven Druk- kes und der Formierung rechtsradi- kaler Terroristen setzen die demo kratischen Studenten ihren Kampf gegen Sozialabbau, USA-Krieg in Vietnam und Refaschisierung, für eine demokratische Hochschulreform und Mitbestimmung fort. • In München erhoben 600 Studen ten, die einer Einladung des SDS zur Diskussion gegen das widerrechtliche KPD-Verbot gefolgt waren, die For derung: Freiheit für Propagierung des Programmentwurfs der KPD! Freiheit für die KPD! Unter starkem Beifall der Studenten erklärte Ri chard Scheringer vom Initiativaus schuß zur Wiederzulassung der KPD. das Verbot der Partei diene nur der Unterdrückung einer echten Alter nativpolitik. • Eine eindrucksvolle Demonstra tion von über 3000 Hamburger Stu denten gegen den schmutzigen Krieg der USA in Vietnam verwandelte sich am Freitag in eine Anti-Sprin- ger-Demonstration. Vor dem Ver lagsgebäude forderten große Sprech chöre die Enteignung Springers. Etwa 400 Studenten ließen sich zu einem Sitzstreik auf der Straße nie der, um die Auslieferung der ersten Sonnabend-Ausgaben zu verhindern. • In Westberlin verurteilte das Stu dentenparlament der Technischen Universität die unter anderem gegen den SDS gerichteten Anträge der SP- und CDU-Fraktionen im Abge ordnetenhaus. Sie entsprächen einem „unerträglichen totalitären Geist“ mit dem Versuch, politisch unbe- queme Meinungsäußerungen zu un terdrücken. • Mit den Forderungen der Allge meinen Studentenausschüsse in Ba den-Württemberg nach Demokratisie rung der Universitäten hat sich der Betriebsrat des Mannheimer Werkes der Daimler-Benz-AG solidarisiert. „Die Betriebsräte unterstützen um so mehr die Studenten“, heißt es in der Erklärung, „als ihre Forderun gen Parallelen aufweisen zu dem Kampf um eine tatsächliche Mitbe stimmung in den Betrieben“.