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hervorgegangen sei, während sie doch lediglich eine Folge der aufserordentlichen technischen Fortschritte und der Epoche machenden Erfin dungen der Neuzeit, verbunden mit den gewaltigen Anforderungen ist, welche das Zeitalter des Eisenbahnbaues, des Wechsels in der Bewaffnung und Ausrüstung der Heere und Flotten und grofser Kriege an die Eisen- und Stahlindustrie stellte. Jene Fortschritte und Erfindungen war der Einzelne gezwungen sich so schnell und so vollkommen als möglich anzueignen, wenn er nicht Zurückbleiben und von der Goncurrenz ver nichtet werden wollte. Das Mittel, um hier regelnd in die Thätigkeit des Einzelnen einzu greifen und dadurch die Production auf dem Niveau des Consums zu erhalten, war noch nicht gefunden. Unsere wirthschaftlichen Gegner mögen aber glauben, dafs die Industrie, in richtiger Beurtheilung ihrer eigenen Interessen, mehr als jeder Andere erkennt, wie nothwendig es ist, ein zur praktischen Verwendung brauchbares Mittel aufzulinden, um der Ueberproduction einen Damm zu setzen. Die Industriellen sind eifrig an der Arbeit, ein solches Mittel zu finden und eine Verständigung über die Anwendung desselben berbeizuführen. Man hat vielfach vorgeschlagen und in kleineren oder gröfseren Kreisen versucht, durch Abma chungen über eine procentuale Productionsein- Schränkung das Ziel zu erreichen. Diese Ver suche sind, mindestens bisher, stets mifslungen ; denn sie ziehen Schranken, mit -denen die wech selnden technischen und commerziellen Verhält nisse und Anforderungen bei den einzelnen Unternehmungen zu leicht in Conflict gerathen; auch ist die Gontrole über die Innehaltung der eingegangenen Verpflichtung meistens unmöglich. Wenn die Kohlenindustrie, nach einmaligem Mifslingen, zum zweitenmale auf dieser Grund lage den Versuch machen will, zu einer Ein schränkung der Production zu gelangen, so stützt sich die Hoffnung, dafs derselbe gelinge, wohl nur auf den Umstand, dafs bei dieser Industrie die Production des Einzelnen amtlich festgestellt wird. Wir halten den Weg der Preisconventionen, der sich bei einzelnen Zweigen unserer und anderer Industrien bereits in gewissem Grade bewährt hat, für den allein richtigen, wenngleich wir wohl erkennen, dafs für die allgemeinere Durchführung desselben die Zeit noch nicht ge kommen scheint. In unserm vorjährigen Berichte haben wir bereits bezüglich der Conventionen gesagt, dafs dieselben durchaus nicht den Zweck verfolgen, die Preise künstlich zu erhöhen, sondern dafs sie sich die Aufgabe stellen, so weit als thunlich die grofsen Preisschwankungen zu ver hindern, welche häufig in geringen Zeiträumen auftreten' und das Geschäft, sowohl für den Con- sumenten wie für den Producenten, unsicher und verlustbringend machen. Die Preisconvention, die nicht in dem Grade wie die procentuale Pro ductionseinschränkung in die technischen Ver hältnisse der einzelnen Betriebe eingreift, deren Innehaltung aber viel leichter zu controliren ist, wirkt mittelbar auf eine Einschränkung der Pro duction hin; denn es wird die Speculation auf Mehrproduction und auf Verkauf derselben zu Schleuderpreisen beseitigt. Aber, wie gesagt, wir glauben nicht, dafs schon jetzt die Zeit für die allgemeinere Ein führung solcher Conventionen gekommen ist; "denn zur wirklich effectvollen Durchführung der selben gehört ein wirthschaftliches und commer zielles Verständnifs, ein weiter Blick für Vortheile, die sich nicht direct ziffernmäfsig . übertragen lassen, gehört die Fähigkeit, den eigenen Willen und das eigene, nicht selten überschätzte Ver ständnifs dem Willen der Gesammtheit unterord nen zu können, gehört vor allen Dingen ein Mals von Treue und Glauben, kurz eine Combination von Eigenschaften, die, wie zahlreiche Erfahrungen gelehrt haben, nicht bei allen Industriellen ver einigt ist. Das Fehlen einer oder mehrerer dieser Eigenschaften genügt aber, um Einzelne zu veranlassen, lieber aufserhalb der Convention, gleichsam im Trüben fischend, ihren eigenen Weg zu gehen und dadurch den Zusammen- schlufs der Convention zu verhindern, oder als Mitglied dieselbe zu sprengen. Daher haben bis jetzt auch nur solche Con ventionen Stand gehalten und gewisse Erfolge erzielt, die von verhältnifsmäfsig wenigen In dustriellen gebildet wurden. Der Versuch, solche Conventionen zu bilden, mufs unseres Erachtens aber, selbst nach Mifserfolgen, mit gröfster Zähig keit immer wieder erneuert werden; denn nach unserer Ueberzeugung ist dieser Weg der einzige, der die Industrie, ohne schwere Verluste, über die Zeit hinüber führen kann, welche verstreichen wird, bis der zunehmende Consum die vorange eilte Production wieder erreicht haben wird. Wir statten diesen Jahresbericht etwa vier Wochen später wie im vergangenen Jahre ab. Als Ursache dieser Verspätung haben wir anzu führen, dafs uns die Specialberichte unserer Mit glieder in diesem Jahre vielfach verspätet zuge gangen sind — sie laufen noch jetzt, Ende März, ein — dann aber haben uns die, dem Haus der Abgeordneten und dem Reichstage zugegangenen, die wirthschaftlichen Verhältnisse in wesentlichen Punkten tief berührenden Gesetze so intensiv beschäftigt, dafs es uns nicht möglich war, diesen Bericht früher festzustellen. Diese Verspätung setzt uns aber in den Stand, noch einige Worte über die Gestaltung des Ge schäfts in den ersten Monaten dieses Jahres zu sagen. Mit dem Beginn des Jahres gingen die Preise, sowohl für Roheisen wie für die meisten Fabri cat e der Walzwerke noch etwas herunter und erreichten einen Stand, der die Consuraenten fast