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1. August 1895. Industrielle Rundschau. Stahl und Eisen. 743 Beginn des neuen Jahres haben sich die Verhältnisse etwas gebessert, und seit mehreren Monaten ist das Werk in allen drei Abtheilungen so stark beschäftigt, dafs in einzelnen Betrieben Nachtarbeit zur Hülfe genommen werden mufste. Oberschlesische Eisenbahnbedarfs-Actien- Gesellschaft in Friedenshütte. Der Bericht über das Geschäftsjahr 1894 enthält die folgende Einleitung: „Das Geschäftsjahr 1894 hat die Hoffnungen, zu welchen wir uns angesichts der bei Beginn desselben herrschenden freundlicheren Conjunctur- und Absatz verhältnisse berechtigt wähnten, nicht in gewünschter Weise verwirklichen können. Der hauptsächlichste Grund ist in den überaus traurigen ökonomischen Ver hältnissen in Deutschland, insbesondere in der üblen Lage der Landwirthschaft und in dem Umstande zu suchen, dafs vielfach bestehende Anlagen durch Ver besserungen auf eine erhöhte Leistungsfähigkeit ge bracht und — insbesondere in den westlichen Pro vinzen des Reichs — neue Productionsstätten ge schaffen wurden. Die hieraus sich ergebenden überaus schwerwiegenden Consequenzen konnten leider durch die Segnungen, welche der deutsch-russische Handels vertrag für die deutsche und insbesondere für die oberschlesische Eisenindustrie gebracht hat, nicht aus geglichen werden. Der gröfsere Theil des Berichts jahres stand danach unter dem Zeichen einer stetigen Preisabbröcklung in allen Branchen des Walzeisen geschäfts und einer successiven Verminderung des erreichbaren Arbeitsquantums. Was zunächst die Roheisendarstellung anlangl, so sind die ungünstigen Verhältnisse, unter welchen dieselbe in Oberschlesien leidet, die gleichen geblieben. Speciell für uns haben sich die Verhältnisse insofern etwas gebessert, als es im Laufe des Berichtsjahres gelungen ist, die Gewinnung auf unserer in Ungarn belegenen Spatheisenstein- förderung nicht unerheblich zu steigern und zu ver- billigern. Weitere Versuche, in Böhmen Lager guten Erzes zu erschliefsen, führten zu keinem Resultat und mufsten als aussichtslos eingestellt werden. Fort gesetztwird, wenn die oberschlesische Roheisenindustrie im Wettbewerb auf dem deutschen Markte nicht ganz unterliegen soll, auf eine endliche Ermäfsigung der Eizfrachten hingearbeitet werden. Wieviel hierbei für unsere Industrie noch geschehen könnte, ist für uns aus den Selbstkosten ersichtlich, mit welchen wir eine eigene Schmalspurbahn betreiben, welche auf einer Länge von 181/2 km durch das Gebirge von den bei Rostoken, im Zipser Comitat, Ungarn, be legenen Gruben zur Station Marksdorf führt. Die Transportkosten stellen sich einschliefslich Verzinsung und Amortisation noch lange nicht auf die Hälfte des jenigen Betrages, welcher für Erzverfrachtungen auf den preufsischen Slaatsbahnen tarifmäfsig erhoben wird. Das Walzeisengeschäft wies bei Beginn unseres Berichtsjahres einen sehr guten Arbeitsstand auf, allerdings zu Preisen, welche infolge des Vorgehens der verbandslosen westlichen Werke gegen die No- tirungen des letzten Quartals des Jahres 1893 nicht unerheblich und zwar um etwa 15 K f. d. Tonne gewichen waren. Indessen, schon in der zweiten Hälfte des Januar konnte auf Grund der guten Arbeits versorgung und einer gleichzeiligen starken Nachfrage des Handels der Preis für die für das erste Quartal noch disponiblen Mengen um zunächst 5 •K f. d. Tonne erhöht werden. Es war das um so erfreulicher, als zu dieser Zeit der für die oberschlesische Industrie so wichtige russische Markt durch hohe Kampfzölle verschlossen war, neben dem Zurückgehen auch des sonstigen Auslandsgeschäfts, soweit von einem solchen für die oberschlesische Industrie bei ihrer geo graphischen Lage und bei der durch die Sätze des Handelsvertrages zur Unmöglichkeit gewordenen Aus fuhr nach Oesterreich-Ungarn überhaupt die Rede sein kann. Der Schlufs des Quartals brachte den Abschlufs des deutsch-russischen Handelsvertrages und mit ihm, insbesondere der oberschlesischen In dustrie, eine Fülle von Aufträgen, welche von den russischen Consumenten während des Zollkrieges zu rückgehalten waren und für welche bei einigermafsen prompter Lieferung gute Preise bewilligt wurden. Die nächste Folge davon war, dafs die schlesischen Werke auf dem inländischen Markte nur das Eisen verkaufen liefsen, welches der Handel unbedingt in ihren Marken haben mufste und zwar zu Preisen, welche wieder die Höhe derjenigen Notirungen erreichten, wie solche vor dem Auseinandergehen des deutschen Walzwerks verbandes im Spätherbst des Jahres 1893 bestanden hatten. Die weitergehende Hoffnung, dafs sich aus diesen Verhältnissen infolge der so wesentlich ver ringerten Angebotsquote in schlesischem Material, als indirecte Folge des deutsch-russischen Handelsvertrages, das Inlandsgeschäft heben würde, hat sich dann aber nicht verwirklicht. Schon im zweiten Quartal büfste dasselbe mehr und mehr an Lebhaftigkeit ein, so dafs trotz der Zurückhaltung der schlesischen Werke das Angebot des Westens auf dem Inlandsmarkt immer dringlicher wurde. Diese Situation wurde verschärft, als, nachdem Rufsland seinen während des Zollkrieges* zwangsweise zurückgehaltenen Bedarf in vollem Um fange gedeckt hatte und der russische Consum wieder in seine normalen Grenzen zurückgekehrt war, mit dem Nachlassen der russischen Ordres auch der schlesisch-mitteldeutsche Verband wieder arbeitsuchend an dem Inlandsmarkt auftrat. Unter stetig abbröckeln den Preisen und stetig abnehmender Beschäftigung hat das Betriebsjahr ungefähr auf dem Preisniveau, auf welchem es begonnen hatte, geschlossen, ohne dafs die in der zweiten Hälfte des Monats November zustande gekommene Verlängerung des schlesischen Walzwerksverbandes und eine erneute Verständigung mit namhaften Werken der mitteldeutschen Gruppe irgendwelchen Einflufs auf die Preisgestaltung hätte gewinnen können. Das Blechgeschäft bewegte sich ungefähr in demselben Rahmen, wie das Walzeisen geschäft. Abgesehen von einer kurzen Reprise, hervorgerufen durch die nach Wiedereröffnung der russischen Grenze ermöglichte stärkere Ausfuhr, bröckelten die Preise mehr und mehr ab, ohne dafs es bei aller Mühe gelungen wäre, insbesondere für Grobblech, namentlich in den letzten Monaten des Jahres nennenswerthe Arbeitsmengen zu schaffen. Das Geschäft in Eisenbahnmaterial hält sich auch in dem Berichtsjahre in den allerengsten Grenzen. Im ganzen war der Beschäftigungsgrad auf unserem Walz werk in Friedenshütte, auf welchem Eisenbahnmaterial aller Art, Drahtknüppel, Blech, Universaleisen und in geringem Umfange Formeisen erzeugt wird, im Ver- hältnifs zu der Leistungsfähigkeit der Anlage ein so unzureichender, wie wir einen solchen bislang noch niemals zu beklagen gehabt haben. Umfangreiche Betriebseinschränkungen sind die unvermeidliche Folge davon gewesen.“ Von dem nach Berücksichtigung der Abschreibungen zuzüglich des Vortrages aus 1893 verbleibenden Ge winne von 434696,29 • würden danach zur Dotirung des Reservefonds 5 % von 423 727,05 JI = 21186,35 , alsdann zur Zahlung von Tantieme für den Aufsichtsrath und Vorstand der Gesellschaft 10% von 423727,05 . = 42 372,70 (, zusammen 63 559.05 N abgehen. Von dem Betrage von 371 137,24 Jt würde alsdann die Dividende in der vorgeschlagenen Höhe von 3 % mit 360 000 N in Abzug zu bringen sein, so dafs auf neue Rechnung 11 137,24 •« vorzutragen wären.