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1. Juli 1895. Einiges über die amerikanische Maschinenfabrication u. s. w. Stahl und Eisen. 605 was auch innerhalb ganz kurzer Zeit geschieht. Im allgemeinen erlaubt die Gorlifs-Steuerung, im Gegensätze zu den Ventilmaschinen, bei welchen selbst die entlasteten Ventile in allen besseren deutschen Werkstätten unter Dampfdruck sehr genau eingeschliffen werden, so dafs die Aus dehnung keine Rolle spielt, eine ungemein rohe, derartige Rücksichten nicht kennende Herstellungs weise. Die Köpfe für die Gelenke der Corlifs- Steuerung und sonstige Maschinentheile werden durch Stanzen so genau nachgearbeitet, dafs zur Fertigstellung nur noch ein verhältnifsmäfsig ge ringer Theil von Hand und Maschinenarbeit nothwendig wird. Auch gelangt in Amerika kalt gewalztes Eisen vielfach zur Verwendung, welches so exact hergestellt ist, dafs auf die Dreharbeit gänzlich verzichtet werden kann. Bemerkens- werth ist ferner, mit wie wenig Normalgröfsen in Regulatoren in Amerika gearbeitet wird. Die wohlbekannte A. P. Allis Co. in Milwaukee, Wise., welche die Dampfmaschinenfabrication in aufser- ordentlich grofsem Umfange betreibt, hat nur zwei solcher Gröfsen, und man findet in ihrer Werkstätte gewöhnlich eine Reihe von zwei bis drei Dutzend fertiger Regulatoren vor, welche gegebenen Falls sofort an irgend eine Maschine angefügt werden können. In gleicher Weise werden die verschiedenen Gröfsen der Gorlifs- Steuerung nach Möglichkeit auf die kleinste An zahl von Normalgröfsen ausgebildet. Dieselbe Gröfse von Gorlifs-Steuerungstheilen, welche in besonderen Abtheilungen der Werkstätte auf sogenannten Revolverdrehbänken nach Lehren und Stichmafsen hergestellt werden, wird für Gorlifs-Cylinder von 10, 12, 14 und selbst 18 Zoll Durchmesser angewendet und durch dieses Verfahren der Massenfabrication ein ungeheuerer Vorschub geleistet. — Eine grofse Verschieden heit in der Anschauung deutscher und amerika nischer Ingenieure besteht bezüglich der Auf nahme des Kolbengewichtes in Dampfeylindern. Die ersteren gehen im allgemeinen von dem Grundsatz aus, den Dampfkolben schwebend auf der Kolbenstange zu halten und die Kolbenstange in guten, reichlich bemessenen Stoffbüchsen, welche mit langen, entwickelten Grundringen von Bronze oder Weifsmetall versehen sind, zu tragen und zu führen. In Amerika nimmt man das Gewicht des Kolbens einfach in einem Ringstück auf, welches in den Kolben eingelegt ist und zur seitlichen Begrenzung und Sicherung des Kolbens, sowie der Spannringe dient. Der Kolben kann, falls dieser Ring abgeschlissen ist, durch specielle Stellschrauben in der senk rechten Richtung verstellt werden. Ein Durch führen der Kolbenstange nach rückwärts und eine weitere Führung derselben durch eine Stoff büchse und einen Kreuzkopf wird bei der amerika nischen Behandlungsweise überflüssig und würde als ein unerhörter Luxus gelten. Als ein solcher wird auch die Bearbeitung solcher Maschinentheile angesehen, welche nicht • der Natur der Sache nach als Lauf- oder Lager flächen besonderer Bearbeitung bedürfen. Man ersetzt die letztere häufig einfach durch einen gefälligen Anstrich. Bei gröfseren Schwung rädern, deren Gewicht eine Zerlegung nothwendig macht, setzt man die einzelnen Armstücke in solcher Weise in die Nabe ein, dafs nur die Seitenwände eine Bearbeitung erfordern, während die untere Stirnfläche roh gelassen wird. Jedes Segment des Rades wird nur durch genau ein- gepafste Bolzen getragen. Diese Gonstruction gelangte beispielsweise bei dem auf der Welt ausstellung in Chicago ausgestellten Schwung rade der Allis-Maschine zur Anwendung. Aller dings traten dabei auch die Mängel dieses Ver fahrens in die Erscheinung. Man schreitet eben in der Sucht nach Verbilligung der Maschinen bis zur alleräufsersten Grenze. Von dem gleichen Bestreben legt die Art und Weise Zeugnifs ab, mit welcher der amerikanische Maschinenbauer sich über geringe Vortheile, wie solche beispiels weise die Gompression in Dampfmaschinen bietet, hinwegsetzt, gar keine oder doch nur sehr ge ringe Gompression anwendet und als Ersatz dafür den mittleren Druck bei einem gegebenen Expansionsgrade so grofs als möglich hält, um auf diesem Wege die gröfstmöglichste Anzahl von Pferdekräften zu erzielen. Dabei kommt ihm der sehr geringe schädliche Raum des Corlifs-Gylinders, welcher nur etwa 2 bis 3 %, während derjenige der in Deutschland üblichen Ventilmaschinen 5, 6 und selbst 8 % beträgt und daher zu erheblichen Compressionsgraden benöthigt, in hohem Grade zu statten. — In Deutschland construirt man die Fundamentbolzen meist mit sehr gröfsen, gufseisernen Unterlags platten, welche in das Fundament derart ein gebaut werden, dafs die Unterlagsplatten und Muttern von unten zugänglich sind. In Amerika hingegen construirt man die Fundamentbolzen gewöhnlich mit aufgespliefstem unterem Ende, läfst ein Loch in dem soliden Fundamentklotz, stellt den Fundamentbolzen hinein, treibt das aufgespliefste Ende auf ein Keilstück und verschliefst das Loch mit flüssigem Gement. Werden Fundamentplatten angewendet, so verzichtet man jedenfalls darauf, dieselben zugänglich zu machen, und vermauert sie einfach in dem Fundamente. Absperrventile, Rohr leitungen u. dergl. werden von Specialfabriken be zogen, anstatt, wie es bei uns üblich, von den Maschinenfabriken selbst hergestellt zu werden. Was speciell Rohrleitungen anbetrifft, so werden dieselben in Amerika ungemein billig — fertig mit Flantschen, Schraubenlöchern und Verpackung, vollständig zusammengepafst, zu etwa 2 Cents per Pfund = 181/2 Pfennig per Kilo hergestellt. Sehr beliebt sind geschweifste Rohre, welche jetzt meist aus Flufseisen oder Flufsstahl her-