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734 Stahl und Eisen. Berichte über Versammlungen aus Fachvereinen. 1. August 1895. schien mit der Leistung der Dampfkessel in qualitativer Beziehung an der Grenze 75 his 80 % angelangt zu sein und in quantitativer Beziehung hei einer Erzeugung von 12 his 13 kg Dampf f. d. Quadratmeter Kessel fläche und Stunde. Allerdings vermögen Grofswasser- kessel bis zu 25 bis 30 kg Dampf f. d. Quadratmeter und Stunde zu liefern, doch leidet darunter wieder der Nutzeffect. Wird der Kessel forcirt, so bilden sich an den Kesselwänden so viel Dampfblasen, dafs dadurch die Wärmeaufnahme verringert und die Kesselwand glühend wird. In Flammrohrkesseln zeigt sich wegen der geringen Circulirfähigkeit oft nach 5 Stunden Anheizens noch ein Wärmeunterschied von 80" G. an verschiedenen Stellen desselben. Es kann also nur dann ein Fortschritt erreicht werden, wenn man für rasche Circulation des zu verdampfenden Wassers sorgt. Dies ist im Wasserröhren kessel angestrebt, jedoch nur zu geringem Grade erreicht. Ein willkommenes Mittel bietet sich dagegen in der Con- struclion des französischen Ingenieurs Dubiau. Durch dasselbe können nicht nur die Leistungen verdoppelt werden, es läfst sich auch die Ansammlung von Kessel- 1 Wänden des Kessels ver- z. B. in der Weise eingerichtet, hr im Innern des Kessels ein unten offenes Rohr angebracht isl, welches oben eine Beihe pfeifenartiger Röhren trägt, die mit ihren oberen Oeffnungen mit dem Dampfraume des ganzen Kessels in Verbindung sind. Durch die Erhitzung wird Dampf gebildet, der durch die Pfeifen ausströmt und zugleich eine grofse Menge Wasser mitreifst, wodurch das übrige zu erhitzende Wasser des Kessels unten zum Nach strömen gezwungen wird und dadurch in eine rasche Circulation gerälh. Diese Circulation wird so be deutend, dafs das 60- bis lOOfache des ganzen Kessel inhalts in der Zeiteinheit den Dampfapparat passirt. Ein solcher Kessel mit 22 qm Heizfläche genügte voll kommen zum Betriebe einer lOOpferdigen Dampf maschine. Ein anderer Kessel lieferte 120 kg Dampf f. d. Quadratmeter Heizfläche. Der durch einen solchen Circulationserzeugungs-Apparat oder die Rohrpumpe, wie sie Vortragender nennt, gelieferte Dampf ist zudem vollkommen trocken, was bei anderen Con- structionen mit hoher Leistungsfähigkeit bekanntlich nicht der Fall ist. Dr. C. Heinke sprach sodann noch über das Kreislaufgesetz. Diese rein theoretische Ab handlung behandelt den innern Zusammenhang der drei Kreisgesetze, des Ohm sehen Gesetzes, des magnetischen Kreislaufgesetzes und des Gesetzes der Dielectricis. Es folgten dann noch die Vorträge von Dr. O. Schmidt über die Gewinnung von Elektricität auf chemischem und thermo chemischem Wege, und Dr. G. Röfsler über das Verhalten von Transformatoren unter dem Einflufs von Wechselströmen ver schiedenen periodischen Verlaufs. Für die Vorführung technisch interessanter Gegen stände war reichlich gesorgt worden. Die Königlich Bayerische Postverwaltung hatte den Verband ein geladen, das neue im Bau begriffene Vermittlungsamt für Vielfachumschalter zu besichtigen. Die Installation wird von der Firma Fr. Welles in Berlin ausgeführt. Wenn vollständig ausgebaut, wird das Amt 6000 Theilnehmer zählen. Hr. Hummel hatte eine Anzahl seiner neuen Motor - Elektricitätsz,ähler ausgestellt, und die Firma Siemens & Halske führte ihre neuen Abschmelz sicherungen in verschiedener Gröfse vor. Bekanntlich leiden die meisten Abschmelzsicherungen unter dem Uebelstande, dafs bei plötzlich eintretendem absoluten Kurzschlufs die Sicherung allerdings abschmilzt, aber den Strom nicht unterbricht, indem ein Lichtbogen zwischen den Klemmen der Sicherung stehen bleibt, welcher eine Entzündung benachbarter Gegenstände veranlassen kann. Bei dem Nachmittagsausflug nach den Isarwerken wurde zunächst die elektrische Strafsenbahn, welche vom Färbergraben nach dem Isarthalbahnhof führt, besichtigt und benutzt. Die Bahn hat oberirdische Stromzuführung und wurde von der Union Elek- tricitätsgesellschaft gebaut. Die Stromlieferung für die jetzt fertige und etwa 3 km lange Strecke erfolgt vorläufig noch von einer provisorischen Kraft station aus, welche in der erstaunlich kurzen Zeit von drei Wochen erbaut und in Betrieb gesetzt worden ist. Zur Aufstellung kamen zwei Locomotiv- kessel, eine Tandem-Verbunddampfmaschine von Loewe & Go. und eine Compounddynamo der Union. Später wird die Bahn durch die städtischen Elektrici- tätswerke mit Strom versehen werden. Von hervorragendem Interesse für den Elektro techniker ist die Kraftstation der Isarwerke in Höll- riegelsgereuth, welche vom Verbände am Nachmittage besucht wurde. Der Gedanke, die enormen Wasser kräfte der Isar durch elektrische Kraftübertragung der Industrie nutzbar zu machen, rührt vom Ingenieur Heilmann in München her, welcher die Thalenge bei Höllriegelsgereuth als den geeignetsten Ort zur Anlage eines Stauwehres und Ausgangspunkt des Oberwasserkanals wählte. Die gesammte so erzielbare Kraft ist 6000 HP, welche in drei an dem Oberwasser kanal gelegenen Kraftstationen von je 2000 HP ge wonnen werden soll. Vorläufig ist nur die erste dieser Stationen 800 m thalabwärts vom Stauwehr erbaut und mit zwei Turbinen von je 500 HP aus gerüstet. Die Turbinen sind von der Jonval-Type mit Abdeckschützen zur partiellen Beaufschlagung. Jede Turbine treibt mittels einfacher Kegelradüber setzung einen Drehstromgenerator von 500 HP. Die Polspannung beträgt 5000 Volt und die Fernleitung erfolgt durch 8 mm-Kupferdraht, der auf Holzstangen 8 m über der Erde nach Thalkirchen und Mitter sendling geführt ist. Die Stromvertheilung in diesen Orten erfolgt durch Transformatoren und-Vertheilungs- leitungen, von welchen sowohl Drehstrom für Motoren, als auch einfacher Wechselstrom für Beleuchtung entnommen werden kann. In Thalkirchen sind Dreh strommotoren schon jetzt in ausgedehnter Verwendung. Diese Anlagen wurden von den Theilnehmern an dem Ausflug gleichfalls besichtigt. Am Abend wurde das städtische Elektricitätswerk in München unter Leitung des Hrn. Uppenborn besichtigt. Am Sonntag Morgen wurde noch die elektrische Anlage für den Centralbahnhof besucht. Ein Ausflug nach dem Starnberger See brachte die in jeder Beziehung erfolgreichen Verbandstage zum Schlufs. Berg- und hüttenmännischer Verein zu Siegen. Im Monatsbericht für Juli heifst es u. A. Die am 8. d. M. zur Einführung gekommene Ermäfsigung der Kohlenfrachten auf die Höhe des Rohstofftarifs ist hier mit sehr gemischten Ge fühlen aufgenommen worden. Nach einer fast drei jährigen rührigen Thätigkeit, nachdem das Bedürfnifs von allen mafsgebenden Stellen anerkannt, der gute Wille zu helfen, mehrfach ausgesprochen ist, wird eine Ermäfsigung eingeführt, welche in ihrer Gesammt- höhe für die davon betroffenen Werke etwas über