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Vereinigten Staaten bestehen, ist es wohl noth wendig, dafs wir bedacht sein müssen, der Con- currenz, die uns in Zukunft noch in schärferer Weise entgegentreten wird, vorzubeugen und uns zu rüsten, um uns den Inlandmarkt zu bewahren und uns auch unsern Antheil am ausländischen Markt zu erhalten. Dies kann aber nur geschehen, wenn wir selbst billig fabriciren. Es ist in der Commission der Wunsch ausgedrückt worden, das Verhältnifs der Frachten zu den Selbstkosten bei den wichtigeren Artikeln der Landwirthschaft und des Gewerbes einer näheren Prüfung zu unter ziehen. Die Eisenbahnverwaltung ist gebeten worden, eine Untersuchung darüber anzustellen, in welcher Höhe die Frachten, d. h. die Ent fernungen und die Einheitssätze, bei dem Trans port der wichtigsten Artikel in den wichtigsten Relationen im In- und Auslande bestehen. Ich hoffe, dafs bei der aufserordentlichen Wichtigkeit, welche eine solche Untersuchung hat, bei der Uebersicht, die sie uns geben wird über den Ver kehr und über die Bedingungen des Verkehrs, bei dem wichtigen Schlufs, der daraus zu folgern ist in Bezug auf die Höhe unserer Eisenbahn- güterfrachten, die Eisenbahnverwaltung sich dieser, wenn auch grofsen und weitläufigen Aufgabe doch unterzieht und in der Lage ist, uns mit Material in dieser Richtung im nächsten Jahre zu dienen. Wenn wir auf diesem Wege zu Frachtherab setzungen im Güterverkehr kommen sollten, so habe ich keineswegs die Befürchtung, dafs damit die Finanzlage unserer Eisenbahnen geschädigt wird. Wir haben bis jetzt noch immer bei fast allen gröfseren Frachtherabsetzungen das Gegen theil erlebt, und die Mittheilungen, die uns die Eisenbahnverwaltung gemacht hat über die Folgen der Ermäfsigung der Stückgütertarife, geben wieder einen klaren Beweis in dieser Beziehung. M. H., wenn ich von der Berücksichtigung der allgemeinen Lage auf den Eisenbahnetat über gehe, so treten mir da in erster Linie die Gehalts verhältnisse der Beamten vor die Augen. Es wird sich noch bei anderer Gelegenheit die Möglichkeit bieten, die hier noch bestehenden Härten und Ungleichheiten näher zu erörtern; ich unterlasse es daher, hier weiter darüber zu reden. In einer Beziehung hat der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten uns in der Commission eine angenehme Mittheilung gemacht: dafs seine Fürsorge für die Beamten auch in Bezug auf die Kleidung der Fahrbeamten eine warme ist, und er versprochen hat, im nächsten Sommer für zweckmäfsigere und leichtere Bekleidung der Beamten zu sorgen. Wir haben seitens des Herrn Ministers vor einigen Tagen die Mittheilung vernommen, dafs in dem System des Baues unserer Eisenbahnen eine gewisse Aenderung eingetreten ist. Wir werden darauf rechnen können, in Zukunft wieder mehr mit dem Bau von Vollbahnen beschäftigt zu werden als bisher. Es wird aber trotzdem nothwendig sein, den Bau der Nebenbahnen in noch höherem Umfange zur Ausführung zu bringen als bisher; denn es sind noch zu viel Gegenden unaufgeschlossen, die schwer zurückgesetzt werden durch den Mangel an zweckmäfsigen Verbindungen. Ganz wesentlich wird aber der Bau von Bahnen und speciell von Kleinbahnen befördert werden, wenn die Eisenbahnverwaltung sich endlich ent- schliefsen wollte, dem Bau von Kleinbahnen, wenigstens mit Normalspur, soweit entgegen zukommen, dafs sie eine directe Tarifirung dieser Bahnen und die Abgabe der halben Abfertigungs gebühr zuläfst. Es würde das das beste Mittel sein, die Lust zum Bau solcher Bahnen zu fördern. Wir haben allen Grund, im Bau von Voll bahnen weiter zu gehen als bisher. Es ist im vorigen Jahre hier seitens des Herrn Ministers ein Vergleich aufgestellt worden über 2-, 3- und 4 geleisige Bahnen in Deutschland, Preufsen und England. Zugegeben, dafs wir in Bezug auf 3- und 4 geleisige Bahnen nicht hinter anderen Ländern zurückstehen — im Bau von Vollbahnen im allgemeinen stehen wir ganz entschieden zurück. An 2 geleisigen Bahnen haben wir in Preufsen bis jetzt 40%; in England sind dagegen 641/2 % aller Bahnen mit zwei Geleisen versehen. Diese durchgehende Verbesserung ist unzweifelhaft sehr charakteristisch und giebt ein Bild von dem wesentlichen Unterschied der beiden Systeme. M. H., seitens des Hrn. Abg. Dr. Wiemer ist ein Antrag gestellt worden auf Ermäfsigung der Tarife im Personenverkehr. Meine Freunde können sich mit mir zur Zeit in ihrer überwiegenden Majorität diesem Anträge nicht anschliefsen. Wohl dürfte eine Vereinfachung des Personen verkehrs nothwendig sein, und dringend wünschens- werth ist es, dafs die seit Jahren als nothwendig erkannte Reform nun auch endlich einmal zur Ausführung kommt. Nach meiner Meinung wird diese Reform und Vereinfachung unzweifelhaft auf eine Verbilligung in den Selbstkosten der Eisenbahn hinauslaufen; alle Vereinfachungen nach der Richtung hin haben dasselbe Resultat ergeben, und es steht zu hoffen, dafs, wenn dieses Resultat klargelegt ist, dann auch eine Verbilligung der Personentarife mit der Zeit eintreten kann. Aber unklug wäre es, eine derartige Verbilligung in einem Augenblick anstreben zu wollen, in welchem man eine grofse Reform durchführen will, deren Resultate nicht klar ersichtlich sind. Dafs aber die baldige Inangriffnahme der Reform wünschens- werth ist, erscheint schon aus dem Grunde zweck- mäfsig, weil eine solche Reform doch immer mit einem gewissen Risiko verbunden ist, und weil wir ein solches Risiko zur Zeit einer so günstigen Lage, wie wir sie heute im Eisenbahnwesen haben, doch leichter überwinden und leichter tragen können als zur Zeit eines schlechten Geschäfts ganges. Aus diesem Grunde dürfte eine Be schleunigung nothwendig sein, weil sonst zu be-