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1. Januar 1900. Ersparnisse in der Bewegung der Rohstoffe für die Eisendarstellung. Stahl und Eisen. 13 Fluthwelle auf einmal wieder abwärts gehen. Für einen solchen Fall ist es für die Eisenbahn sowohl als für die Frachtgeber besser, wenn dann schon ermäfsigte Tarife eingeführt sind, die gegenüber der dann schwerer fühlbaren ausländischen Concurrenz es der heimischen Industrie er möglichen, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Gerade die Zeit der guten Conjunctur ist die ge eignetste zur Einführung der Tarifermäfsigung. Wohl kann man sich die Frage vorlegen, wie sähe es in unseren Verkehrsverhältnissen aus, wenn statt des staatlichen Verkehrsmonopols das Spiel der freien Kräfte gewaltet hätte. Wäre es dann z. B. möglich, dafs viele Tausende Kokswagen von der Westgrenze leer nach dem Ruhr becken zurückliefen? Kann Jemand darüber im Zweifel sein, dafs zwischen dem gröfsten Kohlen becken und dem mächtigsten Erzfelde unseres Vaterlandes zum Vortheil beider nicht längst eine ganz andere Verkehrsrelation für den beiderseitigen Verkehr hergestellt wäre, als dies heute zum Nutzen des Auslandes der Fall ist, und sollte nicht die Erzzufuhr nach Oberschlesien in höherem Mafse erleichtert sein als jetzt? Wenden wir unseren Blick wiederum auf die amerikanischen Verhältnisse, so lehrt er uns, was freier Wettbewerb zu leisten vermag. Die wichtigsten Eisenbahnfrachten entziehen sich zumeist der öffentlichen Kenntnifs, da die gröfsten Werke, Illinois und Carnegie, für ihre Haupttransporte zur Zeit eigene Wagen, zum Theil eigene Bahnen besitzen. Es ist öffentliches Geheimnifs, dafs die officiellen Frachttarife nur dem Namen nach Gültigkeit haben und dafs Rückvergütungen unter den verschiedensten Vorwänden gang und gäbe sind. „Obwohl ich selbst nicht den officiellen Tarif bezahle, geniefse ich keinen Vorzugspreis, weil alle meine Concurrenten denselben Rabattsatz erhalten,“ äufserte neulich ein amerikanischer Grofsindustrieller, als er über den Einflufs der Trusts auf den Eisenbahnverkehr befragt worden war.* Das Gesetz, welches gleiches Recht und gleichen Frachtsatz für Alle vorschreibt, wird durch Auszahlung von Rabattsätzen für Einrichtung von Lagerplätzen, Werften, für Gestellung eigener Wagen u. s. w. ständig umgangen, und wer die in den Ver. Staaten wirklich gezahlten Frachtsätze ermitteln will, mufs vor allen Dingen trachten, die Vergütungen in Erfahrung zu bringen, die von den nominalen Tarifen in Abzug zu bringen sind. Schon früher ist behauptet worden, dafs Carnegie z. B. vom Erie-See bis zu seinen Hoch öfen bei Pittsburg nicht mehr als 8/10 Cents f. d. Tonne zu rechnen brauche. Neuerdings haben nun die officiellen Berichte einiger Eisenbahngesellschaften es offenkundig gemacht, zu welch’ billigen Preisen in Amerika Kohle gefahren wird und mit ihren Angaben allerdings selbst drüben Staunen hervorgerufen. Nach ihrem Bericht für das am 30. Juni d. J. beendigte Geschäftsjahr hat die Chesapeake & Ohio Railroad im Durchschnitt für die Verfrachtung der Kohle erzielt: Für Kohle zur Seeküste . . . für andere Kohle im Jahre 1892 / f. d. ton-Mile in Cents 0,344 I f. d. tkm ** in 8 . . 0,991 ( f. d. ton-Mile in Cents 0,479 1 f. d. tkm in 8 ... 1,379 1893 1898 1899 0,327 0,289 0,221 0,942 0,746 0,636 0,456 0,333 0,355 1,313 0,959 1,022 Die in erster Reihe angegebenen Frachtsätze beziehen sieh auf Kohle, welche aus Virginien nach der Seeküste durch eine Entfernung von rund 400 Meilen = 640 km gefahren wird. Dieser billige Preis erklärt, wie es möglich ist, dafs Virginia - Kohle frei Schiffsbord zu 88,4 Cents = 3,71 •6 f. d. ton geliefert werden konnte. Ueber ähnlich niedrige Frachtsätze weifs die Norfolk and Western-Eisenbahn auf ebenso weiten Transport von den Pocahontas - Kohlengruben zu be richten, denn sie erzielte im Durchschnitt nicht mehr als 0,397 Cents = 1,143 8 f. d. km Ein nahme; sie soll dabei für Marinekohle bis auf den Satz von 0,25 Cents = 0,72 © f. d. tkm heruntergegangen sein, aber trotzdem noch einen Ueberschufs von 0,127 Cents a. d. tkm ge wonnen haben. *** Aus einer in der neuesten Ausgabe von Poors Manual enthaltenen Zusammenstellung sind die nachstehenden Angaben über die Einnahmen aus dem Güterverkehr entnommen: Allgemeiner Durchschnitt aller Eisenbahnen der Ver. Staaten. 1898 1897 1896 Cents f. d. ton-Meile 0,756 0,797 0,821 Pfennig f. d. Kilometer . . . 2,177 2,295 2,364 Zum Vergleich sei angeführt, dafs die Preufs. Staatsbahnen als Durchschnittseinnahme auf ein Tonnen kilometer hatten: 1898/97 3,70 8, 1897/96 3,75 &. * „Harpers Weekly“ vom 4. November. ** Bei der Umrechnung ist die ton als Netto-ton zu 907 kg und die Meile zu 1,609 km angenommen worden. *** „Eng. and Min. Journ." vom 19. August und 30, September 1899.