Volltext Seite (XML)
1. Januar 1900. Ersparnisse in der Bewegung der Rohstoffe für die Eisendarstellung. Stahl und Eisen. 15 Schlachtrufe hie Eisenbahn, hie Kanal sind bekanntlich noch nicht verhallt und auch die Verhand lungen in der Commission, welche im Sommer d. J. im Preufs. Landtag zur Behandlung des Rhein- Elbe-Kanals eingesetzt war, haben kein weiteres Licht in das Dunkel der Selbstkostenfrage gebracht, denn in dem diesbezüglichen Bericht wird ausdrücklich festgestellt, dafs der Versuch einer exacten Lösung des Problems der Concurrenzfähigkeit des Kanals gegenüber der Eisenbahn durch eine Vergleichung der beiderseitigen Selbstkosten herbeizuführen, mifslang, weil eine Klarheit über die Höhe der Selbstkosten der Eisenbahn nicht zu erzielen war. Sehr werthvolle Anhaltspunkte über das Verhältnifs der Transportkosten enthält das mit Zustimmung des Königl. Preufsischen Arbeitsministeriums veröffentlichte hochbedeutsame Werk Symphers „die wirthschaftliche Bedeutung des Rhein-Elbe-Kanals“. Verfasser giebt u. a. eine graphische Darstellung der Frachtkosten für Massengüter auf Eisenbahnen und Wasserstrafsen, indem er für den Kanalverkehr A. Kanalfrachten ohne Eisenbahnanschlufsfrachten und ohne Kanalabgaben und Nebenkosten, B. Kanalfrachten ohne Eisenbahnanschlufsfrachten aber einschliefslich Kanalabgaben, C. Kanalfrachten mit 0,8 A Eisenbahnanschlufsfracht von Abgangsort einschliefslich Kanal abgabe und Nebenkosten, D. Kanalfracht mit 1,80 JI Eisenbahnanschlufsfracht am Abgangs- und Ankunftsort ein schliefslich Kanalabgabe und Nebenkosten, zu Grunde legt und für den Eisenbahnverkehr die Specialtarife I bis III, den Ausnahmetarif 5 für Wegebaumaterialien, den Rohstofftarif und den niedrigsten Kohlenausnahmetarif vom Ruhr gebiet nach den Nordseehäfen einsetzt. Wenn auch der als Selbstkosten angesetzte Betrag von 8/10 8 f. d. tkm bei Massengütern absolut als hoch anzusehen ist, so dürfte der Vergleich doch ein im allgemeinen zutreffendes, sehr dankenswerthes Bild liefern. Die dergestalt gewonnene graphische Darstellung (siehe Abbildung 6) spricht für sich, sie zeigt, in welchen Entfernungen in den verschiedenen Fällen die Kanalfracht sich billiger als der Eisenbahntransport stellt. Wir sehen, wie die reinen Kanalkosten (Fall A) bereits auf verhältnifs- mäfsig kurzer Entfernung, nämlich 15 km, sich billiger als der Eisenbahntransport stellen; dafs zwischen rund 50 und 160 km die Kanalcurven, trotz der hohen Abgabe von 1/2 © die Eisen- bahncurven durchschneiden, so dafs über letztgenannte Entfernung hinaus die Kanalfracht unter allen gegebenen Voraussetzungen billiger als der Eisenbahnweg ist. Es ist bekannt, dafs in der richtigen Erkenntnifs der auch aus dieser Darstellung hervor gehenden Wichtigkeit der Wasserstrafsen für unsere Massentransporte diejenigen Kreise, welchen die Sorge für die billigste Bewältigung der Massentransporte obliegt, für den Ausbau unseres deutschen Wasserstrafsennetzes seit Jahren unablässig bemüht sind. Die Bestrebungen des Ostens nach neuen Kanälen und weiterem Ausbau der vorhandenen Wasserstrafsen haben nicht aufgehört; zu Anfang der 80er Jahre machte sich das Bedürfnifs nach Kanalisirung der Mosel geltend, es kann bei unseren eigenartigen hydrographischen Verhältnissen keine Frage sein, dafs die als Mittellandkanal geplante Verbindung von der Elbe zum Rhein nicht nur unserm Verkehr in hohem Mafse förderlich sein würde, sondern dafs zur Ausführung der Theilstrecke Dortmund-Rhein dringende Nothwendigkeit vorliegt; denn nicht allein die, namentlich für die weiteren Strecken erstrebte, Verbilligung der Frachten ist das treibende Agens der Kanalfreunde, nein, die bittere Nothwendigkeit, die Ueberanstrengung der Eisenbahnen und die dadurch hervorgerufenen Neben erscheinungen sind es, die zur ausgiebigen Zuhülfenahme der Wasserstrafsen treiben. Namentlich ist dies der Fall im Ruhr-Revier. Der Eisenbahnminister selbst bezeichnete in der letzten Sitzung des Abgeordnetenhauses wiederholt die dortigen Verkehrsverhältnisse als gespannte und das auf den Bahnhöfen herrschende Gedränge als besorgnifserregend; in Station Wanne z. B. sei die Anzahl der täglich dort ab gelassenen Züge 485, zu deren Bewältigung 427 Beamte angestellt sind. Der Verkehr hat sich dort mittlerweile bis auf 21741 Doppelwagen an.einem Tage gesteigert, welche von den Zechen und Werken abgeholt, nach Richtungen rangirt, in Schleppzügen den Sammelbahnhöfen zugeführt und von dort in 435 Zügen, zu je 50 Wagen gerechnet, versandt wurden. Es ist dies eine staunenswerthe Leistung, die aber auch der Grenze der Leistungsfähigkeit nahe kommt. Der Eisenbahnminister bezeichnete damals gleichzeitig eine Ausführung von Parallelschlepp bahnen, welche den Güterverkehr zur Hauptsache aufnehmen sollten, unter den obwaltenden Ver hältnissen als unmöglich, während der Handelsminister die Kosten für einen viergeleisigen Ausbau der Strecken selbst als höher denn diejenigen eines Kanals angiebt. Auch Eisenbahndirector Todt hält die Einzwängung von Schleppbahnen in das vorhandene enge .Netz des Ruhrbezirks für ein verfehltes Mittel, um die steigenden Anforderungen an die Betriebsleistungen anzupassen. Wer die Verhältnisse kennt, kann diesen Ausführungen nur beipflichten. Neue Anschlüsse in das verzweigte