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-93- ”Ach so! Nein, nein - das hier hat nichts zu bedeuten. Verhandeln wird die Richterin Martin. Übrigens sehr sympathisch diese Frau.” Michael starrte den Anwalt an. "Wer führt die Verhandlung?” Der Verteidiger las schon wieder in der Anklageschrift. Neben bei sagte er: "Martin, Richterin Martin - erst ein paar Monate hier. Sehr objektiv.” Später, als er wieder in seiner Zelle war, begriff Michael erst richtig, was geschehen war. Eva, seine Eva, würde also das Urteil gegen ihn aussprechen. Das war Zufall, das war Schicksal - verfluchtes Schicksal! "Was hast du denn?” fragte ihn sein Zellengenosse, ein kleiner Mann, der wegen einer Schlägerei einsaß. Der andere war nicht mehr dazugekommen, den Hieb mit der Zaunlatte zu erwidern. Aus dem Krankenbett spukte er deshalb Gift und Galle gegen seinen Widersacher. Michael schob seinen Hocker unter das Fenster und stellte sich darauf. "Du, das ist verboten”, warnte der kleine Schläger. "Wenn dich die Grünen erwischen..." "Sollen sie doch!" Trotzig stemmte Michael seine Ellenbogen ge^en die Wand. "Das ist mir alles egal." Der dritte Mann in der Zelle war ein Stiller. In den acht Tagen die er einsaß, hatte er kaum den Mund aufgemacht. Er hockte auf seinem Stuhl und blickte trübsinnig vor sich hin. "Krieg’ bloß keinen Koller", sagte er mit monotoner Stimme. "Ich kannte