- 8 - "Gerade du.” Richard Kramer stand auf und setzte sich Eva gegen über. "Du bist jetzt ein Jahr beim Bezirksgericht", sagte er. "Wir waren mit deiner Arbeit immer zufrieden. Jetzt geht es aber um deine Entwicklung. Du sollst das Leben an der Basis kennenlernen. Im Berufungssenat bist du nicht so auf dich gestellt. Wenn du an einem Kreisgericht bist, mußt du selb ständiger arbeiten, bist du Vorsitzende." "Aber ich könnte doch..." Eva verstummte rasch wieder und blickte zum Fenster hinaus in den Sommertag, der ihr von der Mauer des gegenüberliegenden Hauses entgegenleuchtete. Sie hatte so fest daran geglaubt, eines Tages den Vorsitz eines erstinstanzlichen Strafsenats im Bezirksgericht übernehmen zu können. Statt dessen schob man sie an ein Kreisgericht ab. "Was könntest du?" fragte Richard Kramgr. "Ach nichts." Sie schluckte und ihre Stimme klang mühsam be herrscht, als sie weiter sp? ach: "Aber ich bin nicht damit einverstanden. Ich begreife euren Beschluß nicht." Richard Kramer stand auf und ging wieder zu seinem Schreib tisch. "Ich hatte geglaubt, du würdest es verstehen, Genossin Martin", sagte er. "Wir kennen uns seit Jahren - da warst du noch Protokollantin hier. Du müßtest doch genau wissen, wie wichtig es ist, von der Pike auf alles kennenzulernen. Und tu doch nicht so, als wäre das Kreisgericht eine Bestrafung. Etwas unbequemer ist es vielleicht - aber sehr nützlich für dich." Gerade weil wir uns so lange kennen, dachte Eva. Sie war in die Justizarbeit hineingewachsen; erst beim Amtsgericht und