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-88- ihr alles sagte. Es ging unter in.dem einen Gedanken: Ich muß weg vom Kreisgericht, sonst muß ich gegen Michael ver handeln! Und jemanden davon erzählen, daß der Angeklagte Freege so eng mit ihr verbunden war, dazu fühlte sie sich unfähig, nachdem sie so lange darüber geschwiegen hatte und ängstlich bemüht war, daß davon nichts bekannt wurde. Kramer sprach unterdessen weiter:"...du würdest immer sehr objektiv urteilen und sehr gewissenhaft alles prüfen, bevor du entscheidest.” "Meinst du?” "Würde ich es sonst sagen? Nein, Genossin Martin, vor solchen AnfangsSchwierigkeiten streckt man nicht gleich die Waffen. Es mag sein, daß der eine oder der andere Fall schwieriger ist, als du bisher dachtest. Aber mit der Größe der Aufgaben wächst die Kraft." Sie versuchte es noch einmal. "Also ist an eine Versetzung an das Bezirksgericht nicht zu denken?" "Ich persönlich hielte es für falsch", antwortete Kramer. Eva stand auf. Sie dachte: Wenn du wüßtest, warum ich dort weg will, hieltest du es für richtig. Aber sie hatte Angst, ihm die Wahrheit zu sagen. Warum, das wußte sie selbst nicht. Als sie wieder auf der Straße stand, verfluchte sie ihre Feig heit. Den ganzen Tag über hatte sie sich an den Gedanken ge klammert, sie könnte Weggehen vom Kreisgericht und ein anderer Richter würde die Verhandlung führen. Keiner hätte etwas da von erfahren, in welchem Verhältnis sie zu Michael stand. In welchem Verhältnis ich zu ihm stehe, verbesserte sie ihre Gedanken. Die vier Monate hatten den Streit, in dem sie ausein andergingen, hinweggewischt, als wäre er nie gewesen.