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74 Gberlausitzsr Heimatzeitung 2ir. 7 Heute gingen wir nach dem Kapellenberge. Oben bei dem kleinen Gotteshause ruhten wir auf den steinernen Bänken, die um dasselbe gelegt sind . . . Die Stadt Lauban nimmt sich von dieser Seite sehr gut aus. In der Mitte strebt der Nathausturm in die Höhe, und das große Dach überragt alle anderen. Weiter links ist der hohe dicke Kirch turm. Noch weiter, am Ende der Stadt, erblickt man den schlanken Naumburger Turm und vor ihm die Spitztürm chen und blauen Dächer des Magdalenenklosters. Die rechte Seite Laubans begrenzt der runde Brüderturm, neben ihm ist das Franziskanerkloster, und hinter demselben, am Ende der Stadt, die Nikolaikirche und das Tor gleichen Namens. Rechts vom Kapellenberg erhebt sich der „Her mann", vor ihm ist das lange freundliche Tal, der Schleif grund, und weiter hinaus liegt ein Dorf neben dem andern, ein Hügel grenzt an den andern, und zwischen den grünen Äckern ragen abwechselnd die dunklen Laubholzwälder hervor. Auf der linken Seite des Kapellenberges ist der Nonnenbusch, in welchen wir jetzt hinabsteigen. O. Sch. Kokksp ist SÜ6 ssäüs stets ciie i-ie^itige Oueile. Gesellschaft für Lausitzer Schrifttum Tagung in Neugersdorf. Die Frühjahrstagung der Gesellschaft für Lausitzer Schrifttum fand am Sonnabend und Sonntag, dem 15. und 16. März, in Neugersdorf im Fremdenhof „Stadt Zittau" statt. Unter Leitung des 2. Vorsitzenden Fritz Bertram- Lauban fanden sich die Teilnehmer am Sonnabend zu einem geselligen Beisammensein ein, das ihnen Gelegenheit bot, sich über heimatliterarische Fragen zu unterhalten. Am Sonntag vormittag 10 Uhr begann die geschäftliche Sitzung unter Leitung des 1. Vorsitzenden Oskar Schwär aus Dresden. Nach der Bekanntgabe einiger Eingänge und Mitteilungen brachte der Vorsitzende nochmals Herrn Prof. Dr. Müller, dem Löbauer Volkskundler, die herzlich sten Glückwünsche zu seinem 60. Geburtstage zum Aus druck. Längere Beratungen erforderten die vom 2. Vor sitzenden neu entworfenen Satzungen, die in ihrer neuen Form der voraussichtlich im Juni in Bautzen stattfinden- -en Hauptversammlung zur Annahme vorgelegt werden sollen. Herrn Richard Hessel-Neugersdorf wurde für die gute Vorbereitung der Tagung noch der beste Dank ausgesprochen. Am Nachmittag unternahmen die Gäste einen Ausflug in den nahen Wallfahrtsort Filippsdorf mit feiner sehenswerten Wallfahrtskirche. Den Höhepunkt der Tagung bildete die nachmittag um S Uhr beginnende Uraufführung eines fünfaktigen Volks schauspieles von Fritz B e r t r a m - Lauban, betitelt „Um der Scholle willen" im fast überfüllten Saale von „Stadt Zittau". Die Darstellung hatte der noch von der Auffüh rung von Rudolf Gärtners „Glocke von St. Peter" her bekannte Verein „Erholung"-Hetzwalde übernommen. Die ses Laienspiel war mustergültig und legte der Pflege unsrer heimatlichen Mundart-Spielkunst alle Ehre ein. Das Stück selbst ist von ungeheuer dramatischer Spannung und zeigt ganz neue Wege der Mundartdichtung, entrollt ein Seelen gemälde, wie es uns bisher vom Dialekt nur ganz selten gezeigt worden ist. Es bestätigt aber vor allem, daß die Lausitzer Mundart berufen ist, nicht nur ernste Stoffe zu verarbeiten, sondern sogar ernste seelische Probleme so fesselnd und packend zu entrollen, daß der Zuschauer mit dem Eindruck eines großen Erlebnisses erfüllt wird.' Die Aufführung war für Fritz Bertram ein selten schöner Er folg und mit großem, ernstem Beifall wurde er gefeiert. „Llm der Scholle willen" Schauspiel aus dem Bauernleben der Oberlausitz von Fritz Bertram, Lauban Uraufführung in Neugersdorf am 16. März 1930 Zwei Jahre sind ins Land gegangen, seit Wilhelm Friedrich, der Mundartdichter der sächsischen Oberlausitz, die Augen schloß. Damit erwachte die Sorge, daß nun der Born der Heimatdramatik versiegt sei. Dieser Sorge aber ent hebt uns ein Dichter, auf den man in der sächsischen Ober lausitz noch viel zu wenig aufmerksam geworden ist, Fritz Bertram, Lauban, der Dichter der preußischen Ober lausitz. Mit seinem ersten Bauernstück „De Heiroats- annunce" gewann er sich schon vor 25 Jahren auch in der sächsischen Oberlausitz viele Freunde. Aber leider wirkte sich in den vergangenen Jahrzehnten die Trennung zwischen sächsischer und preußischer Oberlausitz auch auf heimatlite rarischem Gebiet noch immer aus. Um so mehr dürfen wir uns freuen, daß Bertram jetzt mit einem schönen Erfolg erneut in der sächsischen Oberlausitz Fuß gefaßt hat, um gewissermaßen ganz im Sinne seines Heimgegangenen Freundes Friedrich für die Spielpläne der Volkskunstspiel vereine auch wieder Neues zu schaffen. Das ist ihm mit seinem Bauerndrama „Um der Scholle willen" vollauf ge lungen. -!- Daß diese Uraufführung gerade in Neugersdorf statt fand, hat seine bestimmten Gründe. Die Gesellschaft für Lausitzer Schrifttum, Sitz Bautzen, hatte sich entschlossen, an läßlich ihrer Frühjahrstagung in Neugersdorf auf Ein ladung ihres Mitgliedes Richard Hessel, die Urauffüh rung eines dramatischen Werkes eines ihrer Mitglieder durchzuführen. Es gingen mehrere noch nicht aufgeführte Werke an den zur Sichtung bestimmten Ausschuß ein und im Einverständnis mit der Spielschar „Erholung" in Hetz walde bei Neugersdorf fiel die Wahl auf das Mundart drama Fritz Bertrams. * Das Stück selbst läßt deutlich erkennen, daß der Dichter nicht nur in seiner eigenen Schaffensart, sondern überhaupt im Rahmen unserer Lausitzer Mundartdramatik neue Wege geht. Er nimmt seinen Stoff aus der uns allen noch in frischer Erinnerung stehenden Kriegszeit und zeigt uns da bei mit großer Überzeugungskraft, daß unser Lausitzer Volkstum mit all seinen Sitten und Bräuchen auch mit seiner Mundart nicht in eine vergangene gute alte Zeit oder in die stille Klause des Dichters gehört, sondern noch zu einem guten Teil in die lebende Zeit. Mitten im Weltkrieg kehrt der Gutsbesitzer Laubner heim. Er hat den rechten Arm eingebüßt und kann nun aus seiner von den Vätern übernommenen Scholle nicht mehr so schalten und walten, wie er gern möchte. Das verstimmt den unglücklichen Mann immer mehr und sein derber Cha rakter wird schroff und kantig, stößt alle von sich und zer reißt selbst die feinsten Fäden zwischen Mann und Weib. Dazu sein Schmerz, daß sein elfjähriger Junge Gustav nicht Bauer werden und den Hof einmal übernehmen will. Die Mutter unterstützt ihren Einzigen in seinem Wunsche, ein Arzt zu werden. So kommt es zum seelischen Zerfall der Familie. Und nun das Unheil, das zur Katastrophe führt. Mit Sorge und Fleiß hat Anna Laubner den Hof allein geführt und instandgehalten. Der Nachbar Heinrich Gerlach hat ihr mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Doch weil sie dem trunksüchtigen Bauer Hilbig gegenüber in