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32 Auch Phokion bat dringend um Verschonung von Vesatzungstruppcn, worauf ihm jedoch Antipater zur Antwort gab: „Wir wollen dir gern Alles zu Gefallen thun, — nur das nicht, was dich und uns zu Grunde richtet!" Manche stellen diesen Vorgang in Abrede und geben an: Antipater habe gefragt, ob — im Falle einer Erlassung der Besatzungstruppen — Phokion dafür Bürgschaft leisten könne, dast Athen den Frieden halte und keine neuen Händel ansange? Als Pho kion schwieg und mit der Antwort zögerte, sei Kallimedon, mit dem Beinamen Karabus, ein hitziger Mann und Demokratenfeind, aufge sprungen mit den Worten: „Wenn dieser Mensch dir Etwas vor schwatzt, Autipatcr, — willst du's denn glauben und die beschlossenen Sachen deßhalb anfgeben?" 28. So bekam denn also Athen seine makedonische Besatzung und als deren Befehlshaber den Menyllus, der übrigens ein freund licher Mann und naher Bekannter Phokions war. Aber diese auf gedrungene Sache kam ihnen doch sehr nbermüthig vor und mehr nur als ein Beweis von frechem Stolz, der seine volle Macht in Anwen dung brachte, keineswegs aber als eine Besetzung des Platzes aus Sicherheitsgründen. Einen bedeutenden Zuwachs erhielt der Jammer noch durch die eigenthümliche Zeit. Denn die Truppen rückten gerade am zwanzigsten des Monats Bocdromion ein, während des Bacchus- fests; es war der Tag, an welchem die Bacchusprocession von Athen nach Eleusis geht. Die Festlichkeiten wurden also völlig gestört, so daß fast Jedermann zu einer Vergleichung der Feier in älteren Zeiten mit der Gegenwart veranlaßt war. „Damals, zur Zeit der großen Heldenthaten (sagte man) haben sich bei den Mysterien Erscheinungen gezeigt und Stimmen hören lassen, wodurch die Feinde vollends in einen betäubenden Schreck geriethen; jetzt aber müssen die Götter bei dem gleichen Culte die jämmerlichsten Leiden Griechenlands mit ansehen, die heiligsten Tage werden geschändet, — die schönsten Tage der Freude können jetzt nur noch den Namen von kläglichen Jammer tagen führen!" Wenige Tage zuvor hatten die Priesterinnen von Dodona in einem Orakel der Stadt angerathen, „die Landspitzen der Diana zu hüten, damit sie nicht in fremde Hände fielen". In jenen Tagen selbst aber bekamen die Binden, womit man bei den Mysterien die Laden