Volltext Seite (XML)
14 blieb stehen. Dann nahm er sie wieder herauf und zog weiter. Und als sie wieder kreischten, blieb er abermals stehen. Und am Ende sagte er: „Ihr mögt noch so laut schreien, — so arg, als ihr könnt, — aber mich sollt ihr nicht verspeisen!" In einem andern Falle war es, daß die Athener von ihm ver langten, sie gegen den Feind ju führen, und als er nicht wollte, hießen sie ihn einen feigen, muthlosen Menschen. „Nun," sagte er, „ihr könnt mich ebensowenig beherzt machen, als ich euch feig; indessen — wir kennen einander!" In einer gefährlichen Zeit war das Volk einmal sehr erbittert über ihn und verlangte Rechenschaft über sein Kommando. „Ei," sagte er, „ihr glückseligen Leute, laßt euch nur vorher retten!" Als sie während des Kriegs sich niedergeschlagen und ängstlich gezeigt hatten, aber alsbald nach dem Friedensabschluß ein großes Maul hatten und gegen Phokion ein Geschrei erhoben, „weil er ihnen den Sieg geraubt habe", sagte er: „Ihr seid doch arg glücklich, daß ihr einen Feldherrn habt, der euch kennt; sonst wäret ihr schon lang verloren!" Mit den Böotiern wollten die Athener einmal über ein Stück Land nicht sowohl einen Prozeß führen, als vielmehr einen Krieg; da rieth er ihnen, „doch lieber mit Worten zu fechten, worin sie überlegen seien, und ja nicht mit den Waffen, wobei sie's nothwendig verlieren müßten!" Als sie ihm ferner einmal seine Vorschläge verwarfen und ihn gar nicht weiter hören wollten, sagte er: „Ihr könnt mich zwingen, zu thun, was ich nicht will; aber Ungehöriges wider meine Ueber- zeugung zu sagen, dazu werdet ihr mich nicht zwingen!" Von den Rednern seiner Gegenpartei sagte einmal Demosthenes zu ihm: „Die Athener bringen dich noch um, Phokion, wenn sie rasend werden!" — „Ja," erwiderte er, „und dich, wenn sie bei Verstand sind!" Als er den Polyeuktus von Sphettos an einem sehr heißen Tage den Athenern zum Kriege gegen Philippus rathen sah, wobei derselbe, ein sehr wohlbeleibter Mann, durch Asthma und Schwitzen oft ge zwungen war, wieder einen Schluck Wasser zu sich zu nehmen, sagte Phokion: „Ganz billig, daß ihr auf sein Zureden hin den Krieg be-