Volltext Seite (XML)
22 mit dem er am liebsten umging und der sein Vertrauen, seine Liebe in besonderem Grade genoß, an seine Seite und sprach: „Die Lage, in welche diese Leute dort unsere Stadt hineingesührt, ist derartig, daß ich sogar, wenn man die Auslieserung des Nikokles hier an mei ner Seite verlangte, euch rathen müßte: liefert ihn aus! Könnte ich selbst für euch sterben, — das würde ich sür mein größtes Glück an- sehen! Es dauern mich aber (fuhr er sort) auch alle die Leute, Athe ner, die von Thcbä sich hieher geflüchtet haben. Für Thebä kann Griechenland nichts mehr thun, als weinen und klagen. Deßwegen ist's besser, zu Gunsten von beiden sich mit Gründen und Bitten an die Machthaber zu wenden, als einen Kampf zu wagen." Den ersten Volksbeschluß soll nun Alexander, als er ihn erhielt, zu Boden geworfen, dabei den Abgeordneten den Rücken zugekehrt und diese stehen gelassen haben. Den zweiten nahm er an, weil er von Phokion überbracht wurde. Denn er hörte von den älteren Personen, daß auch Philippus diesen Mann bewunderte und nicht nur dessen Besuch und Bitten sich gefallen, sondern sich sogar Rath von ihm ertheilen ließ. So rieth jetzt Phokion auch dem Alexander: „wenn er Ruh: wünsche, den Krieg aufzugcben; wenn er aber Ruhm suche, dem Krieg eine veränderte Richtung zu verleihen, — von Griechenland gegen das Ausland!" So machte er noch viele Aeußerungen, die für Alexanders Natur und Absichten trefflich paßten. Dadurch verwandelte und besänftigte er den König dergestalt, daß dieser erklärte: „Die Athener sollten nur auch wieder den großen Ereignissen ihre Aufmerksamkeit zuwenden; denn wenn i h m etwas Menschliches begegne, so gebühre nur ihnen das Regiment!" Privatim machte er den Phokion zu seinem Ver trauten und Gastfreund, dem er so hohe Ehren erwies, wie sie nur Wenige seiner jeweiligen Umgebung genießen durften. So erzählt z. B. Duris, daß Alexander, groß geworden und Sieger über Darius, in allen seinen Briefen die Grußformel wegließ, mit Ausnahme seiner Briefe an Phokion. Diesen allein, neben Antipater, beehrte er bei der Anrede mit seinem: „Gruß zuvor!" Das Nämliche meldet auch Charcs. 18. Was jedoch die Geldsachen betrifft, so ist es anerkannt, daß ihm Alexander hundert Talente als Geschenk zugesandt hat. Al-