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Behugt-Prei» »r L»1p,ia >«d P»r»rt, durch m»s«y Lrägrr und Sv«dtt»»k< 2»»l tialtch tu» Hau» gebrach» WV1. »onaiL. L7V ML »irneljödrl. V«t »»I»n»L»Ual<» ». An» nahmeftellra adaehoU: 7V PL «anatL. LS ML »t»U«tttihrl. »«ch dt* P»«: vmerhalb D«»ilchiand» and brr deutschen Kolonien vtrrtrMhrl. LM monatl. Ichv ML aueschl. Postbestellaeld. Ferner t» Belgien DanemarL de» Donaultaaten. Italien, Luttmdura. srtederland«. Kor» wegen, Onterreta»Ungarn. Rnsiland, Schweben. Schweig a Saaten. Sn alle« bbrigen Staaten nur direkt durch di« Seschäftektell, de» Blatte» erhältlich. Da» Letpilger Tageblatt erscheint 2 mal täglich. Sonn» ». Feiertag» nur morgen». Abonnem«nt,»Annahm«: 2,b„»i»,,H, 8, de» »nieren Trügern. Filialen. Spediteuren »ad Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. St»I«lv«rrauf»pre>, 10 Ps. Morgen-Ausgabe. KMgrr.TagMM TeU-Avsthl. f 14 892 («»«100141»») 14898 (14894 Handelszeitung. 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Das Wichtigste. * An der Leipziger Universität fand gestern am Reformationstage der Rektor wechsel statt. Der scheidende Rektor, Ge- heimratLamprerht gab den Jahresrückblick und künde:« für 1012 einen amerikanischen Ans tatt schprofcssor für Leipzig an. Der neue Rektor, (Geheimrat Heiurici, sprach über dieEigenart des (5 h ri st entu m s. (T. bes. Artikel.) * Rach türkischen Meldungen soll Tripo lis von den Türken zurückerobert Wor ten sein. In Rom werden diese Nachrichten be stritten. (S. bes. Artikel.) * In Hitschang wurden mehrere Mun d'sch n-Beamte von den chinesischen Rebellen getötet. (T. bes. Artikel.) * Das Villenössner Tal in Südtirol wurde in seinem engsten Teile durch einen großen Erdsturz verschüttet. Jeder Verkehr ist un möglich. Die Zukunst üer Lremüen in Lhins. Die Führer der chinesischen Revolutionäre haben wiederholt Proklamationen erlassen, wonach sie den in China wirkenden Fremden sehr gewogen sein, den Rechten, die diese bislang genossen, keinerlei Ab brus «UN »vollen, ,nN» er gelingt, Ile Munvschll-Dy- nastic zu stürzen,' nur sollen die fremden Mächte sich während des Kampfes neutral verhalten. Die Fremden in China werden solchen Versprechungen kaum viel Wert beimessen, und wenn sie gleichwohl eine Politik der Einmischung nicht wünschen können, so Haden sic dafür andere zwingende Gründe. Jede Aenderung der Regicrungsformen in China kann nur in der Richtung weiteren Entgegenkommens zur nationalistisch-demokratisch gestimmten Gesinnung des Volkes geschehen, die wohl einer raschen Ausdehnung des Handels mit fremden Produkten, aber nicht eines durch Fremde kontrollierten Handels förderlich ist. Mancherlei Borgänge, die sich in den letzten Jahren in den chinesischen Vertragshäfen abgespielt haben, weisen schon darauf hin, wessen sich die Frem den dort in Zunkunft alles zu versehen haben. Da wurde z. B. in der Frcmdenniederlassung Schanghais aus Anregung der europäischen Kaufmannschaft vor einigen Jahren ein chinesisches Komitee gebildet, be stehend aus einigen Vertrauensmännern der wichtig sten Gilden. Das Komitee sollte nur dazu dienen, dem Munizipalrat Auskünfte über die vorherrschen den Ansichten in der chinesischen Bevölkerung hinsicht lich schon getroffener oder erst geplanter neuer Maß nahmen zu erteilen. Was aber machten die Chinesen nicht alles daraus? Sie bildeten zunächst ein „be ratendes Komitee", in dem sämtliche Gilden ver treten waren. Dann wählten sie aus dessen Mitte einen „Ausführungsausschuß des beratenden Komi tees", bestehend aus drei namhaften Kaufleuten, zwei Bankiers und zwei Direktoren öffentlicher, unter ' amtlicher chinesischen Kontrolle stehender Institute. Beratendes Komitee und engerer Ausschuß mieteten große Bureauräume und stellten fremde Rechts anwälte als juristische Berater an. Bei der chine sischen Bevölkerung hatte man auf diese Weise die Vorstellung erweckt, als habe sich im Einverständnis mit dem fremden Munizipalrat ein ebenbürtiger chinesischer Munizipalrat gebildet. Ist erst der chine sische Munizipalrat genügend erstarkt, dann wird er durch Entfachung oon Kompetenzkonflikten dem frem den Munizipalrat allmählich immer mehr Boden ab- zugewtnnen und ihn schließlich zu verdrängen suchen. 8 Im Rechtswesen haben die Chinesen im Gebiete der Fremdenniederlassung Schanghais ja schon längst angefangen, die Einflußsphäre der Europäer einzu- engen. Besonders häufig gibt der gemischte Gerichts hof Anlaß zu Streitigkeiten, wo ein vom Taotai er nannter chinesischer Richter zusammen mit dem Ver» treter eines der fremden Generalkonsulate als Bei sitzer über solche Zivil- und Kriminalfälle Recht sprechen, bei denen in der Fremdenniederlassung an sässige Chinesen die Beklagten sind. Die über die Verurteilten verhängten Strafen werden entweder in dem chinesischen Gefängnis des gemischten Gerichts hofs oder in dem Gefängnis vollstreckt, das der euro päischen Stadtverwaltung, dem sogenannten Munizi palrat untersteht. Wegen einer ziemlich harmlosen Meinungsverschiedenheit über diese Gefängnisfrage kam es im Dezember 1905 zu einer heftigen Er regung der chinesischen Bevölkerung. Nach dem ameri kanischen wie dem deutschen Konsul wurde mit Stei nen geworfen, viele Fremde wurden angefallen, Wagen und Auto« angehalten und zertrümmert. Stadthaus und Polizeistation waren Angriffen Lurch den Pöbel ausgesetzt, die Geschäft« mußten schließen, und die Lage erhielt ein so ernsthaftes Aussehen, daß fremde Kriegsschiffe Detachement« landeten und di« Munizipalität au« Fremden beftehende Freiwilligen- korp« mobtWerte. Zwar wurde der Aufruhr dank dem entschlossenen und entschiedenen Eingreifen der Pekinger Regierung ebenso rasch wieder beigelegt, al« er gekommen war, aber wie wenig die Europäer sich sicher davor fühlen können, daß einmal bei an- derer Gelegenheit und ernsterem Anlaß ein gefähr- licher Aufstand aegen sie ausbricht, lehrte das Ver halten der chinesischen Negierung nach jenem Putsch. Sie -ab dem Drangen de« britischen Gesandten, den Tripolis von den Türken rurnckerokcrt? Den für die Italiener weniger günstigen Nach richten, die aus Tripolis eingingen, folgen neuer dings Meldungen, wonach die Türken nicht nur einige Forts der Stadt, sondern diese selbst erobert hätten. Die Kunde von diesem Umschlag der Dinge stammt aus türkischen Quellen. Die offiziöse „Agenzia Stefani" die sich in letzter Zeit in ausführlichen Kampsscyilderungen gefiel, am Ende aber doch zu geben mußte, daß die Italiener ihre ursprüngliche Verteidigungslinie preisgegeben und sich rückwärts konzentriert hätten, weiß von einer Eroberung von Tripolis durch die Türken noch nichts. Dagegen ist aus privaten italienischen Drahtungen ersichtlich. daß man auch in Rom um das Schicksal der Italiener in Tripolis sehr besorgt ist, an deren völlige Ver treibung aus der Stadt aber noch nicht glaubt. Wir lassen hier die im Laufe des gestrigen Tage« einge- laufeucn Depeschen folgen: „Nichts Neues" vor Tripolis. Tripolis, 31. Oktober. (Reutermeldung.) In den letzten beiden Tagen herrschte hier Ruhe. Di« Araber unternahmen keine neuen Angriffe, es ist jedoch fest gestellt, daß sich stark« Streitkräfte in unmittelbarer Nähe der italienischen Linien befinden. Der gestrige Tag war für dir Italiener überaus beschwerlich. Sie gingen gegen zerstreute türkische Abteilungen vor, die sich noch immer in der Oase halten und die Italiener durch Schüsse, die sie nachts gegen die italienischen Stellungen abgeben, beunruhigen. Einzelne Häuser, die den Türken Deckung boten, wurden von den Italienern in die Lust gesprengt. Nach einer Mel dung, die freilich noch nicht bestätigt ist, sind sich die arabischen Stämme durchaus nicht einig darüber, ob k'K «inen nen-n Bnarlik unternehmest »ollen Einige Stämme wären, so heißt es, zum Angriff bereit, wenn sie nicht doch die Stärke des Feindes fürchteten, andere dagegen möchten sich wieder in das Hinterland zurück- begeten. Nach einer Schätzung, die allerdings auf Genauigkeit keinen Anspruch erheben kann, sind in den Tagen vom 23. bis 27. Oktober 4000 Araber ge fallen. Tripolis, 31. Oktober. (Meldnng der „Agenzia Stefani".) Seit gestern ist hier nichtsNeues vor gefallen, abgesehen von einigen unbedeutenden Alar mierungen der Vorposten. Wie gemeldet wipd, soll der Komma udantdertürkischen Truppen mit Hilfe der übrigen Chefs die zwischen den Arabern und Türken aufgetauchten Mei. nungsverschiedenheitenzu beseitigen suchen. Ein gefangengenommener türkischer Soldat erklärte, daß die Türken vor dem Verlaßen von Tripolis und der Oase an jede Familie ein« der Zahl ihrer Mit glieder entsprechende Menge von Gewehren und Munition verteilt hätten: dies würde die Menge der aufgefundenen Waffen erklären. 700 kürzlich ge- fangcngenommene Araber wurden an Bord des Dampfers „Minas" nach den Tremiti-Jnselu gebracht. In Homs ist die Lage unverändert. Türkische Siegesnachrichte«. Konstantinopel, 31. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Wie die „Agence Orientale" mitteilt, haben die Tür ker» in den letzten Kämpfen bei Tripolis einige Punkte südlich der Stadt zuriickerobert und während des Kampfes 18 italienische Geschütze erbeutet. Pera, 31. Oktober. Amtlich wird gemeldet: Tripolis ist nach zweitägiger Schlacht von den Türken wiedererobert. Der Halbmond weht über der Stadt. 7888 Italiener sind ge fangen, 5VV0 getötet, 98 Kauoneu und 37 Mi- trailleusrn erobert. Konstantinopel, 81. Oktober» (Eig. Draht meldung.) Unbeschreiblicher Jubel herrscht seit vorgestern inKonstautinopel, kurz nachdem das Gerücht verbreitet wurde, die Stadt Tripoli» sei oon den Türke« und den mit ihnen verbündeten Arabern p'rückerobert und die Italiener seien unter ««geheueren Verlusten vertriebe« wordea. Die Ge rüchte verdichteten sich im Laufe des gestrige« Tages immer mehr. Am späten Abend gab nunmehr auch das türkische Kriegsministerium eine Be kanntmachung heraus, durch die die Meldungen oon VerEinnahmeTripolisdurchdieTürken bestätigt wurden. Die Begeisterung in Konstan tinopel steigert sich von da an mit jeder Stunde, und man ist mehr wie f? znvr>r entschlossen, eher den letzten Blutstropfen hinzugeben, als Tripolis den Italienern zu überl^.sssn. Konstantinopel, 91. O'to^er. Ocr Mi- nisterdes Auswärtigen, Assim-Bei, hat, wie in de« hiesigen politischen Krrisen verlautet, einem Botschafter mitgeteilt, die italienische Besatzung oon Tripolis hnbe bereit kapituliert. Ans der Pforte find auch heute günstige Nachrichten aus Tripolis cingelaufen, deren Inhalt indessen noch nicht verlautbart wurde. Sorgen in Rom. Rom, 31. Oktober. (Eigene Drahtmeldung.) Die Aufregung in der Bevölkerung ist unbe schreiblich, seitdem bekanntgeworden, daß die offiziellen Meldungen vom Kriegsschauplatz nicht den Tatsachen entsprechen, und seit dem die Blätter in der Lage sind, die ihr über Malta und Chiasso zugehenden Berichte zu veröffentlichen. Diese Berichte treffen mit «inia<u- Verspätung ein Denn ab Malta und Chiasso müsse.r di« Tite^ramin« wegen der Zensurschwierigkeiten al« Eilbriefe weiter befördert werden. Immerhin kommen die Hiobs« posten früh genug. Extrablätter verkünden, daß die Lage der Besatzung in Tripolis sich derartig un günstig gestaltet hat, daß man mit der Wiederein- schiffung der italienischen Truppen rechnen müße. Mailand, 31. Oktober. (Eigene Drahtmeldung.) Dem „Secolo" zufolge ist man an leitender Stelle der Regierung über da« Schicksal der Besatzung von Tri. polis in höchster Sorge. Zwar beJtreitet man im Kriegsministerium di« Richtigkeit der aus Konstanti nopel hier eingetroffenen Meldung, wonach die Türken bereits die Fahne anf den Außen forts oon Tripolis gehißt hätten, aber man ver hehle sich auch im Kriegsmtnisterium nicht mehr die kritische Wendung der Dinge. Der ..Avanti" glaubt, daß di« Italiener Tripolis nicht länger mehr als 24 Stunden halten würden. Homs und Tobruk seien geräumt. Ueber das Schicksal von Benghasi fehle jede authentische Nachricht. General Laneoa verwundet? Neapel, 31. Oktober. (Eigene Drahtmeldung.) Hier erhjilt sich das Gerücht, daß auch der komman» Lierende General Caneoa bei den gestrigen Kämpfen verwundet worden wäre. Der ..Eiorno" meldet, daß die Desertion mehrerer Soldaten tiefbeschämend wäre, die eine Stunde vor ihrer Einschiffung nach Benghasi in Verkleidungen sich oon ihren Truppenteilen entfernt hätten. Wie viel Mann schaften desertiert waren, gibt das Blatt nicht an. Admiral Aubry in Rom. Rom, 31. Oktober. (Eigene Drahtmeld.) Admi ral Aubry, der Kommandant der italienischen Flotte vor Tripolis, ist hier angekommen. Es wird mit den Mitgliedern der Regierung «in« Be- sprechung über die gegenwärtige Lag« haben. Wie es heißt, beabsichtigt di« Regierung mit Rücksicht auf die augenblickliche Situation der Italiener vor Tri polis neue, weitgehende Maßnahmen zu treffen. Angriffe der Italiener aus tiirlische Inseln. Die Gerüchte, daß die Italiener die Besetzung tür kischer Inseln im Aegäischen Meere plane, verdichten sich von Stunde zu Stunde. Zieht man die italienische Niederlage vor Tripolis in Betracht, so darf man es gewiß nicht für ausgescblcssen erachten, daß die Jta liener, durch die erlittenen schweren Verluste aufs äußerste gereizt, ihre Echiffsopcrationen aus türkische Inseln im Aegäischen Meere ausdehnt. Die ita lienische Regierung selbst äußert sich zu diesen Gc Nichten nicht im mindesten, sie bestätigt sie nicht, doch erläßt sie auch kein Dementi, und keine Antwort jit bekanntlich auch eine Antwort. . . . Roin, 31. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Die ita lienische Flotte hat gestern, nach einer Mel dung des „Avanti", die türkischen Inseln Rhodos und Mytilene erfolgreich angegriffen. — Der Korrespondent des Blattes fügt hinzu, daß er diese Meldung nur mit der größten Reserve wiedergeben kann. Man glaubt jedoch allgemein, daß dieser Zusatz nur gemacht worden ist. nm ein Pässieren der Zensur zu ermöglichen. Petersburg, 31. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) In kiesigen diplomatischen Kreisen verlautet, daß in kürzester Zett Kriegsopcrationen im Aegät. sch en Meer zu erwarten seien. In dem Maße, wie diese Möglichkeiten von Tag zu Tag wahrschein licher werden, scheint auch die öffentliche Meinung von Italien sich abwenden zu wollen. In einzelnen Preßorganen werden bereits besorgte Stim men laut, die darauf Hinweisen, daß mit der neuen Wendung der Dinge die Trivolisaffäre, die bis jetzt Rußlands Interessen nicht berührte, von unmittel barer Bedeutung für die russische Diplomatie werden könnte. Es wivd zu verstehen gegeben, daß Ruß. land sein« im nahen Orient eingenommene Posi tionen sich durch militärische Absichten Italiens jeden falls nicht verrücken laßen wird. Die kriegslustige Pforte. Konstantinopel, 31. Oktober (Wiener Ksrrespon- denz-Bureau.) Es verlautet, die Pforte habe an ihre Botschafter Telegramme gesandt, die besagen, die Pforte wünsche keine Vermittlung mehr, sondern sei zum Kriege entschloßen. Eine Abordnung von vier Senatoren und sechs Deputierten soll die europäischen Hauptstädte aufsuchen, um gegen Italien Propaganda zu machen. Protest gegen die Behandlung arabischer Kriegsgefangener. London, 31. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) In einem in der „Times" veröffentlichten, in Paris aufge gebenen Schreiben beschwert sich der dort an sässige, sehr angesehene türkische Staatsangehörige Halil Halid Bey über die grausame Be handlung, die die Italiener den arabischen Kriegsgefangenen zukommen laßen. Das Schreiben schließt mit folgenden Worten: „Während der sonst als bardarisch verschriene Islam sich in jeder Hinsicht durchaus ehrlich und kräftig erweist, zeigt sich di« Handlungsweise der Italiener als ein die moderne Kultur beleidigendes Barbarentum, gegen das alle Nationen die Pflicht haben, energisch Ein spruch zu erheben." Eine deutschfeindliche Verdächtigung. Di« in Turin erscheinende „Stampa" greift Deutschland an, weil es trotz der Bundcsfreundschaft erlaube, daß Fcldmarschall Freiherr von der Goltz in K o n st a n t i n o p c l bleibe und die Kriegsoperationen leite. Dieser Umstand bedeulet einen neuen ernsten und dringenden Grund für die Ausdehnung der italienischen Feindseligkeiten auf das Aegäische Meer. Es sei Gefahr in Verzug. Dazu ist zu bemerken, daß Generalfeldmarschall von der Goltz während der letzten Woche über haupt nicht tn Konstantinopel gewesen ist. sondern in Berlin weilt. Das italienische Blatt hätte sich davon leicht unterrichten können. Taotai Puan Schusung, dem die Schuld an dem Zwischenfall zugeschrieben wurde, abzuberufen, nach, aber nur, um ihn gleichzeitig zum Gouverneur der Reichshauptstadt zu befördern. Und mit dem Nach folger für Schanghai fuhren die Fremden nicht besser. Zwischen ihm und der fremden Stadtverwaltung kam es vor etwa einem Jahre zu einem bemerkens werten Streite. Der neue Taotai hieß es gut, daß der chinesische Richter Schanghais durch seine Häscher in der Fremdenniederlaßung einen Chinesen ge fangen nehmen ließ und ohne weiteres zu viertausend Bambusschlägen verurteilte, weil er ganz ordnungs mäßig einen geringfügigen Streit um Grundbesitz vor dem fremdem Einfluß mit unterstehenden gemischten Gerichtshof anhängig machen wollte. Dabei wurde die Bambusstrafe vor «iniaen Jahren durch «in kaiserliches Edlkt al« barbarisch verboten. Beim 2900. Schlage brach der Unglückliche zusammen. Da« Konsularkorps nahm sich de» Falles an und schickte den englischen, amerikanischen und deutschen Beisitzer für den gemischten Gerichtshof in den Jamen de« chinesischen Richter», wo sie sieben Stunden aus harrten, bis sie es erreichten, daß der entsetzlich zu gerichtete Gefangen« aegen Sicherheit freigelaßen wurde. Gewiß steht dieser Fall nicht vereinzelt da. Mancher Chinese mag heimlich das Vertrauen grau sam gebüßt haben, da« er einem von den Fremden beeinflußten Gerichtshof« schenkte, und offenbar ver folgen die chinesischen Behörden planmäßia den Zweck, durch solche abschreckende Mittel jede Autorität der Fremden bei der chinesischen Bevölkerung ihrer Niederlaßungzu zerstören. Daß die Wirksamkeit der Fremden in China auf den Gebieten des Bahn, und Bergbaues, des Heer- und Schulwesens und besonders der Seezollverwal tung in den letzten Jahren seitens der chinesischen Re gierung immer mehr eingeengt worden ist, ist hin reichend bekannt. Der Krieg Japans gegen Rußland hat m China mit der Furcht vor neuen militärischen Angriffen der Westmächte aufgeräumt. Nur läßt es den Chinesen ihre einstweilen noch etwas hilflose Lag« gegenüber dem begehrlichen Japan geraten er- scheinen, höchst behutsam und langsam oorzugehen, indem sie die Fremden aus ihren einflußreichen Stellungen zu verdrängen suchen, damit diese in der Hoffnung, sich in weniger vorteilhaften Positionen um so sicherer behaupten zu können, doch noch Freunde China« bleiben, die man bereit findet, China gegen über japanischen Forderungen die Stang: zu halten. 0. 0. G P>m»schttal her Held des Ta-es. Ter große Erfolg der Revolutionäre, durch deren siegreiches Vorgehen sich die Regierung zu dem Versprechen gezwungen sah, China eine Kon stitution in umfangreichem Maße M geben, hat im ganzen Lande, besonders in Peking, großen Enthusiasmus anSgelöst. Tem schlauen Diplomaten Zuanschikai fft eS gelungen, in zwei Tagen, seitdem er von der Regierung gewissermaßen zum Diktator ernannt worden ist, mehr ^u erreichen, als in den jahrelangen revolutionären Bewegungen. Puan- schikai ist mit einem Male der .veld dcS Tages und in aller Ntunde. Tie Zeitungen heben seine geschickte Diplomatie und sein energiscbes Vorgehen hervor und sehen bereits jetzt in ihn» den Minister präsidenten des Landes. Tiefe Annahme wird da durch verstärkt, daß Wanschikai bereits die Er nennung eines intimen Freundes Ehao ping-chuu »im Minister des Innern durcbgcsctzt hat und sich dadurch die Leitung in der inneren und äußeren Politik sicherte. Chäo-ping-chun erhält mit der Ver waltung deS Ministeriums des Innern gleichzeitig die Regierungsgesckäste iiber die Stadt Petina selbst und Umgebuna und den Oberbefehl über die Holtz«, des ganzen Landes. Auanschikai ist mit den Re volutionären in Verhandlungen eingetreteu, und (ei ner geschickten Diplomatie dürfte es gelingen, durch neue Versprechungen und Konzessionen diese bald zu bewegen, von weiteren Kämpfen g»,en die Re gierung abzusehen und sicb dem ueugebildeten Regime zu unterwerfen. Pekiu-, 31. Oktober (Reuterburcau). Tas kai serliche Edikt ivird eingehend erörtert. Man nimmt allgemein an, daß es zu spät kommt, um die Revolution zu unterdrücken: obwohl es die bemit- leidenSwerte Verzagtheit der Mandichns enthüllt, besteht Loch die Vermutung, daß cs erlassen ist, um Auanschikai einen starken Hebel für die Per-