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Leipzigs SladtgeschichMches Museum. k'zipzi-, 12. Dezember Der langgehegte und langersehnte Plan, in Leipzig, der Stadt des Handels und der Messen, der Kunst und Wissenschaft, ein Stadtgeschichtliches Museum zu errichten, ist nun zur Wirklichkeit ge worden. In Hieronymus Lotters altehrwürdigem Rathaus wurde gestern mittag vor einem Kreis ge ladener Gäste da» Museum eröffnet. Die LnMehung ües Museums. Lis zum Jahre 1868 mi^en wir zurückgehen, wollen wir die ältesten 'Anfänge des Museums aus suchen: denn damals wurde im März der Verein sür die Geschichte Leipzigs gegründet, dessen Sammlungen den Grundstock des Museums bilden. 2m Laufe von rund vier Jahrzehnten hatten sich dann die Vereinssammlungen dank der aufopfernden Fürsorge ihrer Schöpfer und Pfleger zu einem Museum von stattlichem Umfang und von bedeuten, dem wissenschaftlichen und erzieherischen Wert ent wickelt. Ursprünglich in wenigen Zimmern in der Biumengasse notdürftig untergevracht. siedelten diese Sammlungen alsbald nach der Burgstraße und schließlich in die stimmungsvollen Räume des allen Johannishospitals über, wo sie zuerst das Haupt- geschoß, wäter das zweite Geschoß einnahmen. 2m Jahre 1968 entschloß sich der Verein, seine Samm lungen jchenkungsweiie der Stadt zu überlassen, nachdem die städtischen Körperschaften den Beschluß gefaßt batten, das Alte Rathaus in ein Stadt geschichtliches Museum umzuwandeln. Im April 1909 wurden die Vereinssammlungen Eigentum der Stadt, im Herbst d. I. sand ihre Ueberführung in das Alte Rathaus statt. Das Stadtgeschichtliche Museum verdankt dem Verein für die Geschichte Leipzigs u. a. den größten Teil seines reichen Besitzes an kirchlichen Altertümern sowie an Architekturansichten und Por träts. Mit diesen Vereinssammlungen sind nun in den letzten Jahren kostbare und umfangreiche Be stände aus den Sammlungen der Stadtbibliothek, des Kunstgewerbemuseums, des Städtischen Museums der bildenden Künste und des Vöikermuseums ver schmolzen worden, ferner verschiedene von F. F. Jost letztwillig gestiftete Sammlungen, weiterhin alte Waffen und Kostüme aus dem Fundus des Stadt theaters, endlich eine große Zahl von Reuerwerbungen, die mit städtischen Mitteln herbeigeführt werden konnten, sowie viele wertvolle Geschenke. Der Stadtbibliothek verdankt das Museum die Richterbildnisse lim ganzen 62 Stück), einen großen Schatz seltener Stadt- und Häuseransichten, sowie Sittenbilder und vieles andere mehr, dem Museum der bildenden Küuste u. a eine Reihe kunstgeschicht lich sehr belangreicher Tafelmalereien aus den hie sigen Kirchen, dem Kunstgewerbemuseum u. a. den Gobelin mit dem Urteil Salomonis, sowie die schönsten Stücke der Rüstkammer, dem Völkermuseum eine Anzahl Stangenwaffen aus dem ehemaligen Zeughaus. Oie Grünung ües Muleums. (Die Gesichtspunkte für die Aufstellung der Sammlungen.) In Lotters Bau, dem vielleicht wertvollsten Bau denkmal der deutschen Renaissance, hat das Stadt geschichtliche Museum Leipzigs einen würdigen Raum gesunden, eine Stätte, wie ste schöner und wirkungs voller überhaupt nicht gedacht werden kann. Auch an dieser Stelle gebührt Rat und Stadtverordneten der Dank der Bürgerschaft, daß sie schon in dieser Richtung dem Stadtgeschichtlichen Museum die groß zügigste Förderung zuteil werden ließen, und man wird nicht fehl gehen in der Vermutung, daß die Tatkraft unseres Oberbürgermeisters Dr. Dittrich sich hier mit voller Energie und schönstem Erfolg ms Zeug legte. Schon das Haus ist gewissermaßen das kostbarste Stück des Museums, besonders da es jetzt in so vollendeter Weise durch den Leiter der städtischen Bauten, durch Oberbaurat Scharenberg, restauriert ist. Als dann vor nunmehr zwei Jahren die Stadt in Professor Kurzwelly, der schon in hervorragender Weise bei der Universität» - Jubiläums - Ausstellung sein reiches Können und Wissen, seine warme Liebe für die Geschichte Leipzigs und seine Kulturdenk mäler bewiesen hatte, den richtigen Mann an die Spitze des neuen Museums berufen konnte, war es die erste Ausgabe der Leitung, sich darüber klar zu werden, nach welchen Gesichtspunkten die umfang reichen Sammlungen geordnet und aufgestellt werden sollten. Hierbei galt es, Rücksicht zu nehmen auf das Haus selbst. So kam man zu der, wie sich jetzt zeigt, idealen Lösung, das Museum aus den Räumen herauszugestalten, nicht au» den Sammlungen. Ein kulturgeschichtliches Museum bedarf eben anderer Ordnung als ein Kunstmuseum. Nicht die chrono logische Folge wurde gewählt, sondern eine syste matische Reihenfolge und dies« zugleich angepaßt der Verschiedenheit der Räume des Alten Rathauses. Die Pietät gebot, den großen Saal und die Rats stube in ihrem repräsentativen Charakter zu erhalten, infolgedessen sind diese Räume nicht etwa vollgestopft mit allerhand Ausstellungsgegenständen. Die große Halle ist ganz im Charakter ihrer ursprünglichen Bestimmung als Gerichtsstätte gehalten, der alte Schöppenstuhl Leipzigs hat hier seine Aufstellung gefunden. Und die ehemalige Ratsstube birgt in zwei großen Glasvitrinen einen der kostbarsten Schätze des Museums, den von der Leipziger Schützen- geseuschaft in hochherziger Weise leihweise über lassenen kostbaren Silberschatz der Leipziger Schützen. Hier finden wir auch den berühmten Lutherdecher, eines der schönsten Beispiele für die gebuckelten Deckelpokale de» IS. Jahrhunderts. Aus der einstigen Nuntiatur ist die Rüstkammer entstanden, der kleine Sitzungssaal nahm die sehr umfangreiche und sehr wertvolle Bibliothek und Kupserstichsammlung de» Vereins für die Geschichte Leipzigs auf. Di« hohen, am Nordende des Haupt- geschoßes liegenden Raume mit ihrem hallenartigen Charakter wurden bestimmt zur Aufnahme der Bau- und Kunstdenkmäler, soweit ste sich auf kirchliche Kunst und kirchliches Leben beziehen. Und überall, in allen Räumen, ist mit künstle, rischem Geschmack sparsam ausgestellt worden und so von vornherein einer großen Gefahr begegnet, der stadtgeschichtliche Museen leicht ausgesetzt find: der Gefahr, einer Raritätenkammer zu gleichen. So ist es auch möglich geworden, in den Schau kästen auf der Diele wechselnde Ausstellungen vor- zubereiten au, den reichen Schätzen des Museums an Schriftstücken, Akten, alten Handschriften, wert- vollen kulturgeschichtlichen Druckwerken, Kupferstichen und vielem anderen. Im Obergeschoß, besten Einrichtung noch längere Zeit in Anspruch nehmen wird, werden in erster Linie die Kriegsnöte Leipzig» — wir erinnern nur an die umfangreichen Sammlungen aus den Tagen der Völkerschlacht — ferner Leipzig» Anteil an der Entwicklung der geistigen Kultur, der Wissenschaften, der Universität, der Dichtung, der Musik und des Theaters, und endlich die glänzende wirtschaftliche Vergangenheit Leipzigs, wie sie in der Geschichte der Messen, des Handels und insbesondere des Buch handels, sowie des Handwerks, der Zünfte und Innungen in die Erscheinung tritt, zur Anschauung kommen. Ole Eröffnungsfeier. Die feierliche Eröffnung des Stadtgeschicht- lichen Museums wurde gestern in Gegenwart der beiden städtischen Kollegien, an ihrer Spitze die Herren Oberbürgermeister Dr. Dittrich, Bürger meister Roth und Stadtverordnetcnvorsteher Justiz rath Dr Rorhe, sowie in Anwesenheit des Herrn Kreishauptmann von Burgsdorff als Vertreter der Regierung und einer Reihe von geladenen Stif tern des Museums und Vorständen des städtischen Museums durch einen kurzen Begrllßungsakt im Großen Saal des Alten Ratbauses vollzogen. Wir sahen weiter unter den geladenen Gästen Vertreter der Universität, der wissenschaftlichen und künst- lerischen Vereine usw. Im Namen des gemischten Ausschusses für das Stadtgeschichtliche Museum entbot Oberbürgermeister Dr. Dittrich an dieser Stelle ein herzliches Willkommen: Meine sehr verehrten Herren! Gestatten Sie mir im Namen des Gemischten Ausschusses für Las Stadtgeschichtliche Museum, Sie alle herz lich willkommen zu heißen und unsrer Freude darüber Ausdruck zu geben, daß Sie unserer Ein ladung hier in diesem engeren Kreise, eine Vor besichtigung des Stadtgeschichtlichen Museums vor zunehmen, so zahlreich Folge geleistet haben. Wir haben den Kreis beschränken müssen, weil es uns darauf ankam, zunächst den verehrten Mitgliedern der städtischen Körperschaften und den Gönnern und Freunden, die besondere Beziehungen zu unserem Stadtgeschichtlichen Museum haben, die Möglichkeit zu eröffnen, die Schätze unseres Museums zu über blicken. Ich darf aus dem zahlreichen Besuche wohl den Ausdruck des lebhaften Interesses ersehen, das Sie. meine verehrten Herren, für unser Stadt geschichtliches Museum hegen und sehe ihn als ein gutes Omen für die Zukunft unseres Museums an. Es ist uns eine besondere Freude, daß es uns ge lungen ist, das Museum so weit in dem im Haupt geschosse des Rathauses ausgestellten Teile Her stellen zu können, daß wir noch vor Weihnachten unsrer Bürgerschaft die Möglichkeit eröffnen können, hier Einkehr zu halten. Ich denke, es ist das ein recht sinniges und wertvolles Weihnachts geschenk ,ür unsere Bürgerschaft. Dafür, daß wir unsrer Bürgerschaft das bieten können, sind wir in erster Linie zu lebhaftem und wärmstem Danke unserm Direktor Dr. Kurzwelly und seinem ge treuen Beirat Herrn Dr. Eyssen mit samt dem Stabe der Mitarbeiter verpflichtet. Diese Herren haben namentlich in den letzten zwei Jahren und insbesondere in den letzten Monaten es sich ganz besonders angelegen sein lassen, aus der Fülle des Stoffes ein Ganzes zu schaffen und die Samm lungen übersichtltch darzustellen. Ich möchte mit dem herzlichen Glückwunsch an diese Herren unsern lebhaftesten und wärmsten Lank verbinden, und ich bin überzeugt, daß unsre Bürgerschaft, wenn sie hier in diesen Räumen Einkehr halten wird, diesen Dank und diese Freude voll teilen wird. Ich möchte aber den Ausdruck dieses Dankes er weitern auf die Herren Direktoren unserer städti schen Muieen und insbesondere auch auf den Herrn Oberoibliothckar unserer Stadtbibtiothek. Diese Herren Haden in liebenswürdigster Weise den Wünschen des Herrn Direktors Dr. Kurzwelly Rechnung getragen, wenn er zu ihnen gekommen ist, um die Schätze, die sie bei sich verwahrten, so weit sie stadtgeschichtlicher Natur waren, sür das stadtgeschichtliche Museum zu gewinnen. Ich glaube, meine verehrten Herren, wer Gelegenheit gehabt hat, die Begeisterung der Herren Direktoren für ihre Museen kennen zu lernen, der wird diese Selbstlosigkeit hoch einjcyätzen, die diese Herren in dieser Hinsicht zum Ausdruck ge bracht haben. Ganz besonders möchte ich dem Oberbibliothekar unserer Stadtbibliothek, Herrn Prof. Dr. Kroker, danken. Unsere Stadt bibliothek hat ja eine große Fülle von Schätzen, die mit der Vergangenheit der Stadt zusammen hängen, in sich geborgen. Daß dem so ist, danken wir in erster Lrnie und in ganz hervorragender Weise unserm Heimgegangenen Archivdirektor und Oberbibliothekar Prof. Dr. Wustmann. Er hat mit einer außerordentlichen Ausdauer und Hingabe gesammelt, was ihm mit den verhältnismäßig geringen Mitteln möglich war, Mitteln, die allerdings erfreulicherweise oft von selten Privater und von Stiftungen aufgefüllt worden und hat dadurch uns Schätze erhalten, die uns sonst vielleicht sür immer ver loren gewesen wären. Ich hoffe, daß dieses Zu- sammenwirken, wie es sich gezeigt hat, ein gutes vorbildlich Wirken wird für die Zukunft und nehme daraus die zuversichtliche Hoffnung, daß unsere Museen sich untereinander immer in der selben Weise unterstützen werden, wie wir es jetzt zu unserer Freude konstatieren können. Mit diesem Danke an die Herren Direktoren unserer Museen möchte ich besonders warmen auf richtigen Dank an den Kirchenvorstand zu St. Thomä verbinden, der uns den herrlichen Fürsten stuhl überlasten hat, den die Herren nachher kennen lernen werden, und andererseits auch an den Vor stand der Schützengesellschaft, der durch die Ueber- lastung seines kostbaren Schatzes unser Museum um einen Schatz ersten Ranges bereichert hat. Wir werden diese Schätze, die uns in Verwahrung gegeben sind, treu bewahren, und ich bin überzeugt, daß viele unserer Bürger, die bisher keine Ahnung von ihrem Werte gehabt haben, gerade über diese Gegenstände sehr erfreut sein werden. Weiter möchte ich den verehrten Damen und Herren herzlich danken, die all die Jahre daher schon uns ihr Interesse geschenkt und tatkräftig mit geholfen haben, daß es uns möglich gewesen isr so manches geschichtliche Stück, das auf dem Markte erschien oder uns anaeboten wurde, für unser Museum zu erwerben. Wir haben ja dank der Bereitwilligkeit der städtischen Körperschaften eine gewiße Summe zur Vervollständigung unserer Sammlungen zur Verfügung, aber wie die Herren wißen, die selbst für Museen Kunstwerke erwerben, genügt sie nicht entfernt, um den Wünschen, die die Herren Direktoren für ihre Museen stets haben, zu genügen. Und deswegen richte ich im Anschluß an diesen Dank an die verehrten Herren, von denen wir viele auch hier unter uns begrüßen dürfen, die herzliche Bitte: bleiben Sie uns auch ferner getreu und betätigen Sie ins besondere Ihr Wohlwollen dadurch, daß Sie das Jntereße für unser Stadtgeschichtliches Museum in weite Kreise tragen. Nur dann, wenn alle Kreise der Bürgerschaft sich für die Bedeutung des Stadt geschichtlichen Museums interessieren, »st es mög lich, daß wir die Schätze, die in unserer Stadt noch vielfach in den Familien verborgen liegen, doch vielleicht an das Tageslicht fördern, und viele davon — wenn nicht geschenkweise, so doch leih weise — unser Museum einverleiben können. Es ist das eine sehr vornehme und schöne Aufgabe, meine verehrten Herren, die wir alle übernehmen, und wir werden damit auch unsern Nachkommen einen sehr schönen und von ihnen gewiß dankbar begrüßten Dienst erweisen. Und nun, meine Herren, komme ich noch zu dem Danke gegenüber dem Verein für die Geschichte Leipzigs. Ihm gebührt ja vor allem heute in dieser Stunde unser wärmster und herzlicher Dank. Der Verein sür die Geschichte Leipzigs hat in seiner mehr als 40jährigen Tätigkeit — es werden am 17. Dezember d. I. 41 Jahre, seitdem er ins Leben gerufen worden ist —, es sich zur Aufgabe gemacht, den Sinn für die Geschichte unserer Stadt in unserer Bürgerschaft zu wecken und alles das, was aus der Vergangenheit sich herüber gerettet hat, zu sammeln. Er hat dies bereits in einer Zeit uniernommen, die für derartige Unter nehmungen eigentlich recht wenig Empfindung hatte und es ist ihm'gerade dadurch gelungen, gar manches wertvolle Stück, das vielleicht schon auf dem Schutthaufen gelegen hat, zu erhalten und seinen Sammlungen einzuoerleiben. Wie ich am 20. April 1909 dem verehrten Vorstand des Vereins bei der Uebernahme seiner Sammlungen in das Eigentum der Stadt schon ausiprechen durfte, daß allezeit die Arbeit der Männer, die an seiner Spitze gestanden haben und die Bestrebungen des Vereins in dankbarem Gedenken erhalten bleiben werden, daß wir allezeit uns erinnern werden, daß wir ohne den Verein für die Geschichte Leipzigs kaum in der Lage sein würden, unser Museum der Oeffentlichkeit zu übergeben, so kann ich auch heute diesen warmen und herzlichen Dank nur wieder holen. Dieser Dank gilt ganz besonders zwei Männern, die wir heute zu unserer Freude hier unter uns sehen. Er gilt in erster Linie Herrn Oberlehrer Mangner, der dem Verein seit seinem Bestehen, seit nunmehr 44 Jahren anpehört, mehr als 20 Jahre davon als Vorsitzender, und der un ermüdlich jederzeit für die Entwicklung des Ver eins und damit für unsere Stadt tätig gewesen ist. Er gilt in zweiter Linie Herrn Architekt Drechsler, der 10 Jahre lang als Leiter des Museums des Vereins dafür gesorgt hat, daß wir die Gegen stände, die den wertvollsten Bestandteil unserer hier ausbewahrten Schätze bilden, so gut erhalten über liefert bekommen haben und der die Sammlung von vornherein systematisch geleitet hat, so daß seinem Nachfolger, unserm jetzigen Direktor Dr. Kurzwelly, es ermöglicht wurde, auf dieser Grundlage weiterzubauen. Ich freue mich in diesem Augenblick, Ihnen mitteilen zu können, daß Se. Majestät der König geruht haben, Herrn Ober lehrer Mangner und Herrn Architekt Drechsler das Ritterkreuz des Albrechtsordens zu verleihen. Ich freue mich, diesen beiden verdienten Herren diese Auszeichnungen in dieser Stunde und an diesem Orte überreichen zu dürfen, und ich möchte Sr. Majestät dem König und der Königlichen Staatsregierung und insbesondere dem Herrn Ver treter der Königlichen Staatsregierung, den in unsrer Mitte zu sehen wir die Ehre haben, unsern hochverehrten Herrn Kreishauptmann v. Burgsdorfs, unsern ehrerbietigsten Dank zum Ausdruck bringen. Wir erblicken in diesen Auszeichnungen die Anerkennung der Bestrebungen, die sich in unserem Stadtgeschichtlichen Museum verkörpern, und bitten, daß dieses Wohlwollen, welches dem Kindlein in die Wiege mitgegeben wird, auch der Weiterentwicklung dieses Kindleius gewahrtbleiben möge, und daß wir immer vertrauen dürfen, daß bei der Königlichen Staatsregierung das Jntereße für unser Museum lebendig erhalten werde. Wir aber, meine verehrten Herren, be glückwünschen Sie hsi'lichst zu diesen Auszeich nungen und bitten, diese Auszeichnungen zugleich als eine Anerkennung der Tätigkeit des gesamten Vorstandes anseyen zu wollen. Es ist mir eine ganz besondere Freude auch dem gesamten Vor stand des Vereins im Namen des Rates in diesem Augenblicke den herzlichsten Dank ausiprechen zu dürfen. Meine verehrten Herren, wohl das kostbarste Stück unsrer Sammlung, wenn ich so sagen darf, ist doch das Haus, in dem unsre Sammlung unter gebracht ist, unser altes und nun neu erstandenes Rathaus. Heute, meine verehrten Herren, tritt uns ganz besonders lebhaft vor die Seele, wie dank bar wir dem Rat und den Herren Stadtverordneten dafür sein müssen, daß sie seinerzeit die Mittel bereitgestellt haben, unser altes Rathaus in alter Schöne wieder erstehen zu lassen, und ich danke in diesem Augenblicke erneut dem Manne, der es ver standen hat, mit feinem künstlerischen Empfinden in unermüdlicher zäher Arbeit dieses Haus uns in einer Gestalt wiederzuschenken, die uns alle die Ver gangenheit vor die Augen führt, unsern verehrten Herrn Oberbaurat Scharenberq und seinen Herren Mitarbeitern. Auch in dieser Stunde und an dieser Stelle diesen herzlichsten und wärmsten Dank auszusprechen, entspricht gewiß Ihrer aller Gefühl. Verkörpert sich doch in diesem Hause die Geschichte von Jahrhunderten unsrer Stadt Leipzig! Und wenn nun das Haus vom nächsten Sonntage ab seine Pforten wieder unsrer Bürgerschaft öffnen wird, so glaube ich, wird jeder, der hier in diesen Saal eintritt, ohne weiteres in die rechte Stimmung versetzt, um an den Schätzen, die hier verwahrt sind, sich zu erfreuen, sich zu versenken in die Ver gangenheit, sich zu erinnern an die Zeiten, die schön und ruhmreich waren, aber auch an die trüben Zeiten, die unserer Stadt beschieden gewesen sind, und er wird, deßen können wir wohl sicher sein, wieder ins Leben hinausgehen, gekräftigt durch die Freude an der Weiterentwicklung unserer Stadt und gestärkt in der Liebe zur Heimat. Lasten Sie, meine verehrten Herren, mich mit dem Wunsche schließen, daß das Stadtgeschichtliche Museum auch an seinem Teile beitragen möge, die Erinnerung an die Vergangenheit wach zu erhalten und die Liebe zu unserer Stadt Leipzig zu festigen, daß es sich gestalte zur Freude und zum Stolze der ge- samten Bürgerschaft! Meine verehrten Herren, unser aller Gedanken sind heute in diesem Raum und im Gedenken an das. was wir nachher sehen werden, der Vergangen heit unserer Stadt zugewendet. Lassen Sie uns als ersten Gruß unsere herzlichsten Wünsche für die Zukunft unserer Stadt Leipzig in dem Rufe zum Ausdruck bringen: Unsere Stadt Leipzig lebe hoch! Dem brausend durch die große Halle ausklingenden dreifachen Hoch auf die Stadt Leipzig folgte eine kurze Ansprache des Herrn Oberlehrer a. D. Mangner, der im Namen des Vereins für die Geschichte Runügsng Leipzigs der Oberhaupte der Stadt, dem Rat und den Stadtverordneten Dank und Glückwunsch aus bewegtem Herzen darbrachte. Sei es doch ein Tag der Freude und des Dankes, der die lange Jahre gesammelten Schätze des Vereins in würdige Räume führe, in das alte, in neuer Schönheit nach dem Vorbild eines Hieronymus Lotter wieder erstandene Rathaus, in diese ideale, in diese historische Stätte. Er könne zugleich dem jungen Institut eine Morgen gabe als Geschenk übergeben, das Vermächtnis eines Vorstandsmitgliedes des Vereins. des Buch- und Autographenhändlers Hermann Schulz. Es bilde diese Stiftung eine vollständige Sammlung aller der Schriftstücke, die Bezug auf die Frei heitskriege und auf die Jahre 1812 bis 1815 nehmen, sowie historische Dokumente aus jener Zeit, zum Teil auch mit Porträts, und umfasse darin zwei Abteilungen von Autographcn der Verbündeten und zwei Abteilungen der Franzosen. Das Gedächtnis dieses edlen Mannes werde in aller Erinnerung bleiben. Nachdem Herr Oberbürgermeister Dr. Dittrich im 'Namen der Stadt für die Anhänglichkeit und Treue des Stifters gedankt, sprach Herr Direktor Dr. Kurzwelly, der Leiter des Museums, noch einige Worte über die Grundsätze aus, die bei Ein richtung. Gestaltung und Gliederung des Stadt geschichtlichen Museums gewaltet haben. Es hat hierbei die Aufgabe vorgelegen, aus den Räumen eines ehrwürdigen Hauses heraus, das zu den hervor ragendsten Baudenkmälern der Renaissance gehört, das Museum zu gestalten, den repräsentativen Cha rakter des Saales und der Ratsstube zu bewahren und die herum gruppierten alten Amtsräume, die an Umfang und Höhe so verschieden sind, nur für einzelne zusammengehörige Sammlungsgruppen bereit zu stellen. Auch auf eine einheitliche Farbenstimmung wurde Wert gelegt. Er wies auf die Hauptstücke, die Perlen der Sammlungen, hin und forderte zuletzt die geladenen Gäste auf zu einem Wohlbedachterwcise ist bei der Einteilung der Sammlungen nicht auf eine große chronologische Folge, vielmehr nur auf eine ganz systematische An- ! ordnung der einzelnen Abteilungen Bedacht genom men worden. Dies ergibt eine Reihe von zusammen gehörigen, höchst übersichtlich gehaltenen Gruppen von bestechendster Wirkung. Zuerst nimmt die Ein tretenden der in ein neues schmuckvolles Gewand gekleidete Rathaussaal, der zu einem der größten Nathaussüle Deutschlands gehört und treu in seiner einstigen Gestalt bewahrt bleiben wird, auf. Ehemals war er ein wirklicher Saal, ein Fest raum gewesen, <m 16. Jahrhundert, unmittelbar nach der Zeit seiner Erbauung, sogar der einzige größere Festraum in der ganzen Stadt. Hier wurden Hoch zeiten vornehmer Bürger und Tanzvcrgnügungen der Innungen abgehalten, besonders der allgemeine Fast nachtstanz, hier wurden für den Landcsherrn und andere hohe Gäste der Stadt Festlichkeiten veranstaltet. An diese Zeit erinnern noch heute die drei in reicher Steinmetzarbeit ausgeführten Kamine an der rechten Langseite, das kleine schmale Orchester an der Hinteren Schmalsecte, der „Pfeiferstuhl", wie man es im 16. Jahrhundert gut deutsch nannte. Jetzt wehen wieder die mächtigen Diertelsfahnen, die eine mit einem gigantischen schwarzen Löwen im Felde, von oben herab. Ringsherum aber in der Vertäfelung oberhalb der Truhcnbänke ziehen sich die eingelassenen Lelbildnisse von LrciundfümzigStadtrichternlängsder Wand, als Ahnengalerie der Stadt Leipzig nahezu ein Vierteljahrtausend, von 1600 bis 1821, umspannend. Treffliche Arbeiten, voll signierte Bilder eines Grafs, eines Haus m ann befinden sich darunter. Und nicht nur einen künstlerischen, sondern auch einen kultur historischen Wert besitzt dieie Bilderwlge durch d:r in ihnen zu erkennende Entwickelung des Trachten wesens ganzer Jahrhunderte. An der Langwand aber oberhalb der Porträts haben wiederum die großen Fürstenbildnisse, die einst aus Anlaß der Huldigungen gestiftet worden waren, Platz gefunden von Kaiser Max, Karl V und seinem Sohne Philipp an. gefolgt von den Wettinern albertinischer Linie von Heinrich dem Frommen, Georg dem Bärtigen und Moritz bis zu August dem Starken, dazwischen einige Thüringer Landesherren des 16. Jabrh.'nLe und Philipp von Hessen. Am Ende des Raumes an der südlichen L.-jMi:- seite des Saales ist der „Richterstuhl" in treuer Nachahmung keiner älteren Konstruktion in Barock form zur Aufstellung gekommen. Fünf Stüble aus alter Zeit, ein Tisch davor mit den beiden Armen- sünderkannen und einer Handschrift des „Sachsen spiegels" mit dem Register des Dietrich von Burlens- dorf, Ordinarius der Juristenfakultät in Leipzig, nachmals Bischof von Naumburg, dem Erbauer des Thüringer Hofes, mit reichem Initial schmuck von Simon Volck auf Schloß Ostrau bei Bitterfeld im Jahre 1461 geschrieben, vilben das Gerät. Diese Handschrift ist ein Geschenk des Herrn Grimpe vom Thüringer Hof. Die eine dieser Armensünderlannen, eine prächtige Arbeit sächsischer Edelzinnkunst aus dem 16. Jahr hundert. ist typisch durch zwei Reiben wohlgelungenen figürlichen Darstellungen. Aus dem Podium, das früher für feierliche Gerichts verhandlungen, namentlich für den letzten Urteils spruch vor Hinrichtungen, aufgeschlagen zu werden pflegte, saß einst der Kriminalrichter wie ein zweiter Salomo, denn unmittelbar über ihm hing das Urteil Salomonis selbst, ein wunderbarer, heute noch an derselben Stelle angebrachter Gobelin, dessen Bei fertiger der Weimaraner Seger Bombeck war. Rechts altertümer, Richtjchwerter und alte Richterstäbe im ersten Schaukasten am Fenster weisen weiter auf die einst in Leipzig geübte Rechtsprechung und Recht»- bebandlung hin. Längs der Fenstcrreihen aber lassen zahlreiche Zunftaltertümer aus dem Besitz einer Reihe von Innungen Einblick in das alte Leipziger Zunftwesen tun. Lehrreich und anschaulich sind alle zugleich. Apollo und Minerva, die einst die alte Börse schmückten, halten zu feiten des Richterstuhl» in plastischen Formen die Wacht. Unweit davon liegen Aquarelle und Zeichnungen der Leipziger Stecher und Illustratoren C. E. Heinrich Geißler und Geora Emanuel Opitz au»: sie enthalten Szenen aus dem Leipziger Volksleben, Zeichnungen aus der Völkerschlacht und ihren einzelnen Episoden. Einer der wichtigsten Kästen birgt „Goethe-Erinne rungen" aus jener Zeit, da Kätchen Schönkopf das Gretchen des junaen faustischen Leipziger Goethe war, da Behrisch das Revolutionäre, Geniale in dem junaen Goethe genährt und dieser seine Radierungen bei Oefer versuchte. So wird unter andern Selten heiten ein herrlicher Originaldruck von Goethe» Leipziger Liederbuch, das vom jungen Breitkopf in Musik geletzt und bei Breitkops L Härtel gedruckt worden, und aus dem Gocthekrcis ein Stammbuch mit Eintragungen von Kätchen Schönkopf und ihrem Gatten Dr. Kanne, ihrer Mutter Katharina, ferner von Goethes Freund Bohrisch, der Sängerin Schmeling sichtbar.