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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.12.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-12-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111212014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911121201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911121201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-12
- Tag 1911-12-12
-
Monat
1911-12
-
Jahr
1911
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vorkämen, fiele« ÜLerhanpt nicht unter diese« Paragraphen. Nach einigen wetteren Ausführungen nahm die Kammer «inen Ecklußantrag der Debatte, obwohl noch IS Redner sich zum Wort gemeldet hatten, gegen die Stimmen der Sozialdemokraten an. Nächst« Sitzung: Dienstag IS Uhr. Tage», ordnnng: Interpellation betr. Motu proprio und den Modernisteneid. Herr Dr. A. Wünsche, Lehrer an der 29. Be- zirksschule, schreibt uns: In Nr. 340 Ihres «sch. Blatte» (Bericht über di« Verhandlungen der Zweiten Kammer, Lehrer» mahregelungen betreffend) lese ich auf S. 10, der Herr Kultusminister habe bei Besprechung des Leipziger Falles — der mich betrifft — gesagt, „bet keiner Vernehmung habe der betreffende Lehrer dann sein« Aussprüche wesentlich abgeschwächt". Dieser Satz erweckt den Anschein, als hätte ich bei meiner Vernehmung etwas von dem. was ich in der in Frage kommenden Volksversammlung gesprochen nabe, zurückgenommen oder modifiziert. Keins von beiden ist der Fall gewesen. Rach der Landtags beilage der „Lewziger Zeitung" hat der Herr Kul» tusmlntster das Wort „abgcschwächt" auch nicht ge- gebraucht, sich überhaupt nicht in diesem Sinne ge ankert. Er hat nur an dieser Stelle aus den Akten einiges mitgeteilt, was ich den Aufzeichnungen des überwachenden Schutzmannes gegenüber als wirklich von mir Gesprochenes zu Protokoll gegeben habe und — füge ich hinzu — durch Zeugen als richtig hätte beweisen können. Es handelte sich also der meiner Vernehmung nicht um eine Abschwächung, scndern lediglich um eine Richtigstellung. Der Ssmpk gegen Sie Svzisl- üemokratie in Sschlen. In der Sitzung des sächsischen Landtags vom 30. November hat Staatsminister Graf Vitzthum von Eckstädt in einer ausführlichen Rede der So zialdemokratie Fehde angefagt. Die außerordentlich wirkungsvoll« Rede, di« wir seinerzeit bereits im Auszug« wtedergegeben haben, liegt jetzt tm Wort laut« »ach den stenographischen Aufzeichnungen vor, und st« «rfchetnt so wichtig, dah wir st« nachstehend nochmal» ausführlich unser« Leser« übermitteln möchten. Staatsmtiltster Graf Vitzthum führt« nach dem amtlichen Stenogramm folgendes aus: Mein« Herren! Ich muh mir vorbehalten, zu den verschiedenen kleineren Anregungen, die im Laufe der Etatberatungen gefallen sind, bei den Beratungen der Finanzdeputation Stellung zu nehme«. Das gilt u. a. für die Frage des Bekleidungsgeldes der Gen darmerie und für die Frage der Einrichtung von Sonderabonnements für die Landtrmsbeilagen, eine Anregung, die der Herr Abg. Dr. Spieh soeben ge- geben hat. Was mich veranlaht, hier da, Wort zu ergreifen, sind einig« Bemerkungen in den Reden der Sozial- demokratte, di« es mir erwünscht erscheinen lasten, zu der Stellung, die di« Sozialdemokratie hier im Landtag eingenommen hat, meinerseits Stellung zu nehmen. M. H.l Di« Sozialdemokrati« hat ja «in« be sonder« Fähigkeit, in verschiedener Gewandung auf- zutreten. (Sehr richtig!) In der Volksversammlung erscheint sie im Arbeitskittel mit der unter der Weste kaum verborgenen roten Schärpe (Zuruf: Ach was!); in den wissenschaftlichen Monatszeitschriften im Talar des unfehlbaren Kirchenvaters oder des exakte Wissenschaft treibenden Profefiors, und hier im Land, tag erscheint die Sozialdemokratie in dem schlicht bürgerlichen Gewände des wohlmeinenden Volks- freundes, der der Regierung gute Ratschläge gibt. M. H.! Es liegt mir fern, zu behaupten, dah in diesem Wechsel des Gewandes eine absichtliche Täu schung liegt, ich sehe darin mehr eine bewußt« An passung an di« Umgebung, eine Art sozialdemokra tische Mimikry. (Heiterkeit? Sehr gut!) Ich erblicke in dieser Anpassung auch ein gewisses Zeichen eines politischen Taktgefülhs. und ich erkenn« gern an, dah di« Sozialdemokratie bestrebt ist, den Ton, der sonst vielleicht von ihr in Volksversammlungen an geschlagen wird, nicht in unseren friedlichen Landtag hereinzutragen. Immerhin, m. H., dürfen Sie sich nicht wundern, wenn die Regierung in Ihren Reden eine Andeutung über Ihre letzten Ziele vermiht, über di« letzten Ziele und die Mittel, mit denen Sie diese Ziel« zu erreichen gedenken. Wir vermissen die An deutung der Ziele, mit denen Si« die Dolksmasten für sich zu gewinnen suchen. M. H! Der Herr Abg. Fleihner hat ausgeführt, die Sozialdemokrati« wär« ja gar nicht so revolu tionär (Zuruf link«), jedenfalls nicht in dem Sinne, wie di« bürgerlich« Gesellschaft es ihr vorwerfe. R«. volutionen würde« überhaupt von der bürgerlichen Gesellschaft selbst gemacht. (Sehr richtig! links.) St« brächen katostrophenatttg als geschichtliches Ereignis über Vie Gesellschaft herein usw. M. H ! Ich glaube ganz gewiß, dah di« Sozial, demokratte, wenigstens in ihrer Leitung, für den Augenblick nicht daran denkt, eine Kraftprobe zu machen. Dazu ist ihr das Deutsche Reich zu fest ge fügt. Sie weih zu genau, dah die Regierungen ent schlossen sind, j«den Gewaltversuch niedcrzuschlagen. Der Herr Abg. Sindermann hat auch eine Art Friedensslöt« geblasen; er hat den Vertretern des Bunde, der Landwirte neulich zu verstehen gegeben, er köirn« es ihnen ja gar nicht verdenken, wenn sie für Verbesserung ihrer Erwerbrverhältnist« einträten, ebensowenig, wie er es dem Bunde der Industriellen unv dem Mittelstand« verdächte, er verlang« nur da, gleich« Recht auch für di« Arbeiterschaft. In dem selben Ion« hat auch der Herr Abg. Schulz« ge sprochen. Der Herr Abg. Schulze hat uns ja gestern ein« sehr schöne, tnterestant« Rede gehalten, die ich mit ästhetischem Vergnügen anaehört habe, und ich kann nur sagen, dah der Versuch, die soziale Frage von großen Gesichtspunkten aus zu behandel«, und der sachliche Ton, den er angeschlagen hat, die Ver- Handlung wesentlich erleichtert. Der Herr Abg. Fräßdorf ist freilich einen Schritt weitergegangen und hat die Behauptung aufgestellt, die Herren, die hier recht, und links vom Präsidium aus den Rcgierungsbänken sähen, würden alle So zialdemokraten sein, wenn nicht ihre wirtschaftliche Lage geregelt wäre. Nein, Herr Abgeordneter, dar auf antworte ich: die Regelung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist nicht der entscheidende Grund, der einen sittlich denkenden Menschen von der Sozial- demokratte abhält. (Sehr richtig! Abg. Fräßdorf: Nicht der alleinige') Leider gibt es ja auch unter denjenigen, die der bürgerlichen Gesellschaft nah«, stehen, eine große Anzahl von sogenannten Mit läufern der Sozialdemokratie, di« von Zett zu Zeit ihrem Unmute darüber Ausdruck geben zu muffe« meinen, dah ihr« wirtschaftlichen Verhältnisse nicht so sind, wie sie es sich wünschen, und die es erwarten, Laß durch die Abgabe eines Stimmzettels für einen Sozialdemokraten »hre Lage sich bessern wird. Gott sei Dank aber, m. H.. gibt es auch noch in den ärmeren Volksschichten Personen, die mit der Not de« Leben» ringen, und di« sich von d« Sozialdemokrati« fern- Hebung angeordnet cste Zahlung sind de -alten, «eil st« willen, dah di« wirtschaftliche Hilfe, die ihnen von der Sozialdemokratie angeboten wird, erkauft werden muh durch den Verzicht auf sittliche, religiös« und kulturell« Güter (Widerspruch bet Lei« Sozialdemokraten und Zuruf: Sittliche? t), auf die st« mehr Wert legen al» auf gut« Nahrung und Sicherstellung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse. (Sehr gut! rechts.) Denn das, was di« Sozcaldemo- krati« ihnen für Lea Verzicht auf Religion, Vater land usw. andietet, ist weiter nicht» al, Klassen- bewußtsein; Klastenbewußtsein und wieder Klaffen- bewußtsein, weiter haben Sie Len großen Masten in der Tat nichts zu bieten. (Sehr richtig! rechts.) Diejenigen Personen, di« ich hierbei im Auge hab«, die dl« Not des Leben, ebenso kennen wie ein sozialdemokratischer Arbeiter, sind zunächst di« christ. lichen Arbeiter, di« christlichen Gewerkschaften. M. H.! Der Herr Abg. Fräßdorf hat gestern mit einem Ausdruck ehrlicher lleberzeugung sich eingesetzt für Las Koalitionsrecht der Arbeiter. Es scheint ihm dabei entgangen zu sein, daß Li« Sozialdemokratie das Koalitionsrecht der christlichen Gewerkschaften in der heftigsten Weise bekämpft. (Sehr richtig! rechts.) Ich meine, es ist doch ein« starke Gewaltprobe der Sozialdemokratie, wenn sie einerseits von einem Ar beitgeber, der mit seinem christlichgestnnten Arbeiter zufrieden ist, verlangt, daß er diesen Arbeiter entläßt, bloß deswegen, weil er nicht einer sozialdemokrati schen Gewerkschaft angehört (lebhafter Beifall rechts), und wenn Sie anderseits vom Staate als Arbeit- geber verlangen, daß er einen Arbeiter behält, ob gleich dieser Arbeiter einer politischen Partei ange hört, die auf den Untergang des Staates hinarbeitet. (Sehr richtig! rechts.) M. H.! Lassen Sie den christlichen Arbeitern das Koalitionsrecht (Zuruf von d«n Sozialdemokraten: Das tun wir!) und lasten Sie den Arbeitswilligen das Recht auf Arbeit, so werden wir uns mit Ihnen über Ihr Koalttionsrecht leicht verständigen können. Der Hr. Abg. Fräßdorf ist auf die Frage der Ar- beitslösenfürsorg« eingeqangen. In der Frage der Arbeitslosenfürsorge hat das Ministerium des Innern dem im vorigen Jahre aus gesprochenen Wunrch« der Zweiten Ständekammer ent sprechend statistische Erhebungen über die Arbeitslosigkeit vornehmen lassen. Dabei ging «, davon aus, daß eine solche Erhebung nur dann von Wert sein könne, wenn sie für das ganze Land stattfinüe. Im Hinblick auf Lie damit in», besoicder« für Lre Gemeindebehörden verbundene groß« Arbeitslast verbot sich eine allzu häufige Er- Hebung von selbst. Doch ist im vorigen wie in diesem Jahre je «in« olche Erhebung angeordnet worden. Die Ergebnisse für Lie erste Zählung sind dem Mini sterium des Innern vom Statistischen Landesamt, Las «in« eingehend« Bearbeitung des ihm von den Ge meinden oorgelegten Materials vorgenommen hat, unterbreitet worden. Dabei bat sich, kurz gesagt, die erfreulich« Tatsache ergeben, Laß die Zahl der Ar beitslosen im Sinne dieser Zähluna im Verhältnis zur Bcwohnerzahl Sachsens nicht erheblich war. Denn es waren am Tage der Zählung im Herbst v. I. in ganz Sachsen nur 9563 männliche und 2877 weibliche Arbeitslose vorhcnrden. Die Ergebnisse Ler Zählung in diesem Jahre, für die als Stichtag wiederum der 12. Oktober, an dem die Hauslistzn sowieso auszufüllen sind, bestimmt war, unterlregen noch der Bearbeitung der Statisti schen Landesamtes; «ine Vergleichung mit den Er gebnisten des vorigen Jahres kann daher noch nicht oorgenommen werden. Die rohen Zahlenergebniste werden aber in etwa 14 Tagen, di« aenauere sta- listlsche Aufbereitung bis etwa Mitt« Januar vor liegen und können alsdann Ler Kammer unterbreitet werden^ lieber die Erfahrungen, die in den ver schiedenen Ländern und Städten mit den Versuchen einer Arbeitslosenversicherung gemacht worden sind, ist inzwischen ein« große Litera tur erschienen. Insbesondere ist auch in weiterer Vervollständigung des umfastenden Werkes über die bestehenden Einrichtungen zur Versicherung gegen die Folgen der Arbeitslosigkeit des Kaiser!. Statistischen Amtes vom Jahr« 1906 von dieser Behörde in ver schiedenen Nummern des „Reichsarbeitsblattes" vom vorigen und diesem Jahre eine Reihe von ausführ lichen Aufsätzen über alle inzwischen eingetretenen Neuerungen eingehend berichtet worden. Unter diesen Umständen erscheint es zurzeit nicht angebracht, noch eine Schrift über den derzeitigen Stand der An gelegenheit herauszugeben, die lediglich die bis herigen^ schon so oft in der einschlägigen Literatur oehandelten Verhältnisse wiedergibt. Denn damit etwa zu verknüpfend« praktische Vorschläge zur Lösung der Frage kann di« Regierung zurzeit nicht machen. Die von seilen der seinerzeit den Antrag stellenden sozialdemokratischen Fraktion gewünschte Lösung der Frage im Wege einer Arbeitslosenversicherung ist von außerordentlicher Tragweite. Di« ganz« Frage ist aber zurzeit noch so flüssig. Laß die Regierung d^zu eine abwartende Stellung jetzt noch einnehmen will und muß. Dies ist aber nicht etwa dahin zu verstehen, daß die Regierung in der Angelegenheit nichts weiter tun will und nichts weiter getan hat, als die Vornahme der schon erwähnten Arbeitslosen zählungen anzuordnen. Denn von einer Beschickung des im Herbst vorigen Jahres stattgefundenen Pa riser Kongresses zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist zwar Abstand ge nommen worden, da die dazu ergangene Einladung ergab, daß Lie ganz« Veranstaltung schließlich mehr einen privaten Charakter trug und eine Rundfrage der sächsischen Regierung bei der Reichsleitung wie bei verschiedenen deutschen Bundesstaaten weiter er gab, daß deutscherseits nirgends «ine Beschickung durch Regierungsoertreter stattfand. Die sächsische Regierung hat aber — und wird dies auch in Zukunft tun — fortgesetzt die Frage der Ar- bettslosenfürsorg« im Auge behalten und hat durch ihren Referenten zur Sache in verschiedenen Staaten, insbesondere in Süddeutschland, über di« Frage an Ort und Stell« Erhebungen dort an stellen lassen, wo man der Lösung der Frage schon praktisch näherzutreten versucht hat. Di« dabei gemachten Erfahrungen und erhaltenen Auskünfte, di« teilweise vertraulicher Art find und daher hier nicht im einzelnen näher wiedergegeben werden können, hat die Ansicht der Regierung, daß die ganze Frag« für ein Eingreifen de» Staates noch nichtreif ist, nur bestätigt. Ich darf dabei nur kurz an Lie Erfahrungen erinnern, die die bayrische wie auch di« badische Regierung mit den Denkschriften vom Jahr« 1909 gemacht hat; «in praktischer Erfolg blieb Liesen Denkschriften nebst ihren Vorschlägen bisher versagt und Aussichten auf einen wirksamen Erfolg für di« Zukunft sind ins- besondere bei der ablehnenden Stellungnahme de» Deutschen StäLtetagc» im letzten Herbst nirgend« sichtbar. Dies? Erörterungen haben aber da» Ein« durch, gehend? bestätigt, daß vor Inangriffnahme einer Ar beitslosenversicherung die Durchführung «ine» tadel- loc arbeitenden allgemeinen Arbeitsnach weise» gesichert sein muß. Diese Voraussetzung, di« in Süddeutschland schon seit vielen Jahren in weit gehendem Maße vorbereitet und zu einem erheblichen Teile schon durchg«führt worden ist, ist in Sachsen noch lange nicht erfüllt. Di« Regierung steht daher auf dem Standpunkt, daß für di« Regierung zurzeit kein Anlaß »mn Ein greifen vorttegt, daß « vielmehr den von der Ar beitslosigkeit »n erster Linie betroffenen größere« Gemeinden überlasten bleiben muß, geeignet« ver such« zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu machen. D^r Herr Abg. Fräßdorf hat auch die Frag« be- rührt, die in Kap. 84 Tit. S eine Regelung dahin gefunden hat, daß in Aussicht genommen worden ist, Personen aus dem ArbeiterstanL als Gehilfen der Gewerbeinspektion zu verwenden. Er Lat di« gering« Summe von 6300 ^l bemängelt. Ich hab« darauf zu erwidern, daß cs sich selbstverständlich hier zunächst nur um einen Versuch handeln kann. E» ist di« Be setzung von drei Stellen in Aussicht genommen, für die jährlich 2100 ausgeworfen werden. E» wird sich ja zeigen, ob dies, Personen e» verstehen, sich in da, Arbeitsgebiet hinetnzufilü^n. Der Herr Aba. Schulze hat auch di« Lohnfrage berührt. Di« Lohnfrage ist «ine so schwierige Fraae, daß ich mich nicht eingehend darauf einlasten möchte. Wenn er aber seine Ansicht ungefähr oaoin gekenn zeichnet hat, Laß die Vorteil« oer Preissteigerungen Lurch di« Wirtschaftspolitik Les Reiches wieder aus gehoben würden, so befindet er sich allerdings in die ser Ansicht in Uebereinftimmung mit dem sozialdemo kratischen Schriftsteller Kautsky, welcher meint, daß jede Lohnsteigerung von einer entsprechenden Preis steigerung begleitet sei, so daß die Besserstcllung der Arbeiter wieder verschwinde. Er befindet sich aber rn Gegensatz zu den Ansichten der Gewerkschaften, und zwar insbesondere des.„Korrespondenzblattes" der Eeneralkommission der freien Gewerkschaften. Es ist ja sehr begreiflich, daß die Sozialdemokratie als Par tei immer von der Verschlechterung Ler Arbeitslage reden muß, während die Gewerkschaften nur dann Mitglieder gewinnen können, wenn sie darauf Hin weisen können, daß die Tätigkeit der Gewerkschaften für die Arbeiter doch reckt nützlich ist. (Abg. Böhm«: Sehr richtig!) Und io kommt denn auch die Gewerk schaft zu dem tweifellos richtigen Ergebnis, daß, sei es nun durch die Tätigkeit der Gewerkschaften oder durch andere Ursachen, sich di« Lage der Arbeiter überall gebessert hat. Das „Korrespondenzblatt" schreibt: „In den letzten 15 Jahren ist fast überall di« PreiHteigeruna von 27,46 Proz. Lurch ent- sprechende Lohnerhöhungen zum mindesten wett Aemacht worden, zum Teil wurden aber wett darüber hinaus Lohnverbesterungen erzielt. Dazu kommt di« erheblich« Verkürzung der Arbeit»,eit." Da» „Preußisch» Jahrbuch" da» sich mit diesem Aufsatz beschäftigt, macht dazu di« richtige Bemerkung: „Der Aufsatz de» „Korresvondenzblattes" ist trotz seiner trockenen Zahlen unbewußt ein begeistertes Loblied der nationalen Wirtschaftspolitik, welch« die Industrie »ur Blüte gebracht, die Landwirtschaft «mporgehoben und zum kaufkräftigen Abnehmer in dustrieller Erzeugnisse gemacht, der Industrie den Inlandsmarkt gesichert und ihr eben dadurch die Möglichkeit verliehen hat, den Auslandsmarkt zu gewinnen." Der Hr. Abg. Schulze hat auch die Frage der Handwerker besprochen und hat gemeint, daß die Handwerker eigentlich alle der Sozialdemokratie ver- fallen leien. Er hat di« Regierung darauf hinge- wiesen, daß di« Unterstützung de» Mittelstand«» eigent lich nur ein starke» Wasser sei, und daß gewissermaßen das Geld nutzlos zum Fenster binausgeworfen würd«. M. H.! Wir legen dock «<nen sehr großen Wert darauf, die Selbständigkeit des Handwerkerstandes zu unterstütz««, weil der Staat in Liesen Personen, di« den festen Willen zeigen, ihr« wirtschaftliche Selb ständigkeit in den schwierigen wirtschaftlichen Existenz- kämofen zu behaupten und den Verlockungsrufen der Sozialdemokratie Widerstand zu leisten, di« festesten Stutzen der Staatsordnung erblickt. (Sehr richtig! recht, und in d«r Mitt«. — Zuruf von den Sozial demokraten: Also nicht di« Agrarier!) Wir wissen, m. H.. daß die Handwerker von der großkapitalistischen Entwicklung stark bedrängt werden, und wir wissen auch, daß mancher von ihnen wohl kaum noch zu retten ist. Wenn wir ihnen aber Darlehen zu müßigem Zinsfüße geben, so bestimmt uns dazu da» vertrauen und dr« Hoffnung, daß wir ihnen dadurch wieder festen Boden unter den Füßen geben, damit sie schließ lich auch aus eigner Kraft sich wieder emporarbeiten können. Di« starke Inanspruchnahme aber, di« dieser Fond» zeigt beweist «chenso wie di« reaelmäßige Rück zahlung, daß es un» doch in «in«r sehr großen Zahl von Fallen gelungen ist. oem Handwerkerstand« durch dies« Maßregel zu Helsen. Auch auf di« Jugendorganisationen ist der Hr. Abg. Schulze zu sprechen gcckommen. Er hat dabei natür lich die sozialdemokratischen Jugendorganisationen al» etwa, sehr Harmlose» hinzustellen gesucht und un» prophetisch zugerufen, daß wir nichts gegen die Ar- beiterschaft erreichen würden. Es wird ja noch bet einer anderen Gelegenheit Anlaß sein, auf di« Frage der Jugendorganisationen zurückzukommen. Ich kann aber nicht an diesem Wort« „gegen dir Arbeiter schaft" vorübergehen, ohne meinen prinzipiellen Gegensatz m dieser Auffassung -zum Ausdruck« zu bringen. M. H! „Gegen di« Arbeiterschaft" ist nicht «in Wort, da» von der Regierung ausge- gangen ist. (Sehr richtig!) Die Regierung steht nie und nirgend» gegen di« Nrbeiterichaft. (Sehr richtig!) Wer hat denn den Gegensatz ge schaffen? — Lediglich di« Sozialdemokratie ist e» (Sehr richtig! rechts), die immer wieder auf allen Seiten di« Kluft zwischen ArbeiterstanL und den an deren Ständen zu erweitern sucht und unter Len Mafien di« lleberzeugung wachzurufen sucht, daß nur in der sozialen Revolution die Hilfe für «ine Besserung zu erblicken ist. Ich hab« hier «in Blatt de» „vorwärts" vom 1. Juli 1911. in dem der ..taktisch« Leitfaden für den Klafienkampf" von Kautsky empfohlen wird. Hier bei find« ich «ini« interessant« Zitat« au» dem Kautokvschen Lettfahen. Unt«r anderem schreibt der „vorwärts": „Da, Gesetz vom Klaffenkamfff wird von Kautsky al» da» Gesetz definiert nach dem da» Pro ¬ letariat durch seine Klafieninttreflen in einem feind- lichen. unüberLrückbaren Gegensatz zu allen besitzen den Klassen und damit auch allen bürgerlichen Par teien steht. Daß da» Proletariat Die politische Macht im Staat« erobern muß. um diesen und die Gesellschaft seiner Interessen gemäß umzugestalten, und daß sein« praktische Tätigkeit in der Gegen wart darauf gerichtet sein muß, es zu stärken, physisch, moralisch, intellektuell, ihm politisch« und ökonomisch« Macht zuzuführen, um «» zu befähigen, di« gesamte politische Macht zu erobern, sobald die Gelegenheit dazu günstig ist." In einem weiteren Zitate sagt Kautsky: „Wir können daher nie ein Lauerndes Bündni» mit einer bürgerlichen Partei, einem Block, ein- - gehen, wir können gelegentlich, z. B. bet Stich wahlen oder im Parlament, für «in« von ihnen strmmen, müssen aber unsere Propaganda gegen sie all« richten, jede von ihnen kritisieren, bet feder zeigen. Laß sie den Intereffen des Proletariats nicht genügt und nicht genügen kann, weil dieses Interesse nur durch eine soziale Revo lution zu seinem Rechte kommen kann, die einzig die Sozialdemokrati« anstrebt." Mit diHer Parole vom Kampf« auf Leben und Tod, den Kautsky der bürgerlichen Gesellschaft an kündigt, gehen Sie draußen ftn Land« herum und werben für di« Ecuialdemotratte. Diesen Klaffen kampf un- Klafienhah empfehlen Si« al» Allheil mittel. Ein« verftäNLigung mit der Arbeiterschaft wird di« Regierung immer aern suchen und anstreben, aber ein« VerstäNdlgung nnt der revolutionären So zialdemokratie niemals. (Lebhafte» Bravo!) Tsgeschronlk. Dir Zivrihunderllahrfrier des Geburtstags Friedrichs des (Srotzrn wird am 28. und 24 Januar 1912 in glänzendem Rahmen in Berlin begangen werden. Da» Programm ist wie folgt festgesetzt: In Gegenwart de» Kaiser, und der in Berlin und Potsdam anwesenden Prinzen des kgl. Hause» finden statt: Dienstag, 23. Januar 1912, abend» 6 Uhr, ein Vortrag in der Kriegsakademie zu Berlin, gehalten von dem Oberquartiermeister Ge neralmajor Frkrn. v. Freytag-Loringhoven über „König Friedrich als Kriegsherr und Heerführer". Mittwoch, 24. Januar, vormittags 10 Uhr, ein Fest- gottesdienst in der Hof- und Garnisonkirche zu Potsdam, nach dessen Beendigung der Kaiser einen Kranz am Sarge des Großen Königs in der Gruft der Hof- und Earnisonkirche niederlegen wird. Um 11 Uhr vormittags Parademarsch im Lustgarten oder, bei schlechtem Wetter, im Langen Stall zu Potsdam. Um 4 Uhr nachmittags Festsitzung der Königlichen Akademie der Wissenschaften im Weißen Saale des Kgl. Schlosses zu Berlin. Die Festrede hält Generaldirektor der Staatsarchive, Wirkl. Geheimer Ober-Regierungsrat Dr. Koser, Historiograph des preußischen Staates. Abends 8 Uhr Fe st Vorstellung im Kgl. Opernhause. Außerdem finden am Mittwoch, 24. Januar, beim Grenadier-Rea. „König Friedrich der Große" (3. Ost preußisches) Nr. 4 in Rastenburg größere Feierlich, keilen statt und ferner Regiments- bzw. Bataillons appell in den einzelnen Standorten der nachbenann ten Truppenteile, welche ihre Stiftung auf den Großen König zurückführen bzw. unter ihm teil» ge schlossen, teils mit ihren Etammtruppen mit Aus zeichnung gekämpft haben: 2. GardeReg. z. F., Re gimenter Alexander und Franz, Grenadier-Re- gimenter 1, 2. 3, 5. S, 9 und 10, Jäger-Bataillone 1 und 2, Kürassier-Regimenter 1—6, Dragoner-Re gimenter 1 und 2, Grenadier-Regiment zu Pferd« Nr. 3 und Husaren-Regimenter 1—5. * Greiz, 11. Dez. (Baumeister Scheinpflug), Zeulenroda, eins der tätigsten Mitglieder des Land tages des Fürstentum» Neuß ä. L.. der zu wieder- holten Malen eine sehr glückliche Initiative entfaltete, kandidiert nicht wieder. An seiner Stelle wird vom Vaterländischen Verein Erster Bürgermeister Jahn- Zeulenroda ausgestellt. Berlin, 11. De». (Auf dem Wege zur Wahlversammlung.) Der konservative Reichs- tagskandidat für den Wahlkreis Oberbarnim, Rechts anwalt Paul Bredereck. der gestern im Auto nach Werneuchen zu einer Wahlversammlung fahren wollte, erlitt hinter Weißens«« einen Autounfall. Der Wagen rannte gegen einen Baum, und zwar so kräftig, daß die Vorderräder verbogen wurden. Rechtsanwalt Bredereck am zwar mit dem Schrecken davon, mußte aber die Weiterfabrt aufgeben und nach Berlin zurückkehren. Inzwischen wartete die Wahlversammlung in Werneuchen vergebens auf ihren Redner. Berlin, 11. Dez. (Eine eigenartige Auf. klärung) hat ein Brillantenviebstahl gefunden, der sich kürzlich in Tharlottenburg ereignete. Einer Dame der Gesellschaft waren ihre Brillanten auf un erklärliche Weise abhanden gekommen, uird trotz der eingehendsten Nachforschungen gelang es nicht, den Verbleib der spurlos verschwundenen Schmuckstücke zu ermitteln. Als nun dieser Tage die 21jährige Tochter der Dame verschwand, wurde die Mutter mißtrauisch. Es wurde ein Brief aufgefangen, wonach die Tochter eine von der Mutter nicht ge billigte Liebschaft unterhielt, und worin das Liebes paar die Absicht kundgab, nach England zu flüchten. Es gelang nun, das Pärchen im Augenblick der Ab reise anzuhalten. Die erheblichen Barmittel, die die junge Dame bei sich führte, erklärte sie damit, daß sie die Brillanten ihrer Mutter entwendet und für 3000 bei einem Händler verpfändet habe. Flensburg, 11. Dez. (Todesfall.) Der Verleger der „Norddeutschen Zeitung", Wilhelm Grimm, ist heute morgen gestorben. Köln, 11. Dez. (Naubüberfall in einem Asyl.) In das Nachtasyl der Heilsarmee begaben sich in später Abendstunde drei Männer, die Auf nahme begehrten, da sie völlig mittellos seien. Der Wächter ließ die Leute ein, und als sie sich einzeln in das Register eintragen sollten, überfielen die drei den alten Mann, banden ihn und verwundeten ihn schwer. Sodann nahmen sie ihm die Schlüssel ab und versuchten die Kasse zu erbeuten. Sie fanden aber nur etwa 10 -<t, womit sie flüchteten. Am Dkorgen wurde der Wächter gefesselt aufgefunden. Hamburg, 11. Dez. (Selbstmörder.) Heute schaffen sich auf der Börsengalerie eine Mutter und ihre Tochter, namens Rech, angeblich aus Düsseldorf, in die Schläfe. Die Mutter ist tot, die Tochter schwer verletzt. Der Grund ist angeblich Verlust des Vermögens. Rom, 11. Dez. (Zu wüsten Radauszenen) kam es im ..Apollotheater", in dem erstmalig Renato Simonis Komödie „Das Mysterium des heiligen Palamidu" aufgeführt wurde In der ersten Szene des vritten Aktes wird den Zuschauern eine Szene aus Tripolis vorgeführt, die sie scheinbar in ihrem Nationalstolz verletzte. Ein wüstes Johlen und Pfeifen begann, so daß sich die Schauspieler zurück- ziehen mußten und das Spiel sofort abgebrochen wurde. Die Polizei verhinderte vor dem Theater Ansammlungen, so daß es zu weiteren Ausschreitungen nicht gekommen ist. Rew Port, 11. Dez. (Tin schwerer Un glücks fall) ereignete sich in der Tablebay. Dort kenterte ein Boot, in dem sich ein Lehrer mit sieben Schülern der Marinejugendwehr befanden, die eine Uebungsfahrt unternahmen. Alle acht Personen sind ertrunken. Das Schiff wurde vollständig zertrümmert von einem Schlepper etngebracht. Re» Port, 11. Dez. (Ein Zeuge nach einem Jahr.) Die Bemühungen des Detektivs Burns, in die Angelegenheit des Dynamitattentatc» in Los Angeles der Brüder Mac Namara mehr Licht zu bringen, scheinen von Erfolg gekrönt zu sein. Den Nachforschungen des Detektivs ist es gelungen, in Chicago eine Dame ausfindig zu machen, die er schon seit einem Jahr sucht. Der Name der 25jähriqen bildhübschen Dam« ist Nora Haley. Bei ihrer ersten Vernehmung gab sie an, daß sie sich den Behörden schon längst zur Verfügung gestellt hätte, wenn sie nicht Angst vor Attentaten gegen ihr Loben gehabt hätte, die zweifelsohne nicht ausgebliebcn wären, wenn sie ihre Aussagen in der Affäre früher gemacht hätte. Der Detektiv versprach der jungen Dam« ständigen Schutz für ihr Leben. Man «noartet noch -roß« Gnttzüll»«-«»,
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