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gab am Montag Staatssekretär von Kiderlen- Wächter ein Frühstück, an dem der serbische Ge schäftsträger mit einer Reih« politischer Beamter teilnahmen. * I« der Angelegenheit de» General, »»» Sager» ist eine amtliche militärische Untersuchung ein geleitet worden, di» sich auch auf das Verhalten der Vorgesetzten des genannten Offizier, erstreckt. Dazu hat ein Berliner Blatt an zuständiger Stelle folgendes erfahren: „Es ist alsbald eine «maehende Untersuchung veranlaßt worden, die rücksichtslos den zur Sprache gebrachten Verfehlungen aus den Grund gehen wird, wenn die Verabschiedung des Genannten auch schon ti Jahre, die übrigen Vorgänge fast 12 Jahre zurücklieaen. Wie in allen Fällen, so wird auch hier ohne Ansehen der Person emgeschritten werden, wobei es insbesondere gewissen hafter Prüfung bedürfen wird, ob und inwieweit die damaligen Vorgesetzten von den nahen Beziehungen des Generals zu der Frau eines Untergebenen gewußt haben. Ohne nähere Prüfung kann im vorliegenden Falle, der sich bei einem alleinstehenden Pionier bataillon zugetragen haben soll, von einer Schuld der Vorgesetzten nicht gesprochen werden. Für diese ist, wenn sie sich nicht am Orte befinden, oft sehr schwierig, sich über interne Angelegenheiten des Sffizierkorps zu unterrichten. Jeder, der die Armee kennt, weist aber, dah Vertuschungen bei uns nicht an der Tagesordnung sind. Gegen diese Dar legungen ließe sich recht viel einwenden. * AbgKirdneter Fuhrmann über die Lage. Auf einem vom Nationallibcralen Volksverein in Uecken- dorfrn Westfalen am Sonntag veranstalteten Volks - fest hielt der nationalliberale Abgeordnete Fuhrmann die Festrede. Er kam dabei auch auf die in letzter Zeit gegen den Führer der Partei Äassermann ge richteten Angriffe zu sprechen, die er als unrichtig und unehrlich zurückwies. Bassermann könne nicht als der Förderer eines Zuges nach links, oder als Träger eines Krostblockgedankens gelten. Im Ge genteil. er habe sich als ein entschiedener Gegner dieses Gedankens ausgesprochen. Wegen der preu- stischen Wahlreform, die ja wiederkommen solle, erklärte Fuhrmann, daß der Standpunkt seiner Partei festgelegt sei. Die Nationalliberalen fordern eine gerechte Vermehrung der Abgeordneten sowie die geheime und direkte Wahl. * Wetterle über die Elsaß-Lothringer. Lin Vertreter des „Matin" hatte eine Unterredung mit dem Reichs tagsabgeordneten Wetterls, aus der folgende Stelle hervorzuheben ist: „Glücklicherweise sind die Ge danken zollfrei und lassen sich an der Grenze nicht unterdrücken. Das einzige Interesse der Elfaß- Lothrinqer verlangt, dast unser Volk sich nicht ger manisieren lästt, denn das wäre gleichbedeutend mit dem Aus st erben unserer Rasse." (!) Dieie taktlose Bemerkung >>es ?>errn mc-nerl-"- ist natürlich Wasser auf die Mühlen der Chauvinisten, der französischen wie der deutschen. * Abschluß der Untersuchung über das Unglück des „Z. II". Wie bereits kurz im gestrigen Abendblatt berichtet, wurde eine besondere Kom mission mit der Untersuchung über die näheren Um stände, die das Unglück des „Z. H" bei Weilburg an der Lahn herbeiführten, betraut. Die erste Sitzung der Kommission, die unter dem Vorsitz des Obersten und Abteilungschefs im Kriegsministerium Schmie decke stand, fand am 18. Juni statt. Wie die „Inf." erfährt, hat die Kommission nunmehr ihre Arbei ten beendet und den Abschluß der Untersuchung herbeigeführt. Als Mitglieder gehörten der Kom mission Oberst Messing, Vorstand der Versuchs abteilung der Dcrkehrstruppen, Major Sperling von der Versuchsabteilung der Derkehrstruppen, Geheim rat Prof. Busley, Direktor Krell von den Siemens- Schuckert-Werken sowie Oberingenieur Dürr an. * Argentinisches Fleisch für Deutschland? Auf eine Möglichkeit zur Linderung der Fleischteuerung in Deutschland und Mitteleuropa, wohlfeiles Vieh vom Auslande einzuführen, hat der argentinische Konsul in Wien hingewiesen. Er hat nach der „Deutschen Fleischerztg." dieser Tage erklärt, dast die argentinische Regierung wohl in der Lage wäre, wöchentlich eine Schiffsladung von 1500 bis 2000 Rindern bester Qualität, wie sie in Oesterreich und Deutschland nicht schöner »u haben sein können, nach Triest zum Versand zu bringen. Der Preis für ein solches Stück Rind von über 700 kx Lebendgewicht, das jetzt in Oesterreich etwa 700 bis 900 Kronen kostet, wiürde sich in Argentinien nicht höher als auf etwa 200 Kronen stellen. Wenn die deutsche Re gierung eine solche Einfuhr gestatten würde, so würde sich trotz aller Frachten und Untersuchungs spesen dieses Vieh frei Hamburg noch immer ganz erheblich billiger stellen, als jetzt im Inland Fleisch weit geringerer Qualität. * Zur Bischsfskonferenr in Fulda sind einge troffen: Der Fürstbischof von Breslau, die Erz bischöfe von Köln und Freiburg, der Feldprobst der Armee, die Bischöfe von Trier, Hildesheim, Kulm, Münster, Limburg, Osnabrück, Paderborn, Mainz, Rottenburg. Ermeland, Strastburg und Metz und der apostolische Vikar von Sachsen. Der Erz bischof von Köln, Kardinal Fischer, wird sich nicht an der Bischofskonferenz beteiligen, weil ferne Schwester gestorben ist * Di« „Kriegsartikel" de» Zentrums. Dar Ab geordnete Erzderger hat auf der Katholikenver sammlung der Südpfalz in Herxheim erklärt, sie sei eine Kontrollversammlung, auf der die Kriegsartikel für den bevorstehenden großen Wahlkampf zu verlesen seien, und führte folgende fünf Kriegsartikel auf: 1) In jedem Ort mutz mindestens ein Vertrauens mann für das Zentrum sitzen. 2) Diese Vertrauens männer müssen im kommenden Herbst oder Winter eine Konferenz abhalten. 3) In jedem Ort ist kommenden Herbst oder Winter mindestens eine poli tische Versammlung abzuhalten. 4) Die katholische Presse muß mindestens eine Viertelmillion neue Leser gewinnen. 5) Der Parteikaffe ist ein außerordent licher Kriegsfonds alsbald zuzuführen. — i^reo: Das Zentrum ist keine konfessionelle Partei und die Katholikentage sind keine Zentrumsparaden. * Der Ausschuß des Eesamtverbande» Deutscher Metallindustrieller hat in seiner am 20. August in Berlin stattgehabten Sitzung einstimmig beschlossen, die Seeschiffswerften in dem Kampf gegen die Forderungen ihrer Arbeiter zu unterstützen. Für die weitere Behandlung der Angelegenheit ist eine besondere Kommission eingesetzt worden. * »Zopf" und kein Ende. Weil die Veröffent lichung vielleicht doch hilft, das eine oder andere Stück Zopf abzuschneiden, erzählt die „Frkf. Ztg." zur Erbauung der Leser eine wahre Geschichte aus Preußen: Kürzlich erliest die Kgl. Kreisregierung von T an das P-Amt in Z folgende Verfügung: „Nach erstattetem Bericht sind von dem bewilligten Bureaukostenmarimum 2 Pfennige — zwei Pfennige — nicht verbraucht worden. Die selben sind, da für andere staatliche Zwecke benötigt, der Staatskaffe zu rückzu erstatten." Diese zwei Pfennige erforderten zunächst einen Bericht des Vor standes des P-Amtes, daraufhin die Verfügung und zum Schluß die Verrechnung: was das für eine Ar beit bedeutet, verstehen aber nur Kaffenbeamte, die wissen, durch wie viele Tagebücher. Kaffen- und Hauptbücher diese 2 Pfennig wandern müssen. Armer Staat, der so „sparen" mug und dabei so viele Be amte unnötig beschäftigt mit Berichten und Verrech nung von 2 Pfennigen! * Der Verband Deutscher Nechtskonsulenten- Jnnungen, zu dem auch die Innung im Königreich Sachsen, Sitz Tharandt, gehört, hielt kürzlich den 18. Verbandstag in Hamburg ab. Dem Verwal tungsbericht war zu entnehmen, daß der Verband gute Fortschritte macht. Seit Einführung der No velle zur Zivilprozeßordnung gehen die Gerichte immer mehr dazu über, den Rechtskonsulenten als angemessene Vergütung für ihre Tätigkeit die Hälfte der Anwaltsgebühren und die vollen Pauschalsätzs der Rechtsanwälte zu bewilligen. Der Verband strebe die allgemeine gesetzliche Rege lung der Gebühren durch den Deutschen Reichstag an. Ferner., sei das Bestreben des Verbandes darauf ge richtet, für seine sämtlichen Mitglieder das mündliche Verfahren vor den Amtsgerichten zu erwirken. Aus der reichhaltigen Tagesordnung ist insbesondere fol gender auf Antrag der Rechtskonsulenten-Jnnung für den Bundesstaat Hamburg im Interesse des Publi kums gefaßter Beschluß zu erwähnen: Eine Petition an den Bundesrat und an den Reichstag zu richten mit dem Anträge, der reichsgesetzlichen Gebühren ordnung für Gerichtsvollzieher und für Zeugen und Sachverständige eine derartige Fassung zu geben, dast eine einheitliche Auslegung der Bestimmungen möglich ist, weil im Deutschen Reiche die verschiedensten, sich widersprechenden Ent scheidungen ergangen sind. " Wegen Spionageoerdachts wurde auf der Nord seeinsel Borkum ein 23jähriger Engländer ver haftet, der sich nachts in die Nähe der Festungs werke schlich und Blitzlichtphotos aufnahm. Vom Posten bemerkt, wollte der Engländer fliehen, der Posten drohte zu schießen. Der Verdächtige wurde verhaktet und nach Emden ins Gefängnis üderaeführt. Die Photos sind beschlagnahmt. Eine Untersuchung ist eingeleitet. * Einheitliche Bearbeitung der Arbeiterfragen. Die Bearbeitung der Arbeiterfragen wurde bisher von den landwirtschaftlichen Korporationen in nicht einheitlicher Weise vorgenommen. Wie uns mit geteilt wird, soll die fortlaufende einheitliche Be arbeitung der Arbeiterfragen nunmehr der Zentral stelle der Landwirtschaftskammern übertragen wer den. Diese wird beauftragt, im nächsten Winter der Konferenz der Kammcrvorstände ein Programm dar über zur Beschlußfassung vorzulegen, in welcher Weise sie die einheitliche, fortlaufende Bearbeitung aller die landwirtschaftlichen Arbeiterverhältnisse be treffenden Fragen durchführen zu können glaubt. Ausland. OeNerrelür-Ungsrn. * Gegen die Tschechisterung Wiens! Ein im Inter esse der Erhaltung des Deutschtums in Wien sehr zu begrüßender Verein („Deutsches Haus in Wien", Kanzlei: Wien VII, Schottenfeldgasse 92) sendet an alle guten Deutschen einen Aufruf, der wie folgt lautet: „Die Kaiserstadt an der Donau soll mit tschechischen Schulen und Vereinshäusern über schwemmt werden. Damit die nachkommenden Ge schlechter uns niemals fluchen, müssen wir wahren und schirmen immerdar, solange wir leben und in uns ein Lebensfunken flackert, die von unseren Vor fahren als kostbares Vermächtnis überkommenen hettigsten Güter: Die deutsche Mutter sprache. die deutsche Schule! Nach dem Vor bilds zahlreicher Städte in Oesterreich muß auch in Wien ein würdiges „Deutsches Haus" endlich erstehen, weshalb es notwendig ist, daß jeder gute Deutsche, dem das Wohl und Wehe seiner deutschen Brüder am Herzen liegt, sein Echerflein opferwimgst beiträgt . . ." Mit dem Aufruf werden 50 wertvolle Briesverschluß-Marken mir prachtvollen Abbildungen großer deutscher Männer gesandt, wofür eine Mark einzusenden ist. Dem nationalen, deutschen Unter nehmen ist bestens Glück zu wünschen! * Uebernahme de» „Lebaudy" für da» österreichische Heer. Der „Lebaudu" für das österreichische Heer, der bei seinen ersten Fahrtversuchen sich als höchst untaug lich erwiesen hatte, so daß man schon allgemein von einem Fiasko dieses Luftschiffes sprach, ist nun nach mannigrachen Aenderungen und Umbauten von der österreichischen Heeresverwaltung übernommen worden. Es waren 3 Prüfungsfahrten vor geschrieben, die der „Lebaudy" nun nach seinen Aenderungen noch einmal auszuführen hatte. Bei der ersten Prüfungssahrt mußte er eine Eigen geschwindigkeit von mindestens 45 Kilometer auf weisen, bei der Zweiten Prüfungssahrt eine Mindest höhe von 1500 Meter erreichen und bei der dritten mindestens 10 Stunden fliegen. Wegen der un günstigen Witterung wurde manches nachgesehen, da die Fahrten im allgemeinen jetzt befriedigten. Der österreichische „Lebaudy" hat, jetzt den Namen „Militärlenkballon H" erhalten. Er hat einen Rauminhalt von 3800 Kubirnwtern, ist also um 1200 Kubikmeter größer, als der -Milttärlenkballon I" und hat einen fast doppelt so starken Motor von 120 Pferdestärken. Trotzdem ist der L e n k b a ll o n Nr. I, bekanntlich ein,,Parseoal", in keiner Weise an Leistungsfähigkeit geringer einzuschatzen, als der stärker ausgerüstete „Lebaudy". Der „Militär- len k b a l lo n II" wird als Station den Schießplatz Oerkeny bei Pest erhalten, der die zweite Luft schiffstation des österreichischen Heeres darstellt. Die ettte befindet sich bekanntlich in Fischamend, wo der „Parseval" untergebracht ist. Für das österreichische Heer kommt nun noch ein Luftschiff nach dem System „Clement Bayard" in Betracht. Weitere Luftschiffbauten sind vorderhand für das Heer nicht vorgesehen. Türkei. * Türkei und Dreibund. Die Londoner Presse bringt Telegramme ihrer Korrespondenten aus Kon stantinopel, wonach die Annäherung zwischen der Türkei und dem Dreibund als eine bei der Anwesenheit des türkischen Finanzministers in Ber lin vollzogene Tatsache festgestellt wird. Es beständen weitgehende Abmachungen, die jedoch der Türkei die Hände frei halten. Deutschland und Oester reich haben, so meldet „Daily Thronicle", seit einem Jahr die Türkei mit Vereinigungsanträgen umwor ben, die jetzt ihren Abschluß gefunden Haden mit dem Endzweck, daß die neue Koalition ihre Spitze gegen Rußland richte. — Da die Nachricht englischen Quel len entstammt, ist Vorsicht geboten. GrieHenlsnü. * Die revolutionären Offiziere beschlossen in einer Konferenz, in Konstantinopel den 28. August, Len Eiündungstag des Militärbundes, feierlich zu be gehen und an diesem Tage den militärischen Dien st ruhen zu lasten. Der Vertreter des Kriegs ministers Zorbas, der der Konferenz beiwohnte, hat gegen den revolutionären Beschluß keine Verwah rung eingelegt. * Bon den Wahlen. In allen Wahlbezirken Attikas, vielfach auch in anderen Provinzen, sind die Li st en der Volksverbände stark im Vor sprung. Venizelos wird in Attika mit über wältigender Majorität gewählt werden, auch die übrigen kretischen Kandidaten werden durch dringen. Rhallis erklärte, Venizelos müsse auf Grund dieses Plebiszits mit der Bildung der Regierung beauftragt werden, nachdem er seine kretischen Aemter niederaelegt habe. In der Presse wird die Ansicht ausgesprochen, das Wahlergebnis werde eine Umwandlung der revisionistischen Natio- nalvcrsammlung in eine konstituierende zur Folge haben. Die Wahl Les Ministerpräsidenten Dragunns und Les Ministers des Aeußern Kallergis erscheint als gesichert, die des letzteren sogar in zwei Wahl kreisen. Auf Korfu wird Theotekis Liste siegen. Amerika. * Amerikanische Missionspropaganda. Auf dem Anfang Mai 1910 in Chicago abgehaltenen 1. Kon greß protestanischer Missionsgesellschaften in den Ver einigten Staaten, auf dem auch der frühere Vizeprä sident der Vereinigten Staaten, C. W. Fairbants, so wie der Lord William Cecil anwesend waren, wurde einstimmig beschlossen, e» sei nötig, die jährlichen Beitrüge (1909: 11 Millionen Dollar) in Zukunft auf 45 Millionen Dollar zu erhöhen. Speziell bei dem Thema „Missionstütigkeit in China" wurde von ver schiedenen Rednern auf den eminenten praktischen Nutzen der amerikanischen Missionare für Ausbrei tung der englischen Sprache und Förderung des ame rikanischen Handels hingewiesen. Lord Cecil sucht sich in Amerika die Unterstützung der Universitäten in Harvard Pale, Princeton und Chicago („Rockefeller- Ünioersität") bei der Beschaffung von Lehrkräften und Geldern für die Gründung einer von ihm als „Internationale Universität" bezeichneten Universität in Hankou zu sichern. Diese soll nach englischen und amerikanischen Lehrmethoden eingerichtet werden. Die Universität Chicago wartet erst Berichte ihrer vor einiger Zeit nach China entsandten Professoren Ernest de Wit Burton und Thomas C. Chamberlin über ihre in China gesammelten Erfahrungen ab, bevor sie Stellung zu dem Projett nimmt. * Die Folgen der Niederlage des Präsidenten Madriz von Nicaragua. Nach erner Meldung erließ Ioss Estrada eine Proklamation, wodurch den Aufständische n die Regierung über tragen wird. In Managua sollen schwere Aus schreitungen vorgekommen sein. Die amerikanischen Einwohner fühlen sich sehr beunruhigt. Die Auf ständischen stehen etwa 12 Meilen von der Stadt. Meldungen, die beim Staatsdepartement in Washing ton eingegangen sind, bestätigen, daß Madriz und seine Anhänger sich zur Flucht vorbereiten. Eine aufgeregte Menge dränge durch die Straßen unter dem Rufe: „Tod den Yankees!" Die Gesandtschaft und das Konsulat sind bewacht. Aus Bluefields wird gemeldet, daß Madriz Bluefields geräumt und Estrada die Stadt sofort besetzt hat. Sus Gabriel Msr' jungen Tagen (Zum 70. Geburtstage des Künstlers. 23. August.) (Nachdruck verbot«».) Was in erster Linie dazu beigetragen hat, Ga briel Max eine ganz besondere Stellung in der deut schen Künstlerwelt zu sichern, ist, daß er als Maler und als Mensch ein gleich lebhaftes Interest« er regt. Bewundert man auf der einen Seite den Ge schmack, die Feinheit und Originalität seiner male rischen Leistungen, so wird man zugleich von der in seinen Werken sich offenbarenden bald genialen, bald bizarren, jetzt tiefpoetischen und jetzt wieder verbohrt grübelnden Persönlichkeit unwiderstehlich angezogen. Und diese merkwürdige Mischung ist dem Künstler von Jugend auf eigen gewesen. Ja, man möchte glauben, daß sie ihm schon von seinen Vorfahren her vererbt gewesen sei. Wenigstens gibt es ein Geschicht- chen von dem alten Joseph Max, dem Bildhauer, besten Sohn Gabriel Max ist, das darauf hinweist, daß auch der Alte ein Stück von einem Origi nale war. Er war selbst seines Sohnes Lehrer, und um den kleinen Gabriel die malerische Anatomie recht eindringlich aci oonic« zu demonstrieren, wurde dieser oft am ganzen Körper, besonders an Armen und Füßen, mit Tinte bezeichnet. Alle Muskeln wur den schwarz bemalt und mit Namen versehen, und bei jeder Bewegung war es dem jungen Schüler selbst überlasten, zu erforschen, wo die betreffenden Muskeln hingekommen waren. Unzweifelhaft eine drastische und originelle Art, die Anatomie des Menschen zu lehren, und nach seinen Bildern zu urteilen, scheint sie bei Gabriel Max gut angeschlagen zu haben. Daß er anders war als andere Menschen, das zeigte sich schon in seinen Prager Früjahren. Statt die Schule zu besuchen, machte sich Gabriel aus weite Wanderungen, unternahm Schwimmübungen oder geologische Exkursionen, legte sich wunderliche Sammlungen von allerlei Art an sein großer Samm ler ist er bis auf den heutigen Tag geblieben), und dann wieder kamen Stunden der Schwermut über ihn, in denen er auf dem Grabe des früh verschiedenen Vaters seine Zuflucht luchte. Welch ein merkwürdiger Mensch Max in Wien war, wohin er dann über siedelte. davon gewinnen wir aus den Schilderungen seines Mitschülers Iosevb Lewinsky, sowie aus denen Adoll Kobuts ein lebendiges Bild. Max' Wiener Aufenthalt fiel in die Jahre 1858 bi» 1861, und es hat sich dieser schwerblütige, ver- sonnene und zur Mystik neigende junge Prager in der lehensfrischen Kaiierstadt an der Donau nie recht wohl gefühlt. Von kleiner Gestalt, mit seinqeschnittenen. etwas zusammengeknissenen Gesichtszüoen. erschien er den Kameraden al» «ine ziemlich verschlossen« und scheinbar kalte Natur, di« jedoch auftaute, wenn ein bedeutender Gegenstand der Kunst, der Wissenschaft oder des gesellschaftlichen Lebens ihn anregte und fesselte. Der sonst einsilbige, ruhige und bloß beob achtende Geist konnte dann, besonders in heiterem Kreise, einer der Lebhaftesten, Geistreichsten und Witzigsten sein; sein Witz hatte allerdings eine starke Beimischung von Sarkasmus. Was besonders in seinem Wesen sich ausprägte, war ein gewisser Hang zum Absonderlichen, Bizarren, der sich in allerlei naturwissenschaftlichen und philosophischen Spekula tionen und Liebhabereien gefiel. Die Erforschung toter Vögel beschäftigte ihn ebenso wie die Er forschung des Ursprungs aller Ding«. Es war etwas Faustisches und etwas Me phistophelisches zugleich in seiner Natur. In abgetragenen Kleidern, das Skizzenbuch in der Tasche, liebt« er. es, die verrufensten Lokale aufzu suchen und hier den „Leichtfertigen" oder gar den Spitzbuben zu spielen, um dabei „Studien" zu machen. Dergleichen das kriminelle Gebiet berührende Ex kursionen hatten allerdings ihre bedenklichen Seiten, mitunter aber auch ihre ergötzlichen. So wurde einst polizeilicherseits ein Verbrechernest aufgehoben und zur Wache befördert. Als die saubere Gesellschaft dem Polizeibeamten vorgeführt wurde, befand sich auch Gabriel Max in deren Mitte. „So jung und schon auf dem Wege des Lasters", redete der „Großinqui sitor" den gefährlichen „Verbrecher" an. Dieser reichte statt aller Entgegnung dem Beamten das „Ver brecheralbum" hin. aus welchem die wohlgetroffenen Konterfeis der miteingebrachten Genosten „auf dem Wege des Lasters" sich jenem in «klipfis präsentierten. Der Mann des Gesetzes erriet, lächelte befriedigt und entließ den abenteuerlichen Maler, verfehlte aber nicht, ihm zuvor den wohlgemeinten Rat zu geben, für seine Studien in Zukunft sich doch ja minder ge fährliche „Modelle" auszusuchen, da das von ihm be liebte Inkognito nicht immer gleich günstige Resultate aufzuweisen haben dürfte. Mi« wenig geneigt indessen der junge Maler sich zeigte, der warnenden Stimme Gehör zu geben, sollte man bald erfahren. Eines Tages erschien Gabriel etwas entstellt in seinem Aeußeren. Seine malerisch« Passion wäre ihm fast sehr übel bekommen. Nach seiner Gewohnheit in zerlumpter Kleidung eine der berüchtiasten Spitzbubenversammlunqen besuchend und im künstlerischen Genüsse der köstlichen Zuchthäusler innen schwelgend, war er leider in unangenehmer Weise in seinen Studien unterbrochen worden; denn nicht für einen Spitzbuben, sondern für einen ..Spitze l" hatte man ihn angesehen. Seine Ver sicherungen, er sei einer der gefährlichsten Einbrecher, halfen ihm nichts: man hielt ihn für einen geheimen Polizisten, und rur mit Müh« gelang es ihm, den ärgsten Mißhandlungen zu entgehen. Die künstlerische Ausbeute dieses Abends, die auserlesensten Galgen- Physiognomien enthaltend, sowie ein braun und blau geschlagenes Gesicht bildeten allerdings die bestätigen den Illustrationen seine, kleinen Kriminalroman«. Mit diesen etwas ungewöhnlichen Mitteln zu großem künstlerischen Zweck waren die Quellengebiete seiner Studien indessen nicht erschöpft. Durch einen befreundeten Mediziner wußte er sich auch ins All gemeine Krankenhaus Zutritt zu verschaffen. Hier waren es die letzten Augenblicke der Sterbenden; im Seziersaal die anatomische Zergliederung der Toten, die er zu Objekten der eingehendsten und eifrigsten Studien machte. In allen diesen Neigungen und Zügen des jungen Akademikers offenbart sich bereits der Charakter des späteren Meisters, der für die Nachtseiten des mensch lichen Lebens stet» «in besonderes Interesse gezeigt, der den Tod in so vielfältiger Gestalt zur Darstellung gebracht und der Zeit seines Lebens Exkursionen in Gebiete geliebt Hat, die abseits der Heerstraße des Gewöhnlichen liegen und zumeist gemieden werden. vr. ä.. v. Der Deg der Lholers. An zwei Punkten Europas erhebt das Gespenst der Cholera gleichzeitig das Haupt: im Süden in Italien und im Osten in Rußland. Fünfmal bereits hat der „indische Schrecken", wie die Cholera bei uns nach ihrer Heimat genannt wird, in weniger als einem Jahrhundert sich in Pandemien über die ganze Erde verbreitet, und jedesmal hat die Krankheit typische Wege eingeschlagen. Seit der Entdeckung ihres Erregers weiß man genau, daß sie bei ihrer Verbreitung nur den Wegen des mensch lichen Verkehrs folgt. Die ersten Male, wo sie aus ihrer Heimat nach Europa kam, haben die typischen Land- und Seewege, denen sie folgt, kennen gelehrt. Im Jahre 1817 herrschte in ganz Indien eine sehr schwere Choleraepidemie, die sich allmählich bis an die Küsten und Grenzen erstreckte. Von Indien ge langte die Cholera westwärts nach Maskat an der araoischcn Küste, und im Frühjahr 1821 gelangt« sie von Bombay aus bis Mesopotamien; dann folgte sie dem Euphrat und dem Tigris und gelangte so nach Mostul und schließlich auch nach Syrien; im De zember des Jahres war sie bis nach Aleppo vorge drungen. Der Winter unterbrach ihr Wüten, aber im folgenden Jahre brach sie an der syrischen Küste wie der aus. Im Mai desselben Jahres kam sie auf dem Wege über Persien nach Transkaukasien auf russisches Gebiet, im August war sie in Baku, und am 22. Sep tember war sie bis nach Astrachan aelangt, und zwar dorthin durch Schiffe. Europa erreichte sie nicht. In sechs Jahren hatte sie sich über ein Gebiet ver breitet, das 100 Längen- und 67 Breitenarade um faßt. Ihre damalige Geschwindigkeit der Ausbreitung ist. entsprecbend dem langsamen Ver kehr gering. Mit dem Anwachsen der Verkehrsge schwindigkeit wächst sie aber, wie die folgenden Pan demien zeigten. 1826 herrschte in Benaalen wieder eine heftige Eholeraepidemie, die sich längs der Flüsse ausbreitete; zwei Jahre später wurde die Krankheit nach China zu den Kirgisen verschleppt, und so gelangte sie 1829 im August nach Orenburg. Gleichzeitig war sie von Persien aus auf dem gleichen Wege wie das erstemal nach Astrachan gelangt. Dieses Mal aber beschränkte sie sich nicht auf das asiatische Rußland: st- ergriff das Wolgagebiet, die Ufer des Kaspischen Meeres, war 1830 im Gouverne ment Perm und gelangt« schließlich bis dicht vor Petersburg selbst; auch im Winter schritt sie weiter und ergriff 1831 die westlichen Gouvernements, die russischen Ostseeprovinzen und Polen; im Juni war sie in Petersburg, gleichzeitig in Orel und in Archangelsk, und einen Monat später war sie auch in Finnland. Nach Rußland kam D e u t s ch l a n d an die Reihe: russische Truppen schleppten die Seuche nach Polen ein und längs der Hauptverkehrsstraße wanderte sic weiter und gelangte von Drzese über Biala und Lublin nach Warschau, und Ende Juli stanll sie in Kali sch und überschritt die preußische Grenze. Posen, Bromberg und Schlesien wurden nachein ander ergriffen; sie folgte dem Laufe der Oder. Gleichzeitig war sie in Nordosten im Mai 1831 nach Danzig gelangt. Auf einem dritten Wege war sie von Podolien aus nach Galizien und Oesterreich ge langt. Bei dieser allgemeinen europäischen Tholera- evidemie wurden beinahe alle Länder heimgesucht. Die Krankheit machte nicht am Atlantischen Ozean halt, sondern sprang auch nach England hinüber, und im Jahre 1832 war sie in Kanada und damit in der Neuen Welt. Diesen Landwegen folgte sie auch bei den späteren Pandemien jedoch sind mit dem zu nehmenden Verkehre ihr überall neue Wege er schlossen. Seit der Suezkanal für den Seeweg nach Indieck allgemein benutzt wird, benutzt ihn die Cholera auch, um auf Schiffen nach Europa zu ge langen, und auf diesem Weae ist sie vielleicht dieses Mal nach Snditalien gelangt. Die Gefahr für die übrigen e"ropäischen Länder, von der Cholera ebenfalls befallen zu werden, ist jedoch, dank der internationalen Verträge, die seit der aroßen Choleraepidemie in Hambu'rg s1802) abgeschlossen sind, non d<w Häfen aus nicht so groß, wie dis Gefahr von hör Ostse^t« hör wo st-, Grüssen folgen kann. Es ist ja eine beinahe all- fährli-h wiederkehrionde Mrl-Hofnnnq. doß in Deutschland ein paar L'hokera- fälle "n^or den Wei^stlschisfern vorkawmen: doch es ist alsicklicherweif'' bisher jedesmal gelungen, ein Umsichgreifen der Tbole'-o zu verhindern. * * Di« Künstler beim Bau des Posener Residenz- schloss«». Wie uns mitgeteilt wird, waren beim Dau des Posener Residenzschloffes neben dem Er bauer Professor Schmechten noch eine ganze Anzahl namhafter Künstler tätig, die die künstlerische Durch stihrung der Fassade, die Bildhauerarbciten. die Malereien und die Mosaikbilder leiteten, bzw. die