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Somnag den 25. September 1021 VLchstsche «o!k»i«tt»«- Leipzig Folge geleistet und damit für die Verbreitung der Sächsischen Volkszcitung" und sür den Bcitwrl zn„. Preßverein geworben? Aehnlich wie hier. ioi.d man diese Frage bei den anderen Organisationen, deren Förderung :n Leipzig verlangt wurde, fragen können. Cs ist daher ganz naturgemäß, daß auf dem Dritten Sächsischen Katholikentage in Bautzen diesem Pro- blem näher getreten werden muß. In dem Aufruf zum 8. Sächsischen Katholikentage heißt cs: „Wie ein Fels, über dem seit 360 Jahren die Meeres fluten lagen, so ist der ein Jahrtausend alte Bischofsstuhl von Meisen wieder ausgetaucht. Kommt zur Bischossstadt Bautzen, zum wieder Hein,gekehrten Benno, zu Bischof Christian, ver beißt iluu mit treuer Kindesliebe, daß es ihm nicht ein dornenvolles, sondern beglückendes Los sein wird, erster B>- schof des wiedercrr'chteten BisiumS geworden zu sein!" ES ist kein Zweifel, daß i» diesem Geiste sich der Verlauf des 3. Sächsische» Katholikentages in Bautzen vollziehen wird. Cr muß auch in erster Linie ein Katholikentag der Tat werden. Es liege» der geschlossenen Versammlung am Sonnabend nachmittag Anträge vor. die bezwecken, daß es bei den zu sasiendcn Entschließungen und bei den Anregungen nicht sein Bewenden hat, sondern daß dieselbe» allen katholischen Pfarrämtern und Scelsorgstellen, allen katholischen Verbänden und Vereinen noch besonders zugänglich gemacht werden, um die Durchführung zu gewährleisten. Fiüher als man erwarten konnte, wur.ie -S ermög licht, in diesem Jahre wiederum, und zwar die 6l. Generalver sammlung der Katholiken Deutschlands abzuhalten. Trotzdem wird dadurch die Veranstaltung von E'n.zclkaiholikentagen nicht üleri nsiig. Die deutschen Katholikentage werden der alles übcrspaiineiide Nahmen sein und bleiben. Dort sollen sich all jährlich die katholischen Vertreter aus den, ganzen Deutschen Reiche versammeln zu gemeinsaiucn Tun. Die Abhaltung von vnnzcllathelikciitagcn. wie in Sachsen, wird in Zukunft dazu bienen müssen, um in erster Linie die religiösen und kirchcn politischen Bedürfnisse und Fra- gen der einzelnen Länder und Provinzen zu berücksichtigen, wird vor allem dazu dienen müssen, diese Fragen, aber auch die Anregungen der großen deutschen Katho likentage den Verbällnisscn der einzelnen Länder anzupassen und für ihre prattncbe Nutzbarmachung besorgt zu sein. Wir inüstcn zur Tat schreiten, >dnr müssen positive Arbeit lcislen. Dieser Ruf muß immer wieder erschallen. Dieser Ruf wird um so begeisterter aufgenommen werden, all wir schon in der erste» Woche der Wirksamkeit des neuen Bischofs, des wie- dereerich e!.n ch'.n-mö Meißen gesehen haben, daß Bischof Christian Schreiber ein Kirchen für st der Tat ist und sein will. Hervorragende Männer in Kirche und Staat haben die Güte gebabt, in der vorliegci.den F e st n u m m c r prächtige Worte der Aufmunterung, der Anerkcnnung, aber auch Worte, aus denen der Ernst der Situation sich ergibt, zu den Teil- v.l'.i! ru des Katboliieutages wie überhaupt zun, katholischen Voll teil i» Sachsen zu spreche», Worte, die aber sicher über den Kre-s des ka'holischcn Vvlksteils hinaus auch von all denen freudig ausgenommen werden, die auf dem Boden der christlichen Wel-tauscba >! uug st eben. Möge das, was der apostolische Nuuiius Erzbischof PacclIi, was Reichskanzler Dr. Äst rth, was Ministerprä sident Stogermald, die Abacoroneleu Dr. Schoser und G e r st c n b c r g e r usw. usw. hier m markanten Sätzen in der Festniimi.ier niedcrgelcgt haben, in harmonischer Weise znsam- meiiklmge» mit dem, was in diesen Tagen in Bautzen ans Lein 3. Sächsischen Katholikentage gesprochen und beraten wird. Daun wird cs einen guten Klang geben und die Glocken des Bantzncr Domes werden eS dann über das ganze Land tragen, daß der Katholikentag eine Veranstaltung der Tat war, z»m Wähle der katlwlischen Kirne nicht nur, smidern auch zum Besten des Vaterlandes. Der Heiken (Noi — wir Aaibokiken. Von Gcistl Rat Dr. I. Schofer-Freiburg i. Br., Mitglied des Badischen Landtages. I» der Nit erprobt sich der Freund! Die katholische Kirche ist bestimm»» ch.w.uäß eine wahre Freundin des Volkes und der Völker insgesamt. Daß sie sich als solche im Laufe der Jahrhunderte erprobt, dafür spricht da» Zeugnis der Geschichte. Mitten im Rninenfelde Europas steht auch heute die edle, ernste Jungfrau mit dem Krenzesdiadem, um abermals zu helfen und zn retten. Viele Augen richten sich heute in den Tagen des Elends anf die Blutbrant Jesu Cbristi. Wir ahnen in der Not, daß diese von Gott gesandt ist, zu retten, was verloren ging. Nicht um z» herrschen, nicht um ihre Macht zu sichern, geht die Kirckie an die Arbeit, nein, um zu retten, vor noch größerem Elend zu bewahren, das ist ihr Ziel. I. Am 8. Dezember 1914 waren fünfzig Jahre verflossen, seit Pius IX. sein Rundschreiben Quanta cura an die Völker des Erdenrundes gerichtet hat. Der Donner der Ka» nonen hat das Jubiläum ganz vergessen lassen, doch sollt» ge- rode dieses Völkerringen ans blutiger Wahlstatt zeigen, wie richtig der Stellvertreter Christi vorausgesehen, wie Verhängnis- voll eS für die Völker Europa» werden sollte, daß sie auf die wm r ende Zeitenstimme nicht hörten. In dem genannten Rundschreiben steht das Wort ge schrieben: .Wo man die Religion au» der menschlichen Gesellschaft hinauswirft, wo man die gött lich« O f f e n b a r u n g » I e h r e und ihr« Autorität verachtet, legt sich Finsternis aus di« Kennt, nis der Gerechtigkeit und de» menschlichen Rechte»; diese Kenntnis geht verloren; an die Stelle wahrer Gerechtigkeit und l«gitimen Rechte» tritt die rohe Gewalt." Da» Rechtsprinzip ist in weitem Umfange au» dem inter nationalen, ans dem nationalen Völkerleden gew.chen. Tie bri tale Gcwall de» Militarismus bei denen, die angeblich ihn bekämpfen, beherrscht das internationale Völkerleben' dl« bru tale Gewalt des MammonISmu» tut da» Gleiche im Wir'schattS- leben. Kein Völkerbund bestehender Art und keine Soiralistc- rungSgesetze weiden allein und endlich dieses Teufelspaar aus der Menschheit verbannen. Eine» ist zuvor notwendig: Zurück »ii Gotte» heiligem Gesetz! Der Anfang der WeiShe.t ist and bleibt die Furcht GotteSl Die ist auch der Anfang der Staat». wctShettl Da» ist die erst« große Wahrheit, die unsere Kirche der Menschheit, vorab den Völkern Europas zu sagen hat. Der Zeiger geht auf 12 Uhr! Noch ist es Zeit! Verhallt dir mäh rende Stimme, und e« hat den Anschein dazu, dann tc-ib« d>». Flotte der Staatsschiffe in einen noch salzigeren, blutig«ren Sttrm hinein. Die Kirche ruft und warnt! Die Frage ist: Wa» tun ihr: Kinder? Haben wir die Gedanken des Stellvertreters Jesu Christi in» öffentliche Leben hsaeingetragen? Oder Halen wir uns von denen imponieren lassen, die mit der Sicherheit gött licher Unfehlbarkeit sagten: Religion und Politik habe - nick tS mit einander zu schaffen? Arh wir Söhne und Töchcer der Kirche haben hier Pflichten. Vergessen wir sie nicht! Es sind am Ende mit die wichtigsten. Kardinal Hergenröther schrieb 1865 zu diesem Thima: .Ist der Urquell alle» Rechte» verleugnet, daun habcn auch alle anderen Rechte nur e'ven zweifelhaften Bestand ->on beite auf morgen, dann sind die schützenden Dämm: durch brochen, die Schleusen geöffnet, herein bricht der alle« ver- h «rende, furchtbare Wasserstrom des allgemeinen N nstarz-s d e neue Sintflut der literarischen, religiösen, politisch-» und sozialen Revolution. Hier eröffnet sich ein unermeßliche» Ge. lüet geistiger Verheerungen, entsetzlicher Verunstaltungen, grauenhafter Barbarei. Und die Gesellschaft muß das alle» sich selber zuschrciberi, weil sie im Anfang nicht widerstanden die Prämissen zugegeben hat, aus denen jene Folgerungen uner bittlich »nd unabweislich sich erg-ben. Sie Hai sich durch d:e von ihr nicht bloß geduldeten, Widern gehegten und gepflegten, begünstigten Grundsätze selber das Verderben bereites" Viel von dem, was hier rät Seherblick geschaut und an- gekündigt worden ist, ist Wirklichkeit geworden. Europas Mmnenseld spricht eine nicht mißznverstehende Sprache. Her« gcnröthcr klagt, „die so nahe, egenden Heilmittel erkennt die Gesellschaft nicht." Heute ist w cöer etwas Sinn und Verständ nis erwacht. Man siebt eS er». der Weg war ein Irrweg. Jetzt gilt es, daß wir Katholik:» die Staatswcisbeit wieder auf die Wege der GotteSgesetze führen. Das ist der Weg des Heil»! 1l. Die obengenannte Enzvklika PiuS IX. enthält noch einen anderen Sah, der heute wie ein« Weissagung sich liest. Er lautet in freier Uebertragung: „Ist die menschliche Gesellschaft losgelöst von den Banden der Religion und wahrer Ge rechtigkeit. dann kann sie nur noch ein Ziel haben, nämlich Vermag,» gusammenzuschar- ren und anzuhäufcn; in ihrem Treiben kennt sie kein anderes Gesetz als die ungezügelte Gier, seinem Vorteil und seinen eigenen Lüsten z» dienen." Dieses gottlose Prinzip hat die Menschen zuerst von Gott loSgerisse». Nachdem kein Van.-rwille im Himmel mehr cxi- . stierte, sielen auch die Schranken des Rechtes und der Gerech tigkeit. die Baude der brüderlichen Liebe, di« Gesellschaft hörte ans, eine Familie zu sein; sie wurde mehr und mehr zur beute- süchtigeu Rotte. Das Vaterunser auf den Lippen wurde znm Verdammungsurteil des Wirtschaftslebens. Helfen die Gesetze? Gewiß, Gesetze, ans dem Brü- dergciste des Christentums geborene Gesetze können vieles ver- büten, anderes verbessern. Sie sind ein Mittel. Allein ohne die Solidarisierung der Seelen helfen alle Svsteme und alle Gesetze nichts. Hier liegt die gewaltige Aufgabe der katholi sche» Kirche, auch die gewaltige Aufgabe von uns Katholiken. Es ist falsch, die Besserung allein von oben herunter zu erwar ten; sie muß in erster Linie von unten herauf erfolgen, aus dem Volke heraus. Hier muß es wieder zur Erkenntnis und damit zur Lebensweisheit werden, daß die Menschcnbrüder Kinder eines Vaters sind; dgß das Lebensziel die Einigkeit, daß vor Gottes Nichlcrstuhl über die Verwaltung Rechenschaft abge legt werden muß; daß auch Ser Mammon davon keine Aus nahme macht; daß am Familientisch der Gesellschaft auch der Man» der harten Ar-beit seinen Platz wie jedes andere Kind der Gottesfamilie einzunehmen berechtigt und berufen ist; das; Eigentum verpflichtet gegen die Familie der Gesellschaft; daß über die Gerechttgkeitspslichten lsinaus noch die Liebespslichten bestehen; daß der Herr gesprochen: Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, habt ihr mir getan! Elisabethen- gcist und Hedwigsgesinnung, Fecmziskusliebe, das ist's, was das Heil bringen kann. Nicht das gottlose Evangelium Hegels und Häckcls, nicht die Wahnideen Nietzsches, nicht Kommunismus und Sozialismus, nicht der Liberalismus baden Rettung ge bracht. Es waren und sind Irrweg«, die letzten Endes ins Ver derben führen. Im Kreuz ist Heil und im Kreuz der LebenS- quell. Darum ist vor allem notwendig, daß die menschliche Ge sellschaft wieder zu Christus zurückkehrt. Ohne diese Rückkehr gibt's keine Lösung der sozialen Frage, keine Rettung an» dem Elend. M. Autorität und Ordnung und Freiheit, Arbeitsamkeit und Genügsamkeit, Redlichkeit und Gerechtigkeit, Gemeinsinn und Opferbereitschaft, danach ruft's heute aus allen Ecken und Enden. Diese Dinge haben noch immer zu den Staatsnotwen» digkeiten gehört. Je mehr lie unseren Tagen fehlen, um so schmerzlicher vermissen wir sie und um so energischer verlangen wir sie zurück. Wer »ach Autorität ruft, darf den Urquell jeder Au torität nicht verstopfen wollen. An seine Stelle „den Volks willen" setzen wollen, heißt das Fundament des Gebäudes auf Sand aufsetzen. Me Ordnung nur auf Gesetze, Staatsan walt und Polizei aufbauen wollen, führt nicht zum Ziel. Wenn die Gewissen versagen, versagt die Ordnung. Darum ist der Anstalt, die zur letzten Quelle der Autorität hinsührt, der die Führung des Gewissen« von Gort anvertraut ist, jederzeit eine gewaltige Missionsaufgab« -m GeKllschaftsleben der Völker zu gewiesen, darum richten sich die Augen der autoritäts- und ord- nungöbedürftigen Zeit instinktio aut die katholische Kirche. Von hier erwartet man Hilfe und Rettung. E» ist bald 50 Jabrr ber, da schrieb Professor Moulart an der Löivener lbniversität: Durch die katholische Lehre haben Ordnung und Freiheit ihren Einzug in die Welt gehalten und durch sie allein werden sie sich in derselben behaupten. Die Idee von Autorität, Recht und Pflicht ist katholischen Ilr- sprnngs. In dem heidnischen Altertum hatten die Häupter der Völker keinen Begriff von den mit der Souveränität verbun- kmndenen Verpflichtungen. Sie stützten ihre Macht anf rein menschliche Fundameiite; darum berrschten sie durch Stärke »nd zu ihrem eigenen Interesse; die Gesellschaft war gleichsam ihr Eigentum geworden; daher stammt die unversöhnliche Tvrannoi in den höheren Regionen der sozialen Stufe, die er niedrigende Sklaverei nach unten. Mit den wirklich christlichen Nationen kann eS nicht mekr ko werden; di« Kirche bat der Souveränität ihren wahren Charakter zurückaegeben, indem sie ihr ihre wirkliche Mission genau bezeichnet«. Me, die mit dersel- b-n bekleidet sind, können nur noch die Minister des Gottes der Milde und die Mener der Völker sein; das Herrscherrecht ist, um mit dem bk. Auaustinu» zu sprechen, ein öffentlicher Dienst geworden. Schon der alte heidnische Philosoph Plato hat eS geschrieben: „Die Unkenntnis de» wahren Gottes ist für die Staaten daS größte Unglück, und die Religion vernichten, beißt da? Fundament jeder menschlichen Gesellschaft vernichten." „Man würde", saat der Heide Plutarch, „eher eine Stadt in die Lüste bauen können, ok« einen Staat gründen, in dem man den Glauben an die Götter zerstört." Gegen dieses selbst von den Seiden erkannt« Grundgesetz wurde in Eurova, auch in Deutsch land leider Gotte» viel gesündigt. E» ist Zeit, daß wir damit Schluß machen und den Jrrwea verlassen und zu Gott und Gottes Ordnung zurückkehren und da- vor allem an unseren Hochschulen. Die Vürgertugendcn sind da» »weite, was wir heute al» Staatsnotwendigkeit fordern müssen. Wer sie fordert, muß sie zuerst pflanzen. Gewiß, diele Tugenden sind zunächst Kinder der natürlichen Ordnung. Allein obn« die Sonne der Ewig keit. ohne ihr Licht und ohne ihre Därme, ohne den Gnaden, tan des Himmels »nd ohne die ps'egendc Hand de» aoltbestellien Gärtner« werden sie stets ein kümmerliche» Dasein in den Menschenherzen fristen. Was wir aber brauchen in der Not un serer Tage, das wäre ein kräftiges Wachsen und allaemeineS Gedeihen. Wiederum richten 'ich dir Blicke ans die katholische Nr. 222. Seite 10 Kirche und auf die Katholiken. Wer gerecht sein will, der muh gestehen, vieles ist bereits getan in Nord und Süd, Ost und West. Allein, das meiste wäre noch zu leisten. Dazu tut aber vor allem eines not: Kein Streit unter uns! Einig, einig, einig, muh die Parole sein. Nicht schlafen, nicht klagen und jammern; frisch und frohgemut an die Arbeit! Gott will e»! Nicht untergehen soll über Europa die Sonne der christlichen Kultur; uein. die Wolken sollen sich zerteilen und die Gnadensonne Gotte« möge eine nSue Periode blühender christlicher Kultur aus den zermarterten Herzen der europäischen Völker hervorblühen lassen. Diese Früchte wollen wir dann in feierlichem Wettbewerb hinaustragen in alle Welt: Ein Gott, eine Kirche, ein Geist »nd eine Herde, eine G o t t e s fg rn i l i e l ^lnserPechiauf-LeKeKennknisscbul'e Von Dr. Hermann Nolle-Bautzen Niemals hätte sich der Kampf nm die Schule zu so leiden- schaftlicher Heftigkeit gesteigert, wen» er nicht auf einen Gegen, sah zurückgingc, der zuletzt doch unüberbrückbar bleibt: auf den Gegensatz der Weltanschauungen. Nichts mehr und nichts Wein er als die Zerrissenheit, die unser Volk den letzten Fragen des rbens gegenüber zeigt, steht hinter dem Ringen um die Sc^le de» Kindes, in die man die eigene Welt- »nd Lebensauffassung einsenken will als Erbgut und Samen für eine cncsp„cchende Gestaltung des Lebens kommender Geschlechter. Indem jeder den höchsten Wert darauf legt, das Beste, was er besitzt oder doch zu besitzen glaubt, der Nachkommenschaft zu vererben, erlebt der Streit der Weltansckxrnnngen eine Anwendung ins Praktische, die den Konflikt noch schärfer empfinden läßt, al« er in der Gegensätzlichkeit der theoretischen Meinungen zutage tritt. Es verscheiert di« Situation, wenn man verbirgt, welche» Entweder — Oder, welche« Für und Wider die bewegende Kraft in dem Kampf um daS Kind und die Schule ist. Die Hoffnung, über solche Gegensätze und Feindseligkeiten der Weltanschauung hinweg eine alle Schwierigkeiten beseitigende VersöhnungSsorni ck zu finden in einer Schule, die da« innerlich Unvereinbare zn- sammeiiführt und über das Trennende dadurch hinwegzukommen sucht, daß sie davon schweigt, ist ein verlegenheitsvoller Ausweg, der au der Lösung des Problems vorbeigeht. Eine solche Schule, die alle Kinder ohne Unterschied des Bekenntnisses und der Weltanschauung zu einer ErziehungSgemeinschaft vereinigt, ec- kauft diese äußere Gemeinsamkeit durch den Verzicht auf die allein wertvolle innere Einheit und trägt den Nachteil in sich, daß die in ihr gebundenen Gegensätze zu der Neutralität einer mittleren Linie zwingen, die alle tieferen Erziehnngswerte ver wischt, soweit sie überhaupt ans die Dauer eingehalten werden kann. Zn dieser Beiscitestellnng aller tieferen weltankchcninngs- mäßigen Fragen, also der ganzen BildnnnS- und ErziehurigSkrait der Religion in der Gemeinschaftserziehung der Kinder sind d>e beiden Mischformen der Schule genötigt, die der Entwurf z»vr Reichsschulaesrh vorsieht: die sogen. Gemeinschaftsschule und die bekenntnissreic weltliche. Schule. Sie wollen beide neutral« Schulen werde», bestimmt für alle Kinder des Volkes, nicht nur für Auaehörige der verschiedenen christlichen Bekenntnis-, scndern ebenso für Nichtchristen und Religionslose. Was deutet das anderes, als daß die tragische veli<siös-wcltarisckc»iliche Zerrissenheit unseres Volkes clniach als ungelöstes, ja niilöi- hareS Problem in die Schule hereiugenommen wird? Nie w >d es einer solchen Mischschule gelinge», diese unvereinbar-a Gegensätze zu einer inneren Einheit zusammenzuführen. Ihre pädagogische Unzulänglichkeit liegt darin, daß sie bei all ihr r Arbeit an der Jugend auf die Entschiedenheit eines festen Wett- anschcrunngsstandpnnktes zn verzichten genötigt ist, sich damit der wirksamsten erziehlichen Kiäsle beraubt und durch die Iso lierung des teilweise sogar nur in der Form der privaten Unterweisung zugclassencn Religionsunterrichts die innere Ein- hettlichkcit des Unterrichts und der Erziehung verliert. Er ziehen erfordert ei» klares, fesrumristencS Ziel, zu dem es das lunge Geschlecht hinzuleiten g lt. Nne solche Zielsetzung aber kann man immer nur entnehmen aus der Eindeutigkeit »ad Klarheit eines bestimmten Weltanschauungsstandpunktes, sei er nun religiös oder sonstwie antireligiös gerichtet. Dieser Bedingung entsprechen die beiden anderen Schul formen. die der NeichSschulgesetzcntrvurf Vorsicht: die Bekenin- nisschnle und die Weltanschauungsschule. Daß die Reichsver fassung in dem so viel umkämpften Artikel 146,2 den Er- ziehungsberechtigten einen Anspruch auf d'« ihrem Bekenntnis und ihrer Weltanschauung gemäßen Sckuilformen zngesteht, ist nur die Uebertragung der den Bürgern des Staates ver fassungsmäßig gewährleisteten Gewissensfreiheit auf das Gebttt der Erziehung. Diese Erziehnripsfreiheit aber zu beeinträch. tigeu, indem man fordert, der Staat dürfe nur eine Schu'e zulasten, die Gemeinschaftsschule oder gar die weltliche Schul«, da» heißt nach dem Absolutismus des Staates rufen in Dingen, die des Menschen innerste, heiligste Gewissenssgche sind und ln die ein Kulturstagt, ein freier Volksstaat niemals mit Mittem de» Zwange« eingreifen darf, will er sich nicht selbst in seinem eigenen Wesen anfh^ben. Der Anspruch ans die Erziehung der Jugend im Sinne und Geiste der eigenen Weltanschauung ist ei» Urrecht des freien Staatsbürgers »nd die Versuch-, dnib Bekämpfung des Kompromiß, und Duldnngsparcrgrapben 116.2 der NeicbSversassnng dieses Recht zn schmälern, sind nicht iin> eine Verletzung der Gewissens- und Erziehungsfreiheit, sond-ra zugleich eine Erniedrigung des modernen Siaates. Ist der Anspruch auf eine Gestattung der Schule gemäß der eigenen Weltanschauung ein unveräußerliches staatsbürgei- lrches Recht, so gewinnt de« näheren die Bekenntnisschule ihre eigentliche innere Berechtigung durch die Eigenart ihrer päda gogischen Situ.iricm. Sie baur ihre Arbeit an der Jugend a F der festen Grundlage des Bekenntnisses ans und entgeht damit den Unzulänglichkeiten und unnatürlichen Einengungen, wie stc au« dem .Kompromißcharakter der Mischschule sich notwendig er- geben. DaS Christentum in der geschichtlich überlieferte» be- kenntniSmätzrgen Ausprägung bestimmt hier Ziel und Charoki r der Jugenderziehung. Die Bekenntnisschule hat vor jenen Misch formen die Einheitlichkeit und Eindeutigkeit des Erziebnnas- zieleS voraus. Ihre Schüler bilden eine Gesinnungs- und Ge- wistenSeinheit, die sich unter sich und mit ihren Lehrern und Er ziehern verbunden weiß durch die Schätzung und Verehrung der nämlichen Güter und Werte, einig in der Stellung zu de >r letzten Ziele alles menschlichen Streben». Diese Einigkeit nm- faßt auch Familie und Hans, di? der Schule die Hand reichen zu gleichem Tun. »nd beide wieder führen die Jugend : n Geiste der Kirche die Wege der Sittlichkeit und Reli'gion. Diele Dreiheit der Kräfte, die sich um die Jugend mühen in gleiche»! Geiste und demselben Ziel entgegen, sichert die Einheitlichkeit der Einwirkunzen und vertieft die Erziehung über bloße unter- ricktliche Belehrung hinaus zu einer Einheit des Lebens und Erlebens. Diese Einheit des Ziele? und des erzieherischen Geiste-) schafft auch für den Lebrer, der auf dem Bode» des Bckcnn!- nistcs siebt, eine viel klarere und. freiere Situation, als er si» in der Mischschi,lc antrifft. In der Bekenntnisschule bat er es nicht nötig, sich zn einer unnatürlichen »nd zuletzt doch nie ganz erreichbaren Zurückstellung seine» eigenen WestanschammgSvnnk- teS zu zwingen. Sie gibt ihm daS Recht, seine eigene innere Ueberzeugung zn voller, freier Auswirkung zu bringen. Hier darf seine Persönlichkeit ungehindert ans den Tiefen der eige nen Weltanschauung schöpfen. An keiner Begeisterung entzünden sich die Herzen der Schüler, die mit ibm erglühen für die glei chen Ideale. Hier braucht er nicht das Beste und Wertvollste, wa» er besitzt, rrc ängstlicher Scheu, gerade damit einem Teile seiner Schüler wehe zu tun, telseiie zu rücken und es denen vorzuenthalten, die eS dankbar von ihm annebmen. Es ist der Grundfehler, der in der Forderung der Mischschule steckt, daß man den Lehrer für fähig bä t. allenthalben so kühle Objektivi- tcst zu beobachten und so vorsichtige Zurückhaltung zn üben, daß