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Nummer 118 — 28. Jahrgang krtchetni «mal wvchentl.mil den Illuslr. BraUSbetlagen.D>» Welt' und Kür ,Miere Netnen Leute- sowie den repd-Uagen ,SI. Benno-Blatt'. .llnlerhaltung und Wissen', .Die Well der Fra»', »lerzlltcher Natgever'. .Dar »nie Buch'. »Fiimrund- schau'. Monatlicher BezugvtzreiS 3 Mk. einschi. Bestellgeld, kiuieinummer 10 Sonnabend- u. Sonntagnummer ltO s- Hauplschristleller, Dr. iS. Devezh». Dresden. SüchMe Frei lag» den 24. Mai 192S lverlagvorli Dresden Anzeiaeaprelse, Die lgelvallene PetttzeUe NO s Familien» an;r,gen „.Slellengesuche »Os. Die Belilrellamezeil». M mn, breit. I X. Mir Sln.wigen auf-,erbalb des BerbreilungSgebleie« 4«»s di«BeiüreNo,ne,eile Brie,geb. lii» ^ Imsiall« bvherer Aewan erliichi ede Bervilichinng an« Lielernng luwi» Lrsallnno o. An,eiaen.A»llrligen n. ilelslnng n. Sckadenerl-itz, «elchvllllcher Dell »Irtur Le»,. Dresden. volksseuung «eschitstSftelle. Drnckn.Verlag, »ermania, »l^i». sllr Beriag und Dru-lerei. Filiale Dresden, Dresden.«, l. Polierslrahel?. FernnisLlvlS. Postschelklonto Dresden rios. Bankkonto' »tndtbank Dresden Nr. «llis Für chrtslliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsis<,en Volk»,eilung DreSden-Allsladi l Polierseragc ,7. Nernrni evlll und »1UI2. Ernste Slun-en in Paris Die deutschen Bedenken gegen die Vorschläge der AIIiierlen-Denkschrisi „Dr. Schacht hat das Wort- Paris, 23. Mai. Di« Denkschrift der GlciMgervertreter bildet gegen,värtig den Gegenstand der Beratung unter de» deutschen Sachverstän digen. Diese Denkschrift stellt vielst einen abschließenden Bericht, solidem Vorschläge der alliierten Sachverständigen dar, zu denen von deutscher Seite erst Stellung g>euo,un,en tverden uiuß. Diese Stellungnahme erfordert einig« vorherige Rückfragen, z» deren Erledigung heute vormfttag eine Besprechung Mischen Owen Uvnng und den deutschen Sachverständigen stattsinvet. Nach den Jnformatiouen des „TempS" wird i>„ der Denk schrift außer 37 Dmchickuiltsunuuitälen von 2650 Ndillioncu Ntark sotoie 20 weiteren IahreS',ahl>,nge» von 1700 Millionen und einer schien Annuität von !>00 Millionen Mark für die Zeit von zehn Jahren noch eine Sondere ist schädtg-nng an Belgien für die nach dein Krieg« dort zurückgelaiscnen Markuoten ft. Hohe von je 25 Millionen Mark verlangt. Der „Beitrag Deutschlands an die Re- staratiouSvank in Jorm einer besonderen Kontribution", wie es uu „TmiPS" heißt, dürste osseiibar in Jori» der Weilerzahlung der Dawcs-Annuitäten von 25,00 Millionen Mrrk bis zu», 1. Januar 1930 gesondert tverden. Denn der Banug Plan selbst mit seinen wesentlich niedriger einsehenden Amnritälcn soll nach den Informationen des Blattes von, 1. April 1929 an in Wirkung treten, irms unter diesen Umstünden lediglich eine Form sache wäre. Daraus würde sich ergebe», daß für di« neu» Monate vom 1. April bis 31. Dezember dieses Jahres Deurschland erbeblich inehr gezählt hat, als nach de», Boung-Plan crforoerlich wäre. Diese Mehrleistung im lausenden Jahre soll nicht etwa von der nächsten Jahresrate des Bonng-Plancs abgcscht. sondern in 30 Teile zerlegt und in jedem Jahre ein ScchSunbdreißigstel abgezogen werden. Deutschland würde also eine Vorleistung machen, die etwa eine Höhe von 860 bis 900 Millionen Mark hätte, und die »m so ungünstiger wäre, als für Deutschland ja gewissermaßen ein Zins- vertust entstünde, beim von den weiteren .30 Raten werden natür lich nicht di« Zinsen für diese 800 bis 966 Millionen abgezogen, sonder,r nur der Betrag selbst. Darüber hinaus ist noch uui'lar. in welcher Weise die Gläu bigervertreter sich die Enischädiguiig der belgischen Markansprücke denken. Verlangt wird die Erhöhung der deutschen Jahres.',alstmi- gen um je 25 Millionen zur Befriedigung der belgischen Ansprüche. » Das Kunststück, mit dem die alliierten Sachver ständigen es fertig gebracht haben, nominell die Zahlen des Noung-Planes beizuöehalten, aber tatsächlich höhere Leistungen zu verlangen, sind einer Leistung von Taschenspielern ähnlicher als der von ernsten Män nern. Die Konferenz ist mit diesem Kunststück zweifel los in ein sehr ernstes Stadium getreten. Der Rücktritt des deutschen Sachverständigen Dr. Vogler ist dafür ein weithin nach außen sichtbares Zeichen. Angesichts dieser Lage darf man nochmals an das Leitwort unseres Führers, des Aüg. Prof. Kaas, erin nern, das den Pariser Verhandlungen galt: „Lieber ein klares Nein als ein halbes. Ja!" Es geht nicht an, das; wir freiwillig Verpflichtungen übernehmen, deren Untragbarkeit wir selbst einsehen. Als wir nach Ver sailles und nach Spa unter militärischem Druck nach geben mußten, lag die Situation etwas anders. Wiv würden vor der ganzen Welt als Lügner dastehen, wenn wir heute ans freien Stücken Zusagen geben, die wiv morgen nicht einhalten können. Freude der Pariser Presse Paris, 23. Mai. Das Stichwort, das die meisten französischen Blätter heut« früh befolgen, lautet „D r. Schacht hat das Wort, wiv sind an der Grenze der Zugeständnisse angelaugt". Sachlich bringt die Morgenpresse nichts neues, über das hinaus, was di« Agentur Havas gestern durch zwei Auslassungen verbreitet hat. Worum cs bei den ganzen Verhandlungen gegangen ist, darauf geben rückhaltlos nur das „Echo de Paris" und in, etwas versteckter Form oer „Petit Mrrisien" Autwvrt. „Echo se Paris" erklärt: Offiziell geben sich die Gläubiger wohl nri! den 87 Annuitäten von je 305l> Millionen zufrieden, aber durch ver schiedene Methoden erhöhen sie deren Durchschnitt aus etwa 2130 Millionen. Erstens werden die Belgier außer ihrer An nuität als Entschädigung für die 0 Milliarde» Mark die dis deutschen Besatzungsbehördeu in Belgien in Umlauf gesetzt haben, zehn Jahre laug 25 Millionen erhalten, zweitens wird die im Dawcsplau vorgesehene laufende Annuität von 21- Mil- liardcn von Deutschland bis zum 31. Dezember dieses Jahres gezahlt werden, während di? von den Sachverständigen fest gesetzte neue Annuität bereue nun 1. April.d. I. au iätl'g min sott. Es würde also neun Monate lang eine lleberschne-dnug der beiden Annuitäten iiattiinden. Tie Gtäubüzer würden sich in die neue Annuitär in dem van ihnen vereinbartem 'Verhält nis keileii und die drei Mertel der Duivesannuitäi. also 1 73 Millionen Mark, könnten dam benutz! werden, die durch den «mcrikauiich-oeulsehen Entwuri gerissenen Lücken auszusütte». „P etit Pari sien" schreibt: Die Frage, wann der neu« Plan in Kraft treten soll, ist von höchster Wichtigkeit. Rur da durch. daß mau die höheren Zahlungen des Damrsplaus noch einige Monate lang taufen läßt, ist es den alliierten Sachver ständigen gelungen, zum Teil die Summen wieder zu erhalte», die sie aus Grund des Baungschcn Memorandums verlieren sollten. Dank diesem geistreichen Susiem. das aus einen sran- Mischen Sachverständigen zurück -.»führen ist. hat »„gesät,r eine Milliarde der ersten Annuität zu der Pauschatsuiiime hinzu- gcsügt werden können. Die Blätter sind sich jedoch, klar darüber, daß man mit dein heftige,, Widerstand der deuische,, Delegation zu rechnen haben werde. Mati.r saßt dies in folgende Worte: Seien wir nicht pessimistisch, aber die kommenden Tage versprechen uns »och Zwischenfälle und tteberraschungen. Vogler tritt zurück Berti», 23. Bia!. Wie i» »»terrichieten Kreise,, verlautet, bat Tr. Bögler heute vornriitag seine» Rücktritt als Sachverständiger bei der Pari ser Reparationstonferenz crtlart. Es wird angenomincn, daß Dr. Kastl sein Nachfolger werden wird. Wie verstricket, sind den, Rückiritt llnstiininiakciien Mischen Gebeimrat Kaftt und Dr. Bögler vorangeganae». Dr. Bögler ist in wichtigen Frage» anderer Meinung gewesen als die anderen Delegierten »ich bat steh -dabei aus das Urteil ariderer führender Männer der rheinischen Industrie berufen. Die von dieser Sei!« vorgetragenen Bedenken seien aber uichi berücksichtigt worden. Volksdenken und politisches Leben Zur Osnabiicker Tagung von Jungzeytrum. Von Joses Ioo-, M. d. R. In der Woche nach Pfingsten trifft sich katholisch« ugend in Osnabrück zu einer politischen Aussprache« agung. Kern und Träger der Begegnung ist di« in den Wind-thorstbünden organisiert« Z«ntrmnsjug«nd. Sie hält zugleich ihre Tagung ab. Jugend ist sich in ihrem Wesen gleich, wo immer st« stehen mag. Sie ist ein Ausdruck der Zeit und der Volks, läge. Wenn man di« Jugend unserer Tage immer noch „verworren" nennt, unser Volk als Masse genommen, ist es nicht minder. Wenn Jugend von heut« imm«r noch unruh« voll im Suchen und Tasten, im Finden und Wiederverlie ren ist, immer unterwegs, unser Volk ist es auch. Kein Ge danke, daß wir bereits den inneren Halt und di« Nutze ge funden hätten, die der deutsche Mensch der Vorkriegszeit hatte, oder wenigstens zu haben schien. In dieser Tatsache liegt die besondere Gefährdung unserer Zeit. Zugleich aber auch die Hoffnung, die wir an Zukunft knüpfen. Es kann alles werden, alles gut werden, wenn dieses Volk sich nicht selbst überlassen blind vorantreibt,, wenn ihm klare und verantwortungsbewußte Führer oben und unten, erwach sen. Das gilt auch für das Politische, für die Gestaltung des öffentlichen Lebens. Wir geben uns keiner Täuschung hin: Nach zehn Jah ren volkstümlicher Verfassung sehen wir Volksdenken und politische Arbeit auseinanderklaf« f e n. Sie waren sich einmal näher. Man verstehe uns recht: unter Volk meinen wir nicht die mehr oder weniger interessierte Hierarchie im Porteileben, sondern die Masse der Menschen in Stadt und Land Mann und Frau, jung und alt, kurz diejenigen, die nicht Politik denken — weil sie gar nicht wissen können — sondern sie mit« fühlen sollen, um daran innerlich Anteil zu nehmen. Diese Kreise aber nehmen zusehends weniger Anteil. Sis fallen von der politischen Welt und ihrem Treiben ab. Es wird ihnen fremder. Man sagt: sie kommen doch in die politische Versammlung. Wer kommt? In den Kinos und auf den Spielplätzen sind zehn- oder hundertmal mehr. Aber sie wählen! Gewiß. Man läßt sich zur politischen Handlung Hintreiben, aber doch zum großen Teil ohne Schwung und ohne selische Beteiligung. — Es sei denn, es geht um materielle Eruppeninteressen. um Klasse gegen Klasse. Damit wird u-ur bestätigt, daß Staat. Wirtschaft, Gesellschaft und ihre Gestaltung unter dem Gesichtspunkt der Sicherung ihrer Zukunft an die Peripherie gerückt sind, auch bei denen, die sich „als Volk" an der Politik beteiligen. Diese Sachlage muß man klar erkenen. Wir sehen Volk politisch absackcn und, auf der anderen Seite, radikal wer den. Beides stammt aus derselben geistigen Haltlosigkeit, Ziel- und Vertrauenslosigkeit. Beides gefährdet die posi tive politische Arbeit. Beides kann dem Volksstaat zum Verhängnis werden. Wenn im staatspolitschen Raum „volksnatio nale Aktionen" und neue praktische Frantbildungen versucht werden, so ist dieser Vorgang nicht bloß Mache von Ehrgeizlingen. Diese Regungen stammen tatsächlich aus dem großen Ungenügen, aus der seelischen Verstimmung, die weite Kreise unseres Volkes, politisch genommen, zur zeit beherrscht. Wir kennen die Argumente, die alles und jedes erklären sollen: wirtschaftliche Sorgen, ungesichertes Dasein, politische Unkentnis und falsches Urteil usw. Sie treffen nicht den Kern. Dieses Volk, das wir meinen, leidet daran, daß ihm der Sinn für das, was man politische Arbeit nennt, verloren zu gehen droht. Es sieht wohl, was vorgeht, hört Reden, liest Anträge und Parlamentsdebat- len, aber es weiß nicht mehr recht, was das alles soll. Es glaubt nicht mehr. Sein Glaube ist so oft angerufen, an gereizt und aufgepeitscht worden. Nun scheint er müde zu sein. Wenn der Franzose an der Politik der Politiker ver zweifelt, dann bleibt ihm die über all« Kritik erhaben« Gestalt Frankreich übrig. Das ist seine Zuflucht, sein staatspolitischer Halt. Wenn der deutsche Mensch von heute gn Politik und Politikern verzweifelt, dann fällt er ins Leere, denn Deutschland ist noch nicht geistige Gestalt in seinem Innern geworden. Darum ist es bei uns doppelt gefährlich, wenn Politik und Volksdenken aus. einaudergehen. Diese Kluft ist für uns unerträglich. * Solche Erkenntnis ist Hintergrund der Begegnung junger katholischer Menschen in Osnabrück. Sie kommen aus dieser unmöglich gewordenen dumpfen Atmosphäre. Sie kommen mit gutem Willen zum Politischen. Sie wol len ein positives Verhältnis zur deutschen Politik als Zeitaufgabe und als Schicksalsgestaltung ihres Volkes gewinnen, einen Sinn ln dem Durcheinander sich wider strebender Kräfte erkennen, und einen gangbaren Weg finden. Der praktische Politiker soll ihnen die zukunfts schweren Probleme deutscher Politik von heute zeigen und in deren Mitte den handelnden Menschen hi »ei »stellen. Religiös-gläubig in seiner Grundhaltung zum Leben, gleich wohl vor di« Bedingungen und Notwendigkeiten der ge gebenen Wirklichkeit,^ ihrer Kräfte, Heiiiniuugeii. Wider stände gestellt. Christ sein in der politischen Tatsachen welt von heute, Gottes Reich wollen im Kampfe mit den Dämonen dieser Erde — das ist die uns zugcwiesene und nie ganz zu lösende Aufgabe. Die Begegnung handelnder Politiker mit dem spekulierenden Philosophen und skeptisch gewordener Jugend soll uns die Inangriffnahme und den Ablauf der Aufgabe lebendig vor Augen führen. Aus dem Zusammenfluß aber von dem. ums ist und was sein sollte, muß sich dann ein faßbares Bild einer Politik ergeben, der zu dienen wir verpflichtet sind. * Sinn und Wert politischer Bemühungen stehen und fallen mit der Vorstellung, die man von Politik hat. Je nichtiger, je kleiner das Bild non der Politik an sich, um so weniger vermag sie zu ergreifen und in das Gemüt des Volkes einziitauchen. Politik muß G e st a ! t u n g menschlichen Zusammenlebens im Großen sein wallen. Der Verfvia von materiellen Gruvven- tnteressen oder Klasseninteressen ist keine politische Hand lung, wenn sie auch so scheinen mag und sich als solche aus gibt. Einen freien deutschen Staat wollen als geformten Ausdruck des Arsens und Wirkens des deutschen Menschen inmitten der Volker. Staat, vom Volke getragen und aus eigenen Kräften mitgebaut — eine Wirtschaft wallen, die Brot für alle schasst, die sich redlich bemühen. Wirtschaft als gemeinsames Werk und gemeinsamer Dienst gleich geachteter Volkszugcbörigen, das sind Bestandteile einer würdigen Politik. Ein gesundes Volk wol len, in Freiheit und Bindung, in der Pflege des Persön lichen und der Gemeinschast, Volk, in dem die wahren und echten Volkstugenden der Arbeitsamkeit, der Berufsfreude. des Familiensinns und der bürgerlichen Solidarität, der Eottgläubigkeit. der Ehrfurcht, Autorität, der Treue und Sauberkeit. Geltung haben, von obeicher gewollt und von einer öffentlichen Meinung getragen werden, ist Gegen stand der Politik. Das alles als Ziel ernsthaft wollen und in Ansätzen sichtbar machen, so daß man am Teil gebiet den Willen zu m Ganzen spürt, das könnte di« hcuiige Entfremdung von Volk und Politik eindämmen. * Sprechen wir etwas faßbarer: Programme knn es nicht. Eie können das volle Leben nicht Hessen. Sie ver stauben und werden vergesse». Der Regenschauer von Reden tut es nicht. Man aewvlint sich daran. Der Haael