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Neuwahl von 22 unbesol-eken Ska-krAen. «. Sitzung der SlaLlverorünekea. Dresden, den 17. Februar l«27. dtach Sröfsnung der Sitzung gedenkt der Vorsteher Döltßsch de» 100. lodeStage» Pestalozzi». Cr rühmt Pestalozzi als den großen Erkenner der wahren tindeSgeniähcii Erziebmia. der der llmgestalter des ganzen ErziebungSwerkes geworden, der von tiefer Liebe zu den Aerinsie» und Armen der Menschheit durctialüht gewesen lei. Man ehre ihn am beiten dadurch, das, man die Ideen de» großen Menschen- und KindcrsrcundcS in sich ausnehme und sie praktisch verwirkliche. Der Rat teilt init. das, er beschlossen habe, dem abweichen den Beschlüsse der Stadtverordneten hinsichtlich der Ge werbe - und G r u » d st e u e r. wonach nicht 150. sondern nur 125 Prozent Ziikäilag erhoben werden sollen, betzu- treten, dagegen die Zustimmung zur Ablehnung der F e u e r s ch u tz st e u e r zu verweigern und das Eintgungsversahrcu zu beantragen. Der Ausschuß soll aus 1 Ratsmitgliedern und 8 Ltadtverordneten bestehe». AIS Mitglieder dieses CinigungsauSschusseS hat der Rat anher dem Oberbürger meister. der nach der Gemeindevrdnnng den Vorsitz zu süliren hat. die Ltadträte Köppen und Dr, Reddcr als Vorstände deS Finanz, und LtencramteS, und Stadtrat Braune, ge wählt, Das .Collegium nimmt hiervon zustimnieiid Kenntnis, und beschlieht aus Vorschlag de» Vorstehers, die Wahl der > Ltadtverordneten am 21. Februar vorzunehmen. Ausscheide« des S«.-V. Grobmann. DaS Collegium nimmt Kenntnis von einer Mitteilung des 2t.-V. G r o b m a » n . dah er sich der Grnvpe Handwerk. Handel und Gewerbe angeichloslen habe. Ein Gesuch des selben Ltadtverordneten. ihn sür Ende Februar 1«27 von dem Amte eines Ltadtverordneten zu entbinden, geht an den RechtSauSschnh. Die Kommunisten beantragen, heute die Tribüne für den allgemeinen Zutritt ohne Kartenentnahme zu ö f s n e n. Der 21 n trag wird von den Vertretern der 2! eiche Partei sür Volkerecht und Auswertung lVvltSrechtparteii unterstützt. Mir den zwei Karten, die ihnen ziistünden. sei ihnen nicht ge dient. ES warteten viele .Kleinrentner aus Zutritt zur Tribüne. Der Antrag aus O e s s n u n g der Tribüne wird mit 37 gegen 35 Ltiiiiincn a n g e n o m in c n. ES folgt eine Erklärung der Dolksrechlpariei, die von dem Lt.-V, Bertram abgegeben wird. Darin wird iinogesuhrt, dah sie das Recht hätten, einen unbesoldeten Ltadt- ral und eine angeineiseiic Vertretung in den gemischten Aus schüssen zu verlangen, aber bereit gewesen seien, ihre partei politischen Interessen und ihren RechtSsiandvunkt dem All gemeinwohl der Ei-wohnerschast unterzuordnen und dem bis herigen Ltadtrat Enger ihre Ltinime zu geben, wenn er sich clircnmvitlich vervslichte, im Falle seiner Wiederwahl auS der Demokratischen Partei auözulretcli. Da der Mittels mann eS nach seiner Mitteilung nicht habe über sich gewinnen tbnnen. Herrn Enger dieie Bedingungen mitzutellen, habe sich die Angelegenheit sür die VvlkSrcchtpartci erledigt. Lic erkläre unter diesen Umstünden. dah sic sich an der Wahl der unbesoldeten Ltadträte nicht beteiligen werde. Lie protestiere ansö schärfste gegen die durch Nichtzuerkennuiig j eines LladtratSsitzeS au ihren Wählern verübte Vergewalti gung ihres veriaisungsmähigen Rechtes und würde die Konse- guenzcn daraus zu ziehen wissen. DaS Collegium beschlicht die Bcsvrechiing der Erklärung. Lt.-V. Dr. Zehsche iDem.i weist daraufhin, dah eine Wahlgemeinschast zwischen den Demokraten, den VolkSrecht- ler» und den Altsvzialdenwkraten gebildet worden sei. Mit Seren Hilfe sei den VvlkSrechtlern die Vertretung in den Ausschüssen gesichert worden. Da eine Hand die andere wasche, sei erwartet morden, dah sie nun dem Kandidaten der Demokraten ihre Ltimme geben. Die Volkörechtlcr Hütten aber verlangt, dah i h r Bewerber gewählt würde. Da habe er gesagt: „Wir sind doch keine Idioten." iZurus: DaS muh erst geklärt werden! Grohe Heiterkeit.i Stadtrat Enger habe die an ihn a>'i'tellte Zumutung als eine Gemeinheit bezeichnet. Lt.-V. Werner iKomm.i spricht tue Hoffnung aus, dah die AnZvertler lVolksrccht>d> noch mehr lernten, warum eine scharfe Skeünng aeae"über den Bürgerlichen eingenommen werden müsse. Die Mehrheit des Kollegiums gehöre den Arbeitern. Er hofse. dah die Animertler der Linken noch einige Male die Freude gönnten, dah die Bürgerlichen vor Win kochten. St.-B. Leydel sVolkSrechtp.) bemerkt, daß sein« Partei die Sitz« im Ausschüsse nicht der engeren Vahlgemetuschast, sondern der großen Wahlgemeinschan der Rechten zu ver danken habe. iZurus link»: Nicht so au» der Schul« plaudern!) Der Redner sagt zum Schluss«: Mit de» Marxismus Mächten ist kein ewiger Bund zu flechten .... iLtiirmisch« Heiterkeit.) DaS Kollegium nimmt Kenntnis von einem Schreiben des Rate» aus ein Gesuch der Ortsgruppe Plaurnschcr Grund des GkbirgSveretnS sür die Sächsische Schweiz um Anlegung einer neue» Rodelbahn sür den Stadtteil Plane« an Stelle der durch die Fortführung der Straße Planenscher Ring nicht mehr benutzbaren Rodelbahn. Der Rat teilt mit. dah da» Tiefbauaint wiederhol» mit den in Fraae kommende» Grundbesitzern verhandelt habe. Es sei erreicht worden, daß da» Gelände am unteren Ende brr bisherigen Rodelbahn vom verlängerten Plauenschen Ring nach dem Ziegelei- gelände und aus den Wiesen an der Gchleiermacherstraßc ober halb der 8». Volksschule von den Besitzern zum Rodeln über lassen werde. Eine weitere Einrichtung von Rodelbahnen i» dortiger Gegend, etwa westlich von LiepschS Ruhe, konnte trotz wiederholter Fühlungnahme mit den Besitzern nicht er zielt werden. Ans das Gesuch de» Kn nologischen Verein» um Ltistuna einer Anzahl Ehrenpreise sür die am 5. und Ü. März im Auöstellungopalaste stattsindenbr Internationale Hundeausstellung bat der Rat beschlossen, dem Verein 8 Stadtehrcnurkunben zu gewähren. Stiftung von Ehrenpreisen aber abzulchncn. Da» Kollegium nimmt hiervon Kenntnis. Von den Bewohnern der Grundstücke Ehrlichstrahe 12 bi» 28 ist Beschwerde erhoben worden über die Errichtung nnd de« Betrieb eine» uruc» KühlerS aus dem Grundstücke des Elektrizitätswerkes am Keltincrplahe. Der Rat teilt mit. dah sich nach Inbetriebnahme de» neuen Kühlers wegen gröherer Fallhöhe des Wasser» ein stärkeres Geräusch, als bei den bereit» vorhandenen Kühlern, ergeben habe, dah aber durch den Einbau von Horden die Fallhöhe nachträglich verringert und gleichzeitig durch Anordnung etnrS anderen RinnenImteinS die starke Nebclbildnng, die ebenfalls Anlah zu «lagen gab, aus ein nicht mehr störende» Mindest- »iah zurnckgcsührt worden sei. — Die Stadtverordneten br- schliehen, von der Mitteilung .Kenntnis zu nehmen, den Rat aber zn ersuchen, weiterhin alle technischen Fortschritte zu verfolgen und diese, soweit sie eine Milderung der Belästigun. gen bedeuten, die sich durch die Beibehaltung deS Westkrast- wcrkeö tin Innern der Ltaüt entwickeln, in Anwendung zu bringen. DaS .Kollegium verabschiedet mit einigen Abänderungen die Richtlinien sür die 11 c b e r l a s s u n g von Schul räumen und beschliebt der NatSvorlage gemäh, die Delelhungsgrenze -er Sparkasfenhypolheken kur die im Jahre 1027 zu errichtenden Kleinwohnungöbauten von 280» Mark bis 1500 Mark vro Wohnung zu erhöhen unter der Voraussetzung, dah die Stadtgemeinde in allen Fällen, in denen die BeleihungSgrcnze von 2500 Mark überschritten wird, sowie auch biS zur Fertigstellung deS Baues die Bürg schaft übernimmt, jedoch die Beleihung von KleinwohnungS- banten aus Lvarkaisenmittein nur bis zu 60 Prozent des Ein- legerguthabcnS vorzunehmen. Ferner wird der Rat ersucht, ui dem an die Sparkasse ab 1. Avril 1027 zu zahlenden ZinS- suhc von 7 Prozent 2 Prozent auS zurückflieheiiden Mietzinö- steuerniittcln zuzuschiehen. Keine Straßenbahnhaltestelle ans dem Schloßplaße. Der VerwastiingSrat der Straßenbahn teilt mit. daß er mit Rücksicht ans die schweren bauknnstlertschen Bedenken deS Hocbban,rmteS erneut beschlossen habe, vom Bau einer Warte halle ans dem Schlohvlatze an» architektonischen Gründen ab- ziiieftcn. Da» Kollegium nimmt non dem Schreiben deS Ber- waltiingörateü zustimmend Kenntnis. Für die Volkshochschule werden als städtische Vei- hilseii insgesamt 80iMi Mark, für die Betriebsräte- schule 1500 Mark bewilligt. Nach der Neuwahl der gemischten Ausschüsse, für die ein gemeinsamer Wahlvorlchlag vorliegt, wird die Neuwahl der 22 unbelvldelen Stadlritte vorgenommeii. Die Wahl Hai folgendes Ergebnis: Gruppe der Üommnnlstischen Partei: St -V. Schlosser Paul Grnner, Sladlrat Felix Lewinsohn. Lehrer Walter Zincke. Gruppe ß«r Denttchdemskraittlb«, Partei >»tz her MG» Sozt«ltze«,rratlsq,n Partei: Stabtrat Oberlehrer Heinrich Beck. Architekt Max Pätschke, Grnvpe ber Deutsche» Valk»part«k. Stadtrat Kaufmann Hermann Ehristaph. Ltadtrat Direktor Hosrat Otto Dtek, Stadtrat Bankdirektor Dr sur Johanne» SrÜO««. Aste be« »g. HanSbesitzerverrinS: St.-B Schrtslleitcr Ernst Vanch. Gruppe der Dentschnatlvnalen Vvlk»part«i: Stadtrat Ockonomirrat Theodor Simmgen, Sladlrat Dipl.-Ing. Houmatd Bommert. Obrrregterungsrat Johannes Rönlsch. Gruppe der Sozialdemokratischen Partei: Ltadtrat Schriftleiter Paul Barthel, Stadtrat Kaufmann Viktor Branne, Stadtrat GwcrkschastSdeamler Gerhard Förster, Stadtrat Geschäftsführer Otto Grafe. Stadtrat Minister a. D. Bruno Kirchhof, Stadtrat Parteisekretär Wilhelm Sander, ObrrregierniigSrat i. W. Dr. Albio Wünsche, ReglerungSrat Rudolf Friedrich». Gruppe Handwerk. Handel und GewerBe: Stadtrat Tischlerobermeister Alfred Heinz«, Stadtrat Zigarrculadeninhaber Joses Knnt«. Der Slrett um die Der1uch»sch»le, St -B Franke iSoz.) begründet einen Antrag, den Rat zu ersuchen, au allen Schulen ArbeitSschulklasseu- zügezu errichten, und hierfür die entsprechenden Mittel zur Verfügung zu stellen. St V. Lättler lD. Vp.) ist der Anstcht, daß doch erst einmal geklärt werden müsse, was unter Arbeitsschule zu verstehen sei. Die Fachleute seien sich nicht darüber etntg. Auch nach seiner Ueberzeugiing müsse der ArbeitSschulgedairke durcbgesührt werden, dam bedürfe cS aber keiner solcher VersuchSklasten. St.-V. Schrapel l-Komm.) tritt in langer Rede sür den Antrag ein. St-V. Dr. Zcßsche (Dem.) weist auf die zutage ge- tretencn Widersprüche hin und bittet dringend um Ausschuß- beralung. In ähnlichem Sinne spricht Gt.-B. K«»-sch lWirtsch). Stadtschulrat Dr. Hartnacke warnt vor der Annahme de» Antrages. ES müsse erst im Ausschüsse Gelegenheit geneben werden dam Stellung zu nehmen Wenn man unter Arbeit», schule die Anregung ber S e l b st t ä t i g k e t t der Schüler verstehe, so stehe der Anwendung dieser Methode schon setzt nichts im Wege. Wenn man aber di« Scheidung wolle: Hie Arbeitsschule und hie Nichtarbeitstchule. so komme mau nicht um den BeitrkSzwana herum. In Leipzig Hab« man des wegen die Schule ausheben müssen. Der Antrag lieg« auch nicht in allen leinen Teilen innerhalb der Zuständigkeit der städtischen Körperschaften. Mit den Stimmen ber Sozialdemokraten, der Kom munisten. der Altsozialdemokraten und der BolkSrechtler wird der Antrag in sosortiger Schlußberatnug angenommen. Gegen die Lockerung des Mielerschntzes» insbesondere für gewerbliche Räume, seht sich «in Antrag de» Si.-B. Rösch iSoz.) ein. In diesem Antraa« soll di« Lande», regiernng ersucht werden, von der im RetchSmieterschutzoesetze gegebenen Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen, daß d«. moaac/. /K7 zgv-k 0>» psrrsnek« Nrlllo k»»kt» chuganuntareuvstunq Analtsr «It«r l,irlrs»r>l »Nri «süSeren K----N vit'en 8,e Nur X»»»« rv um Lu»»,»UN« »n > OirrlokTi-Oplikst' ^ Akttockrukkar strnk« LL, sr«-genüt,«r «tan Aammer-l-ickit-p. ^ Berliner Thealerbrief. Endlich ist Fritz von ll n r u h s „Bon aparte" fetzt auch tn idem mii der Thespiskarre beharrlich nachhinkendeni Berlin ans die Breiter gelangt und zwar ans die Bretter des Deutschen Theater-, welche bisher die W:!t „Neldbard von Gneiscnaus" bedeuteten. So kam eS zwi'ch-n den beiden geschichtlichen Gegnern abermals zur Enticheidiings'chlacht: eS wurde wieder ein Belle-Allianee. Gneiienau bchicll die Oberhand denn um ihn schließt sich das stärkere Drama, — aber die Aufnahme des „Bonavarte" war doch io freundlich, daß wohl in anderem Sinne eine boNe »Iliunce heriuskommen wird und beide Dramen abwechselnd den Lpielplan dieser Bühne beherrschen dürsten. lieber das Drama selbst sind die Leser schon unterrichtet. ES sei daher nur von den Eindrücken de» Premierenabmds an Deutschlands immer noch bedeutendstem Tbeater berichtet. Die Aussübrung linier Gustav HartnngS Leitung Geschmack volle BUlinenbildcr stellte Ernst Schütt ei war feinsinnig, flott und charakteristisch. Erlösende Kürzungen hatten das Drama sozusagen fuhsrei gemacht, es stolperte nicht über die langen Schleppen des Wortschwalls es kam vorwärts. Dank häuft sich nach Verdienst aus den kurznackigen Bonaparte, den Werner Krauß scharf und klar in Helle, aber unausdring- liche Lichtwirkungen stellte. Es gibt Kenner kund es sind ntchl die schlechtesten«, die Krauß sür den größten deutschen Schau spieler der Gegenwart halten. Dafür spricht, daß er selbst in diesem vom Dichter schließlich degradierten Bonaparte noch ahnen lieh, wer er wirklich war. ohne baß er deSw gen mit Prominenteii-Hochmnl dem Dichter das Heft korrigiert hätte. Im Gegenteil Und daS war das Erstaunlich«. Er kam dem Dichter mit seiner ganzen Kunst entgegen, soweit eS nur denkbar war- er vertu'chte beinahe den mehr kühnen c-lö möglichen Vernich Unruh» au» dem aufsteigenden Genius, der noch Austerlitz und Jena vor sich halte, «inen geknickten und abgewirtschafteten Komödianten zu machen, nur zuliebe vaneii'olitischer Frosch-Perspektiven au? unterer Z-Kt. Neben Kranh war die bedeutendste Leistung Rudolf Försters Elighien. Man möchte hier daS mit Vorsicht zu gebrauchende Wörilei» „genial" aus der Vokabeltruhe hervorholen: niemals habe ich aus der Bübne die Dekadenz prinzlickien Geblüt» ko greifbar mit aller Feinheit, in einer Uber Ge'ch'echt nnd Jahrhunderte hsnauSdrutenden Vision, noch nmschwinat non überheblichen Träumen, und doch verhauchend, ver'itternd in Schwäche und Stolz zugleich gesehen. Dagnn Servaes als Ioievkiine. Gertrud E « kold ala Mutter Enghien nnd OSkar Homrlka als Hulin verdienen a»4 der groh-n Schar tüchtiger Spieler, die am Werke war. hcrvorgehoben zu werden. Trotz allem was man gegen da» Drama sagen maa. in», »esvndere der unhaltbaren Grlchlchtstlilteruiig und Genie. Verstümmelung ist eS doch, verglichen mit den letzten Werken UnrnhS, ein erfreuliches Dokument der Besinnung und des Aufstiegs. Die er Dramatiker, der einen „Prinz LouiS Fer- dinaizd", der schon in seinen „Offizieren" die gespenstischen L.eiien aus dem Schiss schreiben konnte, hat hier, namentlich in der großen GerichtSszene. in der Gestalt de» Enghten und seiner Mutier, des Hnlin und mancher anderen, in fesselnden Einzclzügen voll Geist und Phantasie, in Bewegtheit ber Vor gänge und etht'cher Hochspannung, den Newels erbracht biß er ein Dichter umd ein echter Dramatiker ist. Wenn erst die lctzicn Reste der ÄriegSpinchose. unter denen Unruh immer noch zu leiden scheint, verflogen sein werden, wenn er sich aus der Fessel des Allzu-Zeitlichen befreit hsbcn wird, so dürfen wir von ihm noch manche» brauchbare und erfreuliche Drama erwarten. In dieser Hoffnung sei der rau'chende Beifall be grüßt. der den Dichter am Schluß lnach etwas schwankender, aber durchweg wohlwollenden Stimmung) neben dem Sviel- leitrr und den Darstellern an die Rampe rief, wobei e» un» nicht viel kümmern soll, bah dieser Beifall zum großen Teil ans ein falsches Konto, nämlich ans daS des Politikers Un- ruh statt des Dramatikers, zu buchen ist. » Inzwischen hat auch Victor BarnowSky sein« kang- vorbcrcitetc 'Neuheit — sogar eine Uraufführung für Deutsch land — hcrauSgcbracht: „Die treue Nymphe". Au» einem, namentlich in England und Amerika, vlclgclesenen Roman ber Margaret Kennedn hat die Verfasserin mit Bastl Deans Hilfe ein bürgerliche» Rührstück znrecht- gemacht, das schlechterdings unerträglich wäre, wenn nicht Elisabeth Berg« er in den sechs breit auSgrwalzten Bildern al» atmender Men ch stände: mit ihrem unvergleich lich beseelten Gesicht, das ohne sichtliche Mimik, tn wechseln dem Vorüberhu'chen, Freude und Leid. Schalkheit und Liebe, rührende» Glück und ergreifenden Kummer aueidrvcken kan». Elisabeth Vergnrr. der Liebling der Berliner, diesmal tn einem kurzen Schulmädchenklcid. das nur den zarten, gra- ztösen Körper eng umschmiegt, die Betn« und Arme aber nackt läßt, Elisabeth Bergner mit einem Wuschelkopf und einem ergreifenden Zauber in ihrer leisen Stimme, zuerst ganz Klub, dann tn die Stiirmschtcht b?» Leben» htnetn- gewach'en, wo st« schließlich verwebt wie «tn abgerissene» Blatt. DaS alle» und noch viel mehr lebt« dl« Bergner vier Stunden lang tn einem gemachten Kitsch, den kein deutscher Autor wagen dürfte, als Manuskript einzuretch'n. den aber ber Spielleiter Barnvwökn namentlich tn den ersten Bildern mit Einsatz seiner ganzen, reisen Regieknnst bi» in lebe Einzelheit wie ein Meisterwerk betreute. Die sichtlich« Freude am Milte» war so stark daß er darüber den Rotstift vergaß, ber hier neben der Bergner dt« wichtigste Rolle zu spielen hätte. So wurde auch das sehr Wohlwollen,de und klatschberette Publikum bald müde, und der Beifall staute bedenklich ab. Was tut'S? Die vier Stunden werde« kortan auf drei verkürzt werden, der Bergner bletbi alle» sorglich aufgehoben, und die Sorge um den Sptelplan ist tn der Köntggrätzcr Strahe wieder einmal aus Wochen hlnau» ver scheucht. Gewiß: die Bergner Ist e» wert, daß man um ihretwillen ins Bühnenl-aiis geht. Auch Käthe Dorsch im Theater am Kiirsürstendamiii ist es wert und schließlich so.gar, wenn auch eine Luise tiefer, die OrSka in den Kammersvielen. Aber ! genügt das nun als Ent'chulbigung sür die drei Direktionen, , entweder verstaubte Stücke auö der Rumpelkammer zu holen. , wle „Gcrinqtnc" von Porto-Niche. oder die früheren alten Paraderollen der Dorsch ober endlich diese nur in Englait» oder Amerika mögliche Sentimentalität? WaS ist das für et» Zustand, wenn an drei hervorragenden Berliner Bühnen gleichzeitig nicht mehr Stücke gesucht werden, sondern nur noch se eine Paraderolle, während alles übrige den Herren Bühnenleitern irrcimentum tst? Der Niedergang verltn» als Theatcrstadt — man rechne dazu die Erpertmente unserer StaatSbühn« — tst zurzeit wahrhaft erschreckend. Da empfindet man e» beinahe al» eine Wohltat, wenn «ln« klein« Bübne — die in der Kommandant nstraße — den Mut hat. den AuSlanbSkttsch zu üderkttschen und «tue Au», gebürt de» Amerikanismus tn ihrer höchsten Blüte zu geben da» ScnsattonSstück: »Die letzte Warnung." Auf ber ersten Seit« de» Programmheftes liest man: „Zur Orientierung de» Publikums sei ausdrücklich bemerkt, daß alle Geschehnisse auf der Bühne, welcher Art auch immer, zur Handlung gehören, nnd da» Publikum wird daher gebeten, alle dies« Geschehnisse ohne Beunruhigung auf stch «iuwtrken zu lasten." Viel versprechend. nicht wahr? In drei Stunden da» Grnseln zu lehren, scheint wirklich die Aufgabe zu sein di« stch ber Ameri kaner Fa klon mit bteier „unheimlichen Affäre tn lünf Bildern" gestellt hat. In einem verfallenen Neunvrker Theater geht ein während de» Spiel» ermordeter Schi«, spteler um. Nach fünf Jahren wagt e» «tn neuer Direktor, da« gleiche Stück tn der fast gleichen Besetzung wieder- aufzusübren. Der Direktor lft tm Nebenamt Detektiv. Auf den Proben spukt ». Der neue Darsteller jener Rolle stirbt auf »nrrklärltche Weis«, besten Nachfolger belnabe auch^ Dazu Lbeatrrbrand Blitz. Pistolenknall. Vlausäuredämvs«. glktlge Spinnen, betäubend« Taschentücher — und ander« Betäubung-- Mittel. In Reuyork soll da« Stück unerhörten Erfolg gehibt haben. Vir glauben ». Hier war die Freud« am vluss vet guter Durchschnittsdarstellung, wenigsten» groß genug, dem Stück einige Dauer zu vcr prechen. Der Mut stch ossen zu solchem Schund zn bekennen, tst immer noch erfrischender, al» bemäntelt« Verkitsch»«« de» Geschmack». Karl Strecker,