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150, 1. Juli 1912. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. S. M)chn. Buchhandel 7961 Oheim, der bekannte Berliner Buchhändler Wilhelm Hertz, ein gutes Geleitwort auf den Weg zur Selbständigkeit mitgab-I Nach lOjährigem Betrieb verkaufte Hertz (14. Mai 1892) das Geschäft an die Herren Hermann Ballhorn und Fritz Cramer, die es unter der alten Firma mit Hinzufügung ihrer Namen weiter führten, während sie für den von Hermann Ballhorn ein- gebrachten Verlag mit ihren eigenen Namen: Ballhorn L Cramer firmierten. Hermann Ballhorn schied 1899 aus dem Gesellschaftsverhältnis aus, und Fritz Cramer führte die Geschäfte (Sortiment und Verlag) weiter fort, bis ihn Gesundheits rücksichten zwangen, sie am 1. Februar 1901 an Richard Lorentz aus Altenburg zu verkaufen. Von diesem erwarb der gegenwärtige Besitzer Herr Willy Sackheim am 6. Juli 1906 die Geschäfte. Ihm stand bei Übernahme der heutigen Jubiläumsfirmen schon die Erfahrung einer fast zehnjährigen selbständigen Tätigkeit als Mitbesitzer der I. Schimmelburgschen Buchhandlung in Halberstadt zur Seite. Gestützt auf die hier durch erworbenen, Kenntnisse hat er die übernommenen Geschäfte mit Fleiß und Umsicht weiter gedeihlich gepflegt und wird mit Befriedigung den Jubeltag seiner Firmen feiern. Die dritte der obengenannten Würzburger Jubelfirmen, die Staudinger'sche Buchhandlung, wurde von Julius Stau dinger ebenfalls am 1. Juli 1862 gegründet. Unterm 14. Juli dieses Jahres wurde ihm vom k. Staatsministerium des Handels »im Namen des Königs die persönliche Konzession zum Verlags und Sortiments - Buch - Handel in der Stadt Würzburg« erteilt, der am 3. Oktober desselben Jahres eine solche »zum Kunst- und Antiquariatsbuchhandel« folgte. Der rührige Buchhändler breitete seine Tätigkeit bald auch auf Nachbarorte aus, indem er in Lohr a/Main und Aschaffenburg Filialhandlungen errichtete, die später in anderen Besitz übergingen. Sein Würzburger Sortiment übergab er 1896 seinem Sohne Friedrich Staudinger. Nach dem am 27. Juli 1903 erfolgten Tode des Gründers der Firma über nahm seine Witwe Frau Emilie Staudinger den Verlag, das Antiquariat und die Lesebibliothek, welch' letztere ihr verstorbener Gatte bereits 1861 erworben hatte (früher Halm'sche Lesebibliothek). Nach Abstoßung des pädagogischen, theologischen und juristischen Verlags ist jetzt nur noch der Kartenverlag im Besitze der Frau Staudinger geblieben, denn im Jahre 1906 ging auch die Lese- bibliothek und das Antiquariat an Friedrich Staudinger über. Dieser hatte im Jahre 1896, wie schon erwähnt, die Sortimentsbuchhandlung des Staudingerschen Geschäfts von seinem Vater übernommen, nachdem er sich in fast zwölf jähriger Tätigkeit bei Bindewald in Greifswald, Koch in Königs berg und Neubner in Köln das Rüstzeug zur selbständigen Füh rung eines Geschäfts geschaffen hatte. Am 1. Oktober 1902 verkaufte er sein Sortimentsgeschüft an Herrn Franz Jos. Müller aus Bensheim, den heutigen Inhaber, der das Geschäft unter der alten Firma I. Staudinger'sche Sortimentsbuchhand lung führt. Es ist ihm gelungen, den Ruf der alten Firma nicht nur zu erhalten, sondern er hat auch verstanden, ihn zu mehren, und er kann am Jubiläumstage seines alten Geschäfts mit Stolz auch auf das Ergebnis seiner Arbeit blicken. Das Geschäft von Friedrich Bertram's Hofbuch handlung in Sondershausen gehört in die Reihe der heutigen Jubiläumsfirmen nur mit seiner Musikalien-Abteilung. Die anderen Abteilungen sind viel älter, sie gehen zum Teil bis zum Jahre 1841 zurück, in dem Gustav Bertram ein Antiquariat be- gründete, das er 1867 mit dem Buchhandel in Verbindung brachte und am 1. Juni 1866 seinem Sohne Friedrich käuflich überließ. Dieser verband das Geschäft mit seiner am 1. Juli 1862 gegrün deten Musikalienhandlung und gliederte gleichzeitig eine Sorti mentshandlung an. Er starb nach langjähriger ersprießlicher Tätigkeit am 10. Dezember 1879, worauf seine Witwe Inhaberin wurde. Ihr wurde von ihrem Kommissionär, Eduard Schmidt in Leipzig, Herr Julius Erler zur Unterstützung bei der Geschäftsleitung zugewiesen. Dieser wurde nach Verehelichung mit der Witwe Bertram Mit- Inhaber und seit 4. April 1900 alleiniger Besitzer, als welcher er von seinem Fürsten mit dem Prädikat eines Hofbuchhändlers aus gezeichnet wurde. Er starb am 1. November vorigen Jahres. Seine Tochter Fräulein Elli Erler war dann Besitzerin bis heute. Wie aus dem Anzeigenteil der heutigen Nummer hervor geht (S. 7963), hat sie das Geschäft zum 1. Juli an Herrn Karl Müller verkauft. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. Auf ein fünfundzwanzigjähriges Bestehen kann am 1. Juli die Firma Hans Hacka'rath's Buchhandlung Nachf. (Alex. Kaufmann) in Dresden zurückblicken. Die Firma wurde am 1. Juli 1887 von Hans Hackarath gegründet, der damals schon auf eine 16jährige Tätigkeit im Buchhandel zurückblicken konnte, die ihn von Dresden nach Kiel, Kassel, Zwickau und wieder nach Dresden geführt hatte. Am 1. Mai 1900 verkaufte Hackarath das Sortiment an seinen Prokuristen Herrn Alexander Kaufmann, der es noch heute unter oben angegebener Firma mit gutem Erfolg führt. Mit seinem 1888 gegründeten kleinen Verlage siedelte Hackarath nach Oschatz über, wo er am 4. Juli 1900 die 1846 gegründete alte Oldecop'sche Sortimentsbuchhandlung von Bruno Krasemann erwarb. Er führte sie unter der Firma B. Krasemann Nachf. (Hans Hackarath) bis zum Mai d. I. und verkaufte sie dann an Paul Seifert. Mit seinem Verlage verzog er nach Kleinzschaschwitz bei Dresden. Der rührige Begründer der Firma Hackarath begeht also gleichzeitig das fünfundzwanzigjährige Jubiläum seiner Selbständigkeit. Allen Inhabern der vorstehenden Firmen sprechen wir zum Jubiläum ihrer Häuser die herzlichsten Glückwünsche aus. Beschlagnahme. — Der im Sprechsaal der Nr. 141 des Börsenblattes erwähnte »Semi-Gotha« ist, wie die »Weima- rische Zeitung« von der Verlagsbuchhandlung erfährt, auf Ver anlassung der Staatsanwaltschaft in Weimar beschlagnahmt worden. Von über 6000 fertigen Exemplaren sind aber nur etwa 100 beschlagnahmt worden; die übrigen waren bereits verkauft. Der»Semi-Gotha«soll nach Blättermeldungen ein von antisemitischer Seite herausgegebenes Taschenbuch des europäischen Adels sein, das im Gegensatz zum Gothaer Genealogischen Taschenbuch sich durch Oberflächlichkeit und erweislich falsche Angaben auszeichne. Er habe zahlreichen adeligen Häusern eine jüdische Abstammung angedichtet und sie mit allerlei Liebenswürdigkeiten bedacht; auch von sieben Fürsten jüdischer Abstammung wisse der »Semi-Gotha« zu erzählen. Verhaftung. — Der Buchbinderobermeister Alfred Göhre in Leipzig, dessen Verschwinden wir in Nr. 135 (auch Nr. 149, S. 7907) meldeten und über dessen Vermögen der Konkurs er öffnet worden ist (Bbl. Nr. 137), wurde in Leipzig in seiner Wohnung verhaftet. Er war von Kopenhagen, wohin er ge flüchtet war, zurückgekehrt, um sich selbst den Behörden zu stellen. Was kostet eine moderne Lehrer-Bibliothek? — In der vorliegenden Nummer dieses Blattes haben wir des pädagogischen Handkatalogs gedacht, der auf mehr als 160 Seiten eine Aus wahl pädagogischer Werke zusammenstellt für den Studiertisch sowohl wie für die Arbeit vor der Klasse. Was kostet nun eine moderne Lehrerbibliothek? In einem Sonderheft des 64. Jahr gangs des »Pädagogischen Jahresberichts« gibt ihr Herausgeber, der Leipziger Lehrer Paul Schleger, auf diese Frage auf Grund der Gutachten von 26 bekannten Pädagogen Antwort. Addiert man die Preise sämtlicher von diesen Mitarbeitern aufgeführten Werke, so ergibt sich für diese Auswahl der brauchbarsten und be deutendsten Bücher und Zeitschriften die stattliche Summe von 6102 Zieht man die Werke ab. die nicht der reinen Unter richtspraxis, sondern mehr der wissenschaftlichen Fortbildung oder Spezialgebieten dienen, so bleiben für den Grundstock der Lehrerbücherei noch 3303 M. In dieser beansprucht dann den ersten Platz die Geographie mit 786 es folgen Geschichte mit 519, Religion mit 249 bis herab zum Schreibunterricht, dessen wesentliche Literatur man schon für 8,26 ^ erstehen kann. Wem 3000^ für eine Lehrerprivatbibliothek eine zu hohe Summe bedeuten, kann sich mit einer Auswahl begnügen. Diejenigen Werke, deren Anschaffung dann in erster Linie zu empfehlen ist, werden mit 945 ^ veranschlagt. Auch hier ist jedem Werke eine knappe Würdigung beigegeben, so daß der einzelne Lehrer je nach Neigung, Geschmack und Bedürfnis sich seine Bibliothek selbst ausbauen kann. Das bei Friedrich Brandstetter in Leipzig erschienene Heftchen kostet 1 Stuttgarter Buchhändler-Verein. — Die heurige Haupt versammlung des Stuttgarter Buchhändler-Vereins findet Freitag, den 6. Juli im Eberhardsbau abends 8 Uhr statt. 1038