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7958 Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. Jk 150, 1. Juli ISlr. müsse, um nun energisch diese brachliegenden Gebiete dem deutschen Buche zu erobern. Das las sich sehr hübsch. Und darüber meine Meinung zu äußern fand ich nicht für nötig. Anders ging es mir je doch mit dem vorerwähnten Aufsatz des Herrn Professor Lessing. Aus dessen Ausführungen lernt der Leser plötzlich, daß alle die namhaften Exporteure in Leipzig und Berlin, die allwöchentlich große Sendungen deutscher Literatur nach den Vereinigten Staaten befördern, und alle die hiesigen Importeure, die ebenfalls das Produkt deutschen Geistes in großen Mengen an hiesige Bibliotheken und an Private liefern, — daß alle diese nicht ausreichen, um den Bedarf an deutschen Büchern zu decken. Oder wenn sie ausreichen, liefern sie doch die Bücher zu derartig unvorteilhaften Be dingungen, daß die »armen« hiesigen Bibliotheken einfach gezwungen sind, viel weniger zu kaufen, als sie Wohl möchten, und nun mit Sehnsucht auf die »Zentralstelle« warten, um endlich deutsche Bücher nicht nur schneller, sondern auch preiswerter beziehen zu können Während nun diese Ausführungen bis dahin nur ein fro hes (manchmal etwas erstauntes) Lächeln bei mir hervorriefen, war es dann jedoch beinahe schmerzlich, endlich die Quint essenz der Professor Lessingschen Weisheit in folgenden Sätzen zu finden: »nur bei Ausschaltung der Importfirmen« . . . »so könnte der Profit des Sortimenters zwischen uns und dem Verleger geteilt werden« .... Also weg mit dem Importeur! Und folgerichtig dann auch weg mit dem deutschen Exporteur! Der Mittelsmann, der ja entweder die Bücher überhaupt nicht besorgt oder, wenn er's tut, dann doch nur um an der Besorgung einen enormen Prosit zu machen — weg mit ihm! Und am Busen des edlen deutschen Verlegers hängt fröhlich der gerettete ameri kanische Bibliothekar, und teilt mit jenem zugunsten seiner Bibliothek den Profit! Auf was beläuft sich denn nur dieser sagenhafte Prosit? (Zur Vereinfachung des Beispiels gestatte man mir den Unter schied zwischen Ordinär- und Nettopreis kurzweg als reinen Verdienst anzusehen.) Herrn Professor O. E. Lessings Wunsch zufolge kommen da Marlitt und Sudermann und derartige Literaturerzeugnisse nicht in Betracht (»möge sie« sdie Be- triebsstellej »uns mit Sudermännern, Marlitten und Eroticis verschonen«) und damit Wohl ein guter, vielleicht sogar der größte Teil der sogenannten (meist gut rabatticrten) Unter- haltuugsliteratur des großen Publikums. Somit kommen in erster Linie Wohl nur noch die wissenschaftlichen Biblio theken in Frage, denn die öffentlichen Volksbibliotheken be ziehen trotz Professor Lessing noch immer Marlitt und Suder- mann und werden diese auch weiter beziehen, wenn sie über haupt noch deutsche Leser haben wollen. Ich darf wohl annchmen, daß der Durchschnittsrabatt für die in Betracht kommende Literatur 30 Prozent vom Ordinärpreis beträgt. Von diesen 30 Prozent »Profit« gibt Herr Professor O. E. Lessing die Hälfte dem Verleger, die anderen 15 Prozent den Bibliotheken. Welch ein Jubel der rabatthungrigen Bibliothekare! — Welch ein Freudenfest der guten deutschen Verleger! Aber — und da liegt der Hase im Pfeffer — hiesige Bibliotheken (manchmal vielleicht auch Pri vate) bekommen seit Jahren einen Rabatt, der in vielen Fällen mindestens 15 und sogar auch 20 Prozent vom deutschen Ordinärpreis beträgt. Dies ist ein Faktum, das Eingeweihten längst bekannt ist, und auch Herr Professor Lessing hätte dies leicht genug erfahren können, wenn er z. B. die aus Deutschland direkt importierenden Bibliothekare gefragt hätte: Was für einen Rabatt gibt Ihnen Wohl Ihr deutscher (Leipziger oder Berliner) Exporteur? Die Briefe der Bibliothekare wären durch ihre Beant wortung dieser Frage jedenfalls nicht nur für den Herrn Professor O. E. Lessing interessanter geworden. Die üblichen 15 Prozent Rabatt haben für amerikanische Bibliotheken kaum etwas sehr Verlockendes, und die Zentral stelle müßte 20 Prozent oder — wenn man auch die schärfste Leipziger Konkurrenz aus dem Felde schlagen will — sogar mehr, sagen wir 25 Prozent gewähren, wenn die von Herrn Professor O. E. Lessing gewünschte Verbilligung deutscher Bücher für hiesige Bibliotheken überhaupt nur nennenswert sein soll. Also 20 oder 25 Prozent der Bibliothek und 10 resp. 5 Prozent dem Verleger! Und aus diesen 5 Prozent sollen doch Wohl die Verleger die Kosten der amerikanischen Niederlage — das klingt ominös, sagen wir also lieber: die Kosten der »Zentralstelle« bestreiten? Wie hoch diese Küsten sind, das könnte man vielleicht von den jenigen Firmen (in Deutschland und Holland) aus erster Hand erfahren, die von Zeit zu Zeit in den Vereinigten Staaten Filialen eröffnet und meistens schleunigst wieder geschlossen haben *). Doch genug jetzt von Herrn Professor O. E. Lessings Artikel! Vielleicht gelang es mir, zu zeigen, daß Herrn Professor O. E. Lessings Auslassungen (wenigstens soweit sie hiesige Bibliotheken betreffen) auf völliger Unkenntnis der Sachlage beruhen. Und was nun das deutschlesende Publikum und den Deutsch-Amerikaner anbelangt, da haben (nach Professor Lessing) »von 15—18 Millionen Deutschen gewiß kaum 1 Prozent Interesse für deutsches Schrifttum«. Es wäre interessant, auch hierüber einmal die Meinung eines hiesigen deutschen Sortimenters zu hören, und ich würde mich freuen, wenn meine Zeilen dazu einem Berufenen die Anregung geben würden. New York, 2. Mai 1912. ^.. U. Übersetzungen aus dem Deutschen in die slawischen, die magyarische und andere osteuropäische Sprachen. (Mitgeteilt von T. Pech.) IS12, II.**) (Fortsetzung zu Nr. 149 d. Bl.) Lbsrs, sine L^pti8cli6 Xönigstoedtsr. (Ltuttgart, vsutseds VsrlagSLnstalt) dur^." 312 8. mit ^dbiläßv. 1000 klx. kÜ8eüsivt danä^eige. (1. 66. XIV, 344 8. X 3.—.) kya. 6LÜULSL. 8". Uc>8kg.u, 8. kV k-SEoobiv. 68 8. 110 Lx. 6 2.—. (^i6v, kV vsutielcs.) 16M Lx.^°75 o o n » 28 8. mit ^bdild^n. 6000 Lx. 16 Xop. 6. u 6. 8°. NoskLu. 24 8."mit ^bdild^n. 5000 Lx. 16 Xop. LxsrrnsrreAleinsllt kür die 1c. u 1c. k'usstruppon. (^Visn, 8ok- unä LtaLtsäruelcerei) *) Siehe hierzu auch die Ausführungen des Herrn Karl W. Hiersemann in den Nrn. 101 u. 104. Red. **) 1912, I siehe Börsenblatt 1912, Nr. 116—118.