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7S58 Mrsmilall s, d, Dtlchn, vuM-nd-I. Nichtamtlicher Teil. pjk 150. 1. Juli 1S12, men in der ersten Generation rund acht Millionen ausmachten. Berücksichtigt man. daß die deutsche Auswanderung nach Ame rika seit dieser Zeit aus ein Minimum gesunken ist, daß die erste dort geborene Generation dem Deutschtum nicht nur politisch, sondern auch kulturell total entfremdet ist, daß end lich das literarische Bedürfnis der in Betracht kommenden Il/p—2 Millionen Deutscher durch die umfangreichen Sonn tagsblätter der deutsch-amerikanischen Zeitungen vollauf be friedigt wird, so mutz man sich überhaupt Wundern, daß die Ausfuhr ihre gegenwärtige Höhe erreicht hat. Tatsächlich ist auch der Absatz von Belletristik an Deutsch-Amerikaner nicht der Rede wert. Wie die Kontinuationen populärer Zeit schriften auf den zehnten Teil ihrer ehemaligen Höhe herunter gesunken sind, hat ja der Veteran des deutsch-amerikanischen Buchhandels, Herr E, Steiger in New Jork, vor Jahren schon in diesen Blättern erzählt. Die »Deutsche Library«, die der amerikanische Nachdruckverlcger George Munro heraus- gab, brachte für zehn und zwanzig Cents Romane von Dahn, Ebers, Spielhagen, Freytag, Heyse, Werner, Marlitt u, a. Sie hatte ehemals eine ungeheure Verbreitung, konnte sich aber gegen die Konkurrenz der deutsch-amerikanischen Sonntags- blättcr nicht länger halten und ging nach Veröffentlichung mehrerer Hundert der besten deutschen Romane ein, Deutsche Ärzte, Techniker und Professoren sind die Abnehmer der wissen schaftlichen Literatur, alles andere fließt fast ausnahmslos in die liniversitäts- und öffentlichen Bibliotheken, Diese be ziehen ihren Bedarf zum Teil durch die vier oder fünf größe ren New Docker Jmporthäuser und zum Teil durch deutsche Exportfirmen, und zwar zu Preisen, die jedes neue Unter nehmen von vornherein als nicht konkurrenzfähig ausschalten. Da die Verordnungen über Einhaltung des Ladenpreises für das Ausland keine Gültigkeit besitzen, haben sich die Buchhand lungen hüben und drüben durch Preisunterbietungen derart bekämpft und die Kunden einander abgejagt, daß viele Biblio theken heute auf den Ladenpreis einen Rabatt von 25°/» er halten, Wieviel Verdienst bei den hohen Spesen, mit denen namentlich die New Dorker Häuser belastet sind, hierbei übrig bleibt, liegt auf der Hand, In vielen Fällen liegt er — wie beim Barsortiment — im Particbezug und in den Ein bänden. Alle für den Absatz in Betracht kommenden Stellen werden nun heute schon mit Katalogen der Neuerscheinungen, Prospekten, Antiquariatskatalogen (die sehr fleißig benutzt werden) und Literatur-Zeitschriften derart überschwemmt, daß das Angebot viel größer ist, als der Etat zur Anschaffung er laubt, so daß eine weitere Propaganda seitens der Zentral stelle nutzlos wäre. Wenn eine einzige deutsche Buchhandlung schon heute Bücher und Zeitschriften eines einzelnen deutschen Verlegers im Netto-Werte von jährlich vierzigtausend Mark in Amerika abseyt, so ist dies Wohl der beste Beweis, daß die Methode des bisherigen Vertriebes durch eine - in den ersten Jahren wenigstens — experimentierende Zentralstelle nicht ver bessert werden kann. Die Schaffung und der Vertrieb deutsch-amerikanischer Ausgaben kämen für pädagogische Zwecke in Betracht, aber gerade dieses Feld wird schon heute in ausgiebigster Weise von den amerikanischen Schulbücher-Verlegern bestellt, Goethe, Schiller, Kleist, Grillparzer, Hebbel, Scheffel, Frehtag, Storm, Gerstäcker, Hauptmann, Liliencron, Sudermann, sogar Meyer- Förster, um nur ein paar herauszugreifen, sind schon längst in amerikanischen Ausgaben mit englischen Fußnoten und Wörterbüchern für den Gebrauch im College erschienen. Die Zentralstelle könnte ja nun — vielleicht in einheitlicher Serien form — noch ein paar derartige Ausgaben hinzuberlegen. Aber abgesehen davon, daß die Herstellungskosten sich um den Ein fuhrzoll verteuern würden, entstünde die Schwierigkeit, die heute infolge Persönlicher Beziehungen der Herausgeber und Bearbeiter in den Schulen und Universitäten allgemein ein- geführten Ausgaben zu verdrängen. Daß deutschen Bildern und Erzeugnissen der graphischen Industrie noch ein weites Absatzgebiet offen steht, soll nicht bestritten werden. Solange aber der Amerikaner gegen die deutsche bildende Kunst sein (natürlich unberechtigtes) Vor urteil nicht ablegt, dürfte auch hier die Zentralstelle versagen, II. Verkauf von Übersetzungsrechten au ameri kanische Verleger, Hier fehlt zunächst jede ins Gewicht fallende Nachfrage, Wenigstens in bezug auf Belletristik, Lehnt der Amerikaner schon im allgemeinen einen Roman ab, der in London als Schlager gilt, um wieviel mehr besteht die Schwierigkeit, ihn für eine Übersetzung aus dem Deutschen zu erwärmen! Die verkauften Exemplare der amerikanischen Ausgabe von Frenssens Jörn Uhl sollen nicht die Herstellungskosten gedeckt haben. Aber auch leichtere Lektüre, wie das den fiktiven japanisch-amerikanischen Krieg behandelnde Parabellum-Werk, fiel unter den Tisch, Von einiger praktischer Bedeutung wären demnach höchstens die Übersetzungsrechte wissenschaft licher Werke, Die Frage, ob der jetzt bestehende direkte Ver kauf vorteilhafter durch die Vermittelung der Zentralstelle ge schehen könnte, soll offen bleiben, III, Verkauf von Roman- und Feuilleton mat e r i a-t an deutsch-amerikanische Zei tungen, Es erscheinen in den Vereinigten Staaten etwa 300 Zei tungen und Zeitschriften in deutscher Sprache, Ihr Roman- und Feuilleton-Material entnehmen sie deutschen Büchern und Zeitschriften, Ein paar — vielleicht vier oder fünf — große Zeitungen, wie die New Dorker Staats-Zeitung u, a,, zahlen freiwillig Honorare, die übrigen »stehlen«. Das ist ihnen nun durch das seit 1, Juli 1909 in Kraft getretene Urheber rechtsgesetz zwar erschwert, aber keineswegs unterbunden worden. Was heute an Belletristik durch Copyright vor Nach druck geschützt ist, wird eben von den kleinen Zeitungen, die ja noch jahrzehntelang auf das ungeschützte Material zurück greifen können, gemieden, und die paar großen Blätter zahlen auch heute gezwungen nicht mehr, als früher freiwillig. Die vom deutschen Verlagsbuchhandel mit so großem Jubel be grüßte Beseitigung der manukucturinZ clauss hat ihm — in bezug auf Belletristik - nicht den winzigsten Nutzen ge bracht, denn der Nachdruck in Buchform hatte schon längst auf gehört, In den letzten Jahren kamen mir nur zwei unrecht mäßige Bücheruachdruckc zu Gesicht: Bilses Aus einer kleinen Garnison und Schlichts Erstklassige Menschen, Die hierbei in erster Linie »Geschädigten« waren die Nachdrucker, die sich von den Werken einen Sensationserfolg versprachen, der aber gänzlich ausblieb, ^ Die deutsche Presse hat bei dem unaufhaltsamen Nieder gang des Deutschtums in den Vereinigten Staaten bereits so mit Existenzsorgen zu kämpfen, daß sie unmöglich in der Lage ist, auch noch Honorare zu zahlen. Wer ihr aus diesem Grunde die Existenzberechtigung abspricht, vergißt die von ihr ge leistete Kulturarbeit in Anrechnung zu setzen, und vergißt auch, daß in vielen wcltentlegenen Gegenden die deutsche Zeitung das einzige Bollwerk gegen die angelsächsische Flut bedeutet. In Deutschland herrschte die unausrottbare Vor stellung, daß Onkel Sam den Rechtsschutz an Büchern nur deshalb verweigerte oder erschwerte, um ungestraft Nachdrucken zu können. Diese Auffassung war eine durchaus irrige. Da der Büchernachdruck keine Rolle mehr spielte, und von der mauutacturinß elauso nur die deutsch-amerikanischen Zei tungen den Vorteil hatten, würde die amerikanische Regierung doch nur im eigenen Interesse gehandelt haben, wenn sie den deutschen Blättern, die den Amerikanisierungsprozeß eines