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2869 gescheitert sein und die Emission einer inneren Anleihe in Aussicht genommen werden. England scheine gegen den auswärtigen Credit Rußlands im Geheimen einen Kampf ausgenommen zu haben, welcher nicht ohne Erfolg bleibt. Namentlich ist die Situation der Reichs bank nicht günstig. Der „Golos" machte schon vor acht Tagen auf die äußerst bedrängte Lage des russischen Geldmarktes aufmerksam und wies aus die letzten höchst ungünstigen Bilanzen der Reichsbank hin und aus den Mangel an baarem Gelbe, an welchem sie leidet. Afrika. Von der Goldküste melden neuere Nachrichten, daß der Befehls' Haber deS britischen Geschwaders, Sir William Hewett, in Folge von Vorstellungen der französischen Regierung Befehl erhalten habe, die Feindseligkeiten gegen Da Homey nicht eher zu beginnen, bis er weitere Instructionen erhalten. Mittlerweile prahlt König G<Me damit, daß die Engländer ihn fürchten. Täglich opfert er nahezu lOOSclaven, die vor ihrem Ende beauftragt werden, der dahingeschiedenen Königin-Mutter zu erzählen, wie die Engländer von ihrem treuen Sohne „besiegt" worden seien. Ueber das Schicksal der Gefangenen des Königs ist nichts bekannt. Vom türkischen Kriegsschauplätze. Paratschin, 18. Octbr. (D. Z.) Um zwei Uhr Nachmittags drangen die Türken hinter Kopita nach Brestowackabanj vor. Hier kam es zwischen fünf Türkentabors und zwei Serbenbataillons unter Commando des Grafen Keller zu einem Handgemenge. In diesem Momente kam Ostojttsch mit drei Bataillonen hinzu und ver trieb die Türken. Die Serben hatten 124Todte. — BeiSaitschar ist der Kampf noch nicht beendet. — Der Wojwode Wrbicza reiste über Kruschevatz nach Jankova-Klisura. Semltn, 19.October. (Telegramm der N.Fr.Pr.) In Belgrad coursirt das Gerücht, demzufolge die Türken von Saitschar gegen Paratschin vordringen sollen. — Von der serbischen Armee wird gemeldet, die Corps der Generale Tschernajeff und Horvatovich, sowie die Jbar-Armee kämpfen auch heute. Das Resultat dieser Kämpfe ist noch unbekannt. Die serbische Timok-Armee wurde gestern durch Osman Pascha von Saitschar bis Kopita zurückgeworfen. Belgrad, 17. October. Der „Polit. Corr/' zufolge wird eventuell die Skupschtina zu einer kurzen Session zusammenberufen und ihr über die Beschaffung von finanziellen Mitteln für den Winterfeldzug eine Vorlage gemacht werden. — Der General Nowoseloff urgirte vom Kriegsminister die Zusendung von Zelten und Winterkleidern, an denen es noch mangelt. Heute rücken zwei Bataillone russischer Freiwilligen nach dem Jbar ab. Man wird von nun an alle rus sischen Verstärkungen nach dem Jbar dirigiren, weil die Ab sicht besteht, ein Reservecorps von 6000 Mann ausgedienter russischer Soldaten, an denen jetzt kein Mangel ist, zu formiren und dem General Nowoseloff zu unterstellen. Das Obercommando über die Drtna-Armee soll in Hinkunft gleichfalls Tschernajeff übernehmen. Es werden blos zwei selbstständig operirende Armeen bleiben: dieMorawa- und die Jbar-Armse. General Nowoseloff hat bereits das Recht des Avancements bis zum Obersten erhalten — ein Recht, das bis jetzt nur Tschernajeff besaß. vT Belgrad, 20. October. (Tel.) Die Türken überfielen gestern mit großer Macht Veliko Schlegovatz bei Kruschevatz, wurden aber von Horvatovich zurückgeschlagen. Nowoselow griff die Türken am Javor an, nahm eine große Anzahl von Verschanzungen derselben und besetzte den Berg Wassilino. Sächsische evangelisch-lutherische Landes-Synode. —K—. Dresden, 20. Octbr. Die Synode beendigte heute die Berathung des Berichts über die Verordnung des Landesconsistoriums vom 30. November 1875. Eine Debatte entspann sich sofort bei § 15, welcher von der kirchlichen Trauung und der Zuständigkeit des Geist lichen handelt. Es lag hierzu ein Antrag des Synodalen vr. Luthardt vor, an die Spitze des Paragraphen zu setzen: „Die Ktrchenglteder sind kirchlich verpflichtet, der bürgerlichen Eheschließung die kirchliche Trau ung folgen zu lassen, solcher Ehen aber, bet welchen die Trauung un statthaft sein würde, sich zu enthalten". Der Antragsteller hält es für geboten, wie bei dem Paragraphen über die Taufe, so auch bei dem über die Trauung, an der Spitze an die Verpflichtung zu erinnern, nach der Eheschließung vor dem Standesbeamten auch die kirchliche Trauung folgen zu lassen; gerade in unseren Tagen sei das heilsam. Zugleich müsse man den Kirchenmitgliedern die Mahnung vor Augen halten, solche Ehen nicht zu schließen, welche die Kirche nicht sanctioniren könne. — Synodale vr. Friedberg sprach gegen den Antrag als unnöthig und durch die Natur der Verordnung nicht erfordert. Die selbe sei zur Instruction der Geistlichen bestimmt, und für diese be dürfe es doch keiner Mahnung daran, daß auch die kirchliche Trauung Pflicht sei. Nachdem vr. Luthardt gestern seinen Antrag über Ver weigerung der Trauung durch den Geistlichen zurückgezogen, dürfe er wohl voraussetzen, daß der heutige, der mit jenem im engsten Zu sammenhänge stehe, fallen werde, und er unterlasse daher eine Wieder holung der Gründe dagegen. — Für den Antrag erklärten sich die synodalen Just und v. Erdmannsdorff, bekämpft wurde er von den Synodalen Seydel und vr. Eckstein. Auch die Vertreter des Kirchenregiments Geh. Rath Uhde und Kultusminister vr. v. Gerber riethen zur Ablehnung, weil der erste Theil überflüssig, der zweite be denklich sei, zu großen Zweifeln veranlassen, Unruhe in die Gemeinde mitglieder Wersen könnte, da, wie der Minister hervorhob, ja noch gar kein Gesetz existire, an das sich die Gemeindeglieder halten könnten. — Trotzdem gelangte der erste Theil des Antrags gegen 19, der zweite mit 36 gegen 31 Stimmen zur Annahme. — Lebhaft und ein gehend war dann die Discusflon zu tz"17 der Verordnung über den Trauungsact, und zwar im Besonderen über die beiden Trauformulare, welche der Verordnung beigefügt sind. In dem ersten derselben findet sich folgender Satz: „Auf das Gelübde nun, welches Ihr beiderseits abgelegt habt, lege ich Eure Hände in einander und spreche Euch nun auch an dieser Stelle zu sammen als verordneter Diener der Kirche, im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen" D^.s zweite Formular enthält die im Druck hervorgehobenen Worte ebenfalls. — Es beantragte nun Synodale vr. Friedberg, in dem ersten Formulare die Worte: „Auf das Gelübde nun — heiligen Geistes, Amen", zu streichen, und statt der Worte: „im Namen des Gottes, in welchem ihr ihn geschlossen habt", zu setzen: „im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen." — Synodale Leonhardi will an die Stelle des oben wtedergegebenen Passus setzen: „Auf das Gelübde nun, welches Ihr hier vor Gott abgelegt habt, lege ich als ein verordneter Diener der Kirche Eure Hände in einander und spreche Euch als christliche Eheleute zu sammen im Namen rc." — Synodale vr. Fricke wieder beantragt, die Worte: „auch an dieser Stelle", zu streichen und zu sagen: „und spreche Euch als ein verordneter Diener der Kirche auch am Altäre Eures Erlösers zusammen im Namen, Gottes rc." — Die" Mehr heit des Ausschusses beantragt, einfach die Worte: „auch an dieser Stelle", zu stretchen, die Ausschuß-Minderheit Beibehaltung und endlich eine andere Minderheit Anacker-Immisch: „Den Kirchen vorständen ist es zu überlassen, localstatutarisch zu bestimmen, bei Trauungen, die unmittelbar nach der Eheschließung erfolgen, die An rede: „ehrbarer Junggesell" und „ehrbare Jungfrau" zu gebrauchen." Nach Vortrag dieser Anträge ergriff Kultusminister vr. v.: Gerber das Wort zur Erläuterung der Entstehung der vorliegenden Trau formulare. Da die nach dem Reichsgesetz geschlossene Ehe eine recht lich begründete, nicht etwa blos eine bürgerliche sei, habe sich auch die Bedeutung der kirchlichen Trauung geändert, es müsse daher auch das Trauformular eine dem entsprechende Aenderung erfahren. Das Konsistorium habe nun mit Rücksicht auf seinen historischen Hinter grund vor Allem das Wort „zusammensprechen" beibehalten wollen, ein Wunsch, der an sich nur Anerkennung verdiene. Allein in dem Worte „zusammensprechen" liege der Sinn der rechtlichen Begründung der Ehe, die doch schon durch den Civilact erfolgt sei. Ferner haben in dem ursprünglichen Entwurf des ConsistoriumS ebenfalls die Ein gangsworte gestanden: „Weil Ihr den Bund der Ehe mit einander geschlossen habt" rc. Nun könne man doch nicht einen schon geschloffenen Bund nochmals zusammensprechen. Es mußte, daher ein Zusatz gemacht werden, der diesen Widerspruch hebt, und dieser sei enthalten in dem von den Ministern in LvnnZelieis gemachten Zu satze der Worte: „nun auch an dieser Stelle". Er gesteht zu, daß diese Worte grammatisch und liturgisch in dem Zusammenhänge, in dem sie ständen, anfechtbar seien, allein ohne diesen Zusatz sei die Formel nicht durchführbar. Aus ähnlichen Gründen will denn auch vr. Friedberg das Zusammensprechen durch seinen An trag ganz aus der Formel bringen und nur den Segen sprechen